Donnerstag, 30. Juni 2011

Juni 2011 - Giarmata in den Medien

Ziua de Vest, Timişoara/Temeswar, 5. Juni 2011
Iosif L. aus Giarmata/Jahrmarkt wurde von der Polizei in Făget mit 2000 Lei bestraft, weil er nicht mit legalen Papieren nachweisen konnte, woher er die 16 m³ Holz auf seinem Auto hatte. Das Holz ist er auch los.
+ + + Sollte er es vielleicht gestohlen haben? + + +

07. Juni 2011
 Immer wieder liest man in rumänischen Regionalzeitungen, dass da und dort der Strom für gewisse Zeiten unterbrochen wird. Am 8. Juni war der Strom zwischen 12 und 15 Uhr auch in Giarmata weg. Enel heißt der Stromlieferant für das Banat. Er scheint eine Monopolstellung innezuhaben.
+ + + Diese Stromunterbrechungen erinnern die Älteren bestimmt an Ceauşescus „Lichtjahre“. + + +

29. Juni 2011
Die Regierung hat bisher blockierte Stellen in Rathäusern aus 15 Banater Ortschaften zur Neu- oder Wiederbesetzung freigegeben. Giarmata darf einen (1) Buchhalter oder Juristen, aber keinen Gemeindearbeiter, einstellen.
+ + + Bleibt nur noch die Frage offen, was die Regierung solche Sachen angeht. + + +


Erläuterung zum Label "Giarmata in den Medien"

Aktuell kommt laut Duden aus dem Französischen und bedeutet soviel wie gegenwartsnah oder zeitgemäß. Das heißt also, nicht nur den unmittelbaren Augenblick gilt es in einer aktuellen Nachricht festzuhalten, sondern vor allem das, was ihn überlebt, was uns den Begriff Gegenwart über den Moment des Geschehens hinaus begreifbar und miterlebbar macht. 

Ich merke immer wieder, dass Menschen, die einen Heimatwechsel - aus welchen Gründen auch immer - hinter sich haben, jede Nachricht aus ihrem gewesenen Wohnort, und sei sie noch so belanglos und vor allem noch so alt, als aktuell aufnehmen und ihren Inhalt mit irgendeiner Begebenheit aus ihrem dortigen Leben in Verbindung bringen.

Menschen tummeln sich zu Millionen auf Jahrmärkten, aber Menschen die einst in Jahrmarkt lebten, gibt es immer weniger. Für sie sollen hier von mir gehörte oder gelesene Nachrichten "weiterverzählt" werden. Natürlich kann ich nicht für ihre Wahrhaftigkeit garantieren. Die war ja bei einem Dorfklatsch auch nicht immer gewährleistet. 

Wer nun glaubt, mit Nachrichten aus Jahrmarkt bedient zu werden, der muss enttäuscht zur Kenntnis nehmen, dass es bei aller Relativität des Begriffes aktuell um "host schun gheert" aus Giarmata und nicht mehr aus Jahrmarkt geht. Letzteres hat in der Vergangenheit Ersterem den Weg in die Zukunft freigemacht, und die Gegenwart ermöglicht einer immer kleiner werdenden Schar Jahrmarktern, die Aktualität des Übergangs gelassen oder wehmutsvoll aus der Ferne zu beobachten.

Mit dem heute eröffneten Label Giarmata in den Medien will ich versuchen, aktuelle Ereignisse aus einem Monat zu bündeln und sie hier veröffentlichen.

Anton Potche


Donnerstag, 23. Juni 2011

Es macht doch noch Sinn

Gestern sah es noch nach einer wahrscheinlich ins Wasser fallenden Fronleichnamsprozession aus. Der über Oberbayern dahinbrausende Sturm dürfte auch so manchem schon fertig oder teilweise aufgestellten Fronleichnamsalter gehörig zugesetzt haben. Das seit Jahren gut eingespielte Organisationsteam in der Wohnanlage zwischen den Straßen „Albrecht Dürer“ und „Martin Hemm“, früher nannte man sie die St.-Gundekar-Siedlung, wartete ab und stellte seinen Altar in den frühen Morgenstunden des Fronleichnamstages (23. Juni 2011)  auf. Die Geduld und anschließende Mühe und Liebe zum Detail wurde belohnt. Der Herrgott hatte eine Einsicht und ließ die Sonne ihre Strahlen zwischen den Wolken auf den Ort des Geschehens werfen.

Fronleichnamsprozessionen sind heutzutage eher schlichte, dem kirchlichen Sinn des Festes untergeordnete Zeremonien. Natürlich sind Vereine mit ihren Fahnen zugegen, man sieht auch noch den einen und anderen Trachtenträger und auch manche Lokalpolitiker lassen sich die Gelegenheit des Erscheinens in der Öffentlichkeit nicht entgehen. Von dem pompösen Prunk vergangener Jahrhunderte ist man aber längst abgerückt.


Adam Müller-Guttenbrunn (1852 - 1923) beschreibt in seinem Roman Der große Schwabenzug eine Fronleichnamsprozession in Wien. Das Werk ist 1913 erschienen, was zur Annahme führt, dass der Autor so manche selbst erfahrene Eindrücke hier literarisch verarbeitet hat, wenn auch die Handlung des Romans vor einem historischen Hintergrund spielt, der bis ins ausklingende 17. Jahrhundert zurückreicht. Schließlich lebte der Schriftsteller, Journalist, Theaterdirektor und Nationalrat Adam Müller-Guttenbrunn ja seit 1970, mit kleinen Unterbrechungen, in Wien.

Im Kapitel Fronleichnam in Altwien heißt es, dass „zwei Gardereiter auf goldgezäumten Rappen“ den „prunkvollen Zug“ eröffneten. „Ein unabsehbares Heer von Kammerherren und Hofwürdenträgern in wallenden Perücken, von adeligen Pagen und hohen Gardeoffizieren folgte. Endlich kam der sechsspännige, herrliche Wagen, in dem der Kaiser ernst und feierlich saß. Der letzte Habsburger! [...] Dann kam die Kaiserin Elisabeth Christine. Auch ihr goldig schimmernder Wagen ward von sechs Schimmeln gezogen, und sie strahlte in blendender Schönheit. [...] Und jetzt erschien unter Voranritt eines lieblichen Korps von Edelknaben der vierspännige Wagen der Erzherzogin. [...] Plötzlich zeigte Maria Theresia mit einer raschen Handbewegung, die der spanischen Hofetikette sehr wenig entsprochen haben mag, nach der langgestreckten Bauerngruppe, die sich da mitten in dem Wiener Publikum befand. [...] Der Generalissimus Prinz Eugen schritt zu Fuß, umringt von Feldherren und Generalen, gefolgt von Offizieren aller Grade nach St. Stephan.“ Und so weiter und so fort über viele Seiten hin.

Mit der „langgestreckten Bauerngruppe“ sind deutsche Aussiedler gemeint, die auf dem Weg in das von „Generalissimus Prinz Eugen“ den Osmanen entrissene Banat waren. Sie müssen auf jeden Fall gut hingeschaut haben, denn sie haben noch Jahrhunderte später Fronleichnamsprozessionen in ihrer katholischen Diaspora im Südosten Europas abgehalten. Und obwohl die Kommunisten so mache auf dem Glaube basierende Tradition zu unterbinden wussten, blieb die Erinnerung daran erhalten.

Zeichen dafür finden wir heute wieder vereinzelt in bayerischen Landen und vielleicht auch in anderen katholisch geprägten Gegenden, wo ausgesiedelte Banater Schwaben in den letzten Jahrzehnten heimisch wurden. Frau Nachbar ließ es sich nicht nehmen, ihre Maria ins Fenster zu stellen, um so einen eigenen Beitrag zur Fronleichnamsprozession im Ingolstädter Stadtteil Ringsee zu leisten. Nein, diese Maria wäre nicht in Maria Radna, dem Wallfahrtsort der Banater Schwaben auf den Vorhügeln der Karpaten, erworben worden, sonder stamme aus Altötting, wo sie als gläubige Sanktannaerin natürlich schon war. Aber ihre Tochter, Frau Müller, die natürlich bei der Altarerrichtung mitwirkte, zeigte mir zwei kleinere Marias, die im Ausreisegepäck aus Rumänien verstaut waren, und vor paar Jahrzehnten in Maria Radne gekauft wurden.

Und so schließen sich die Kreise – der Geschichte, des Glaubens und des Lebens. Und es sind solche Ereignisse, kleine Nebenschauplätze kirchlichen Lebens, die Feiertage auch in unserer heutigen von Hecktick und entfesselter Gewinnsucht nach materiellen Gütern geprägten Zeit so sinnvoll erscheinen lassen.
Anton Potche

Fotos & Video: Anton Potche

Samstag, 18. Juni 2011

Jesus un Maria als Fluchthelfer

Johann Steiner & Doina Magheţi (Hg.): Die Gräber schweigen – Berichte von der blutigsten Grenze Europas; Verlag Gilde & Köster GbR; Troisdorf 2008; ISBN: 978-3-00-024991-4; 461 Seiten; Euro 22,--

Wie hot de Hartmann-Lehrer mol gschrieb? „Die Jahrmarkter sind sehr konservativ, manchmal zu engstirnig und zu große Lokalpatrioten.“ Recht hatt er ghat. Die Eigenschafte hun ich heit noch. Des hun ich eerscht kärzlich bei mer wedder festgstellt, wie ich des Buch Die Gräber schweigen – Berichte von der blutigsten Grenze Europas geles hun – mi’m Blei in der Hand. Mei arme Bicher. Hoffentlich tot des Drin-rum-Kricksle ne net weh.

Vum Titel her is des eigentlich e trauriches Buch, awwer wann merr’s noh ausgeles hot, bleibt doch so etwas wie Erleichterung zrick, weil die meiste Berichte gut ausgehn. Die Leit sin miet un matt, awwer glicklich in Deitschland onkumm. Adje Rumänien! Falsch. Weil, wann ich jetz schau, wievl vun de Rumäniendeitsche nochmol nunner fahre uf Bsuch, noh muss ich merr schun soon, richticher is: Adje Kommunismus!

Als Schiller vum Hartmann-Lehrer hun ich nateerlich alles in dem Buch ongezeichnt, was mit Johrmarker Landsleit zu ton hot. Uf der Seit 83 is e Bericht, iwernomm aus dem Band Dokumentation der Vertreibung aus Ost-Mitteleuropa III. Das Schicksal der Deutschen in Rumänien, zu lese. Die zwaa Macher vun dem Buch, die Doina Magheţi un de Johann Steiner, hun nämlich e chronologischi Linie inghall, asso vun de eerschte ehne bekannte Fluchtversuche iwer die rumänisch Westgrenz bis zu de letzte, korz vor’m Ceauşescu seim Enn. Un sie hun aah Fluchtberichte aus annre Bicher in ehre Sammlung ufgholl. Eigentlich e guti sach. Die erwähnt Dokumentation is, wann mich net alles teischt, schun in de 50er Johre in Deitschland erschien.

Asso der Bericht uf der dreiunachzichst Seit is verfasst wor vun ooner Fraa. Sie haaßt H.D., stammt aus Johrmark un is schun im 47er mit drei Kinn bei Tschanad iwer die Grenz gang, nohdemm wu die Grenzler se schun mol in Curtici hoppgholl, iwer Arad uf Temeswar transporteert un dort wedder laafe geloss hatte. E wirklich kurascheerti Fraa!

Jetz hot mei Lokalpatriotismus mer ka Ruh meh geloss. Wer is H.D., e wirlich Johrmarker Jeanne d’Arc, awwer ohne Märtyrerroll. Des war zum Glick net notwennich. Die grooe Zelle vun meim Vatter un meiner Schweermotter hun mol wedder misse herhalle. In dem Bericht steht zum Schluss, dass die Fraa mit ehre Kinn in Rastatt onkumm is. Des war jo schun mol e Anhaltspunkt. Rauskumm is noh aller Hin-un-her-Frooerei Folgendes: Es handelt sich um’s Rot Kriwlche mit seine zwaa Buwe, de Tischlersch Natz un de Schneidersch Michl, un seim Mädche, es Susje. Die Fraa schreibt in ehrem Bericht zum Schluss: „Von da ging es dann schon leichter bis nach Deutschland und schließlich zu meinem Ehegatten nach Rastatt. Groß war die Freude, als auch die Tochter aus Russland schon hier vor einigen Tagen eingetroffen war.“ Die zwatt Tochter war’s Kathi, des war uf Russland verschleppt.

Wann ich des jetz uf Hochdeitsch iwersetz, no handelt es sich um „Elisabeth Schneider, geborene Tomansky, mit ihren Kindern Susanne, Katharina, Ignaz und Michael.“ Angeblich soll die Susanne noch in Amerika lewe. Die annre sin all schun gstorb. Ich hun nateerlich aah im Ortssippenbuch der katholischen Pfarrgemeinde Jahrmarkt/Banat nohgschaut. Die Familie is unner S877 (Band III, Seite 245) zu finne. Es Susje is dort awwer net ingetraa. Na ja, iwer so kurascheerte Leit, weht immer e klooni, geheimnisvolli Aura. Un die wolle mer de eerschte Johrmarker Grenzgänger aah losse. Sie hun se sich ehrlich verdient. Un dass der Bericht mit „H.D. aus Jahrmarkt“ unnerschrieb is un net mit E.S., hot wahrscheinlich etwas mit der Angst vor’m lange Arme vun der Securitate zu ton.

Die Gräber schweigen, awwer die Gflichte verzähle jetz, weil ka Fodm is so dinn gspunn, dass er net an’s Sunnelicht kummt. Uf der Seit 219 kann merr de Beitrach lese Der Wolf im Schafpelz. Susanne Lehne-Gärtner hot’ne gschrieb, in der dritt Person, odder sie hot’ne de Herausgewwer verzählt un die hun’ne ufgschrieb. Es is e sehr abenteierlichi un zum Taal sogar amüsanti Fluchtgschicht. De Hartmut Lehne (1943 – 1996) hot am 22. August 1971 – was am 23. August war, wisse mer jo noch - sei Mensch, es Gärtner Susje hätt merr in Johrmark gsaat, asso es Susanne Gärtner aus Blumenthal, sozusoon als Benzinbehälter iwer die rumänisch-jugoslawisch Grenz gschmuggelt. Meh soon ich net. Des muss merr lese un sich wie Tschokolad uf der Zung vergehn losse.

Un des do is de letzt Abschnitt vun dem Bericht: „Susanne und Hartmut werden nie Details ihrer gelungenen Flucht preisgeben, weil sie anderen, die eventuell dieselbe Idee haben, nicht den Weg verbauen wollen. Eine Ausnahme macht Hartmut bei einem Besuch von Verwandten. Dabei ist auch der 16 Jahre alte Sohn der Familie. Er spitzt die Ohren, sagt aber nichts. Zwei Jahre später, er hat kaum die Fahrerlaubnis in der Tasche, holt er mit Hartmuts Trick ein Mädchen aus dem Banater Dorf Jahrmarkt nach Deutschland.“

Uff, na wer is des wedder? Die Flucht misst eigentlich 1989 geglickt sein, weil 1971 + 18  = 1989. Des bleibt awwer reini Spekulation. So is es nun mol: Zeitgeschichte is manchesmol schwerer zu rescherscheere wie echti Geschichte. Zwischen dee zwaa Johrmarker Fluchterlebnisse leije nunmol fast e halwes Johrhunnert un ich waaß aah noh aller Rumfrooereih net, wer die jung Fraa aus Johrmark is.

Es hot sogar e Johrmarker Familientreffen vor dem Stacheldraht gewwe. Un des ware Neigässer. Merr muss nämlich wisse, dass de Lokalpatriotismus noch gsteigert werre kann. Die nächst Stufe is de Gassepatriotismus. Mer Neigässer ware die Beste. Do loss ich nicks driwwer kumme. Mer loonich hätte e großi Blechmusick zammgebrung, wann merr uns net ufgetaalt hätte uf Schrammel, Kiehalterche, Spitziche un Stumpiche. Un welli Gass im Dorf hat noch zwaa Heimatdichtre, besser gsaat e Dichterin un e Dichter, un die ware schun ball Nochberschleit.

Asso die Familie Loris – norr ooni vun de ville Johrmarker Loris-Familier – hot sich mit ehrem Vatter, beispielsweise Schweervatter, em Kassnel Steff, an der rumänisch-jugoslawisch Grenz getroff, un ab is es gang in Richtung Freiheit. De Loris Franz is e 52er un in der Hinnereih groß wor, awwer sei Fraa, es Kassnel Lissje, is e echti Neigässerin un dem sei Schwester, des wu leider sehr frieh schun i’me Autounfall um’s Lewe kumm is, war sogar mei Klassekumradin. Drum hun ich dee sehr spannend gschriebne Bericht in der eerscht Person bsonders ufmerksam geles. Gschrieb hot ne es Lissje. Aah die Fraa hot e schriftstellerischi Oder, un sie hot sogar in der Näh vun de zwaa Neigässer Heimatdichtre, der Kaschpersch Wess Mrian un em Gerwer Franz, gewohnt. Un de Kassnel Steff? Die Verfasserin schreibt iwer ehre Vatter noh ehrer erfolreicher Flucht un ehrem Intreffe in Rastatt: „Überall wollten die Leute etwas über unsere Flucht hören. Mein Vater zeigte, wie wir über die Grenze gekrochen sind, die Leute lachten und amüsierten sich.“ Des passt!

Aah was Hans Stefan in Hast schon gehört? verzählt, passt genau zu ehm. Net grad wizich, awwer aah net mit verjammerter Dramatik iwerlad is sei Bericht in Versform. In 31 Strofe verzählt de Hans – wer dee in Johrmark net als Wischan gekennt hot, der kann norr e Beigelaafner geween sein -, wie er vun Johrmark uf Nürnberg kumm is. Des wär sogar noch bissje schneller gang, wann’s die österreichisch Gmietlichkeit net gewwe meecht. Beim Stefan Hans – der hot net ummesunst bei de stumpiche Musikantebäler ongsaat un die Leit zum Lache gebrung – leest sich des so: „Danach gingen wir freiwillig zurück in den Knast zum Übernachten, / weil die österreichischen Botschafter unser Visum nicht früher zustande brachten. / Aber dann war es soweit, nach fast vier Wochen voll Ungewissheit und Warten / konnten wir endlich als freie Menschen mit dem Zug gen Westen starten.“ Asso so fair muss ich jetz als Johrmarker Gassepatriot schun sein un noch soon, dass de Wischan ka Neigässer sondern e Hinnereiher war.  

Der freundliche Fluchthelfer haaßt es längste Kapitel mit seine paar Unnerkapitle. Es handelt sich do um de Fluchthelfer Basilius, „zu jener Zeit etwa 30 Jahre alt und ein kräftiger, sportlicher Typ“. Der Mann hot einiche gelungne illegale Grenziwerschreitunge vun ganze Flichtlingsgruppe uf’m Kerbholz - aus kommunistischer Sicht, versteht sich. Bei seim dritte Coup, im Mai 1981, asso vor rund 30 Johr, war aah die Johrmarkerin Anna Kilzer (*1937) dabei. Sie beschreibt ehre Flucht sehr genau. Eigentlich hot do gar nicks schiefgehn känne. Un’s Kilzer Nantschi, wie merr des Johrmarker Singmäde aus’m Kerchechor genennt hot, waaß am beste forrwas: „Ich habe mich und meine Begleiter der Liebe Gottes empfohlen, es möge sein Wille geschehen. Auch dem Schutz seiner lieben Mutter habe ich uns empfohlen, und siehe, wir wurden nicht enttäuscht.“

Asso ich hätt jetz aah ka Problem meh, zu behaupte, dass de Herrgott e Johrmarker is, wann ... Ja, wann’s net aah die Einleitung vum Herausgewwer Johann Steiner gewwe meecht. Do kann merr nämlich schwarz uf weiß lese: „Zu denen, die in der Donau um’s Leben gekommen sind, gehört vermutlich auch Walter Zerwes (Fettdruck d. V.), geboren am 18. November 1960 in Temeswar. Als Baufachmann kommt er zur Arbeit nach Turnu Severin an der Donau. Im November 1981 verabschiedet er sich von seinen Eltern in Jahrmarkt. Sie werden ihn nie wiedersehen.“

Un mit dem is aah alles iwer die Tragik gsaat, die wu in dem net zu bänniche menschliche Drang noh der Freiheit leit. De Herrgott is halt net immer dabei. Vill zu oft schaut er norr tatenlos zu. Aah heit noch.
Berns Toni

Montag, 13. Juni 2011

Györ in Ingolstadt

Mitglieder des Fotoclubs Györ stellen in den Ausstellungsräumen des Vereins Kunst-Werk im Klenzepark Ingolstadt e.V. von ihren Arbeiten aus. 15 Fotografen und eine Fotografin aus Ingolstadts ungarischer Partnerstadt zeigen eine reiche Palette an Fotografien. Der eine liebt die Landschaft, der andere mehr die Gebäudedetails seiner Stadt, der dritte die Nahaufnahme und, und, und.

Wen mag es schon verwundern, wenn ein ungarischer Fotograf sich einem Sonnenuntergang auf der Puszta nicht entziehen kann. Und dieser filigrane Tautropfen auf einer feingliedrigen Ehre einer Kornpflanze, er muss morgens früh unterwegs gewesen sein, die Frau oder der Mann mit der Kamera. Und sie müssen Geduld mitbringen, ganz gleich wohin sie sich mit ihren Werkzeugen begeben. Kunstfotos erfordern Geduld. Es hat bestimmt eine Weile gedauert, bis die zwei kämpfenden Hähne sich in die Luft erhoben, mit gespreiztem Gefieder und vorgestreckten Krallen. Den Moment, den musst du als Fotograf eben festhalten. Darauf kommt es an - auf den Augenblick.

Dann stehst du als Mann vor diesem Akt und wünscht dir, die Entblößung wäre ganz. So provoziert man Gier, auf mehr, noch mehr Weiblichkeit, Schönheit, Kunst. Ein paar Schritte weiter sind alle Träume verflogen. Gesichter. Vernarbte, vom Rus geschwärzte, oder auch vergrämte, vom Alltag gezeichnete Gesichter, wie wir sie überall in der Welt und folglich auch in Györ antreffen.

Bei aller Begeisterung für diese Ausstellung soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass alle die Fotos die gleiche Beschriftung tragen: "Fotos auf Györ". Hier hätten die Verantwortlichen des Schanzer-Photoclubs, deren Initiative die Ausstellung zu verdanken ist, schon etwas genauer hinschauen können. Und da wäre dann auch noch 'ne Frage an die Ungarn: Gibt es in Györ keine Industrie? Die Ausstellung trägt immerhin den Titel "Györ, die ungarische Partnerstadt stellt sich vor". Sollte es da auf wirtschaftlicher Ebene keine Beziehungen geben, oder keine fotogenischen Produkte einer eventuellen Partnerschaft?

Die Ausstellung kann bis zum 26. Juni an folgenden Öffnungszeiten besucht werden: Sa./So. 18./19. und 25./26. Juni, jeweils von 13.00 bis 17.00 Uhr. Die Ausstellungsräume liegen in der Flankenbatterie 105 im Klenzepark.

Anton Potche

Samstag, 11. Juni 2011

Sie vertragen sich eigentlich recht gut

Die Posaune und die Orgel. Auch wenn das Stück nur von einem Amateur stammt: Sonate g-Moll für Posaune und Orgel, komponiert von einem Advokat und Ratsherr in Venedig und Brescia. Benedetto Marcello (1686 – 1739) war allerdings ein Ausnahmeamateur, sonst würde er nicht heute noch in den Konzerprogrammen auftauchen. Die Familie Marcello hatte die Musik im Blut. Auch Benedettos Bruder Alessandro (1685 – 1750) komponierte erfolgreich.

Mauro Piazzi hat das Stück im Rahmen der OrgelMatinee um Zwölf in der Ingolstädter Asamkirche Maria de Victoria gespielt. Begleitet wurde er an der Orgel von Alessandro Bianchi. Technisch nicht besonders anspruchvoll – mit Ausnahme weniger Stellen in den zwei Allegro-Sätzen -, kann die Posaune besonders ihren Tonumfang zur Geltung bringen. Aber dank der ihr schon immer immanenten Möglichkeit, Ganz- und Halbtöne zu spielen, fällt der Posaune besonders in solchen Instrumentalwerken auch die Aufgabe der Themengestaltung zu. Dass Mauro Piazzi als Solist in ganz Europa unterwegs ist, konnte man nach diesem ersten Stück dieses Konzerts vom 5. Juni 2011 nachvollziehen.

Diese Melodiezuständigkeit kommt besonders in instrumentalisierten Vokalstücken gut zum Tragen. Allerdings bleibt es dann reine Geschmackssache, ob ein Konzertbesucher mit den Variationen des Soloinstruments mehr oder weniger anfangen kann. So geschehen in Zwei Choräle mit Variation für Posaune und Orgel: Komm süßer Tod / Auf mein Herz von Johann Sebastian Bach (1685 – 1750).

Natürlich haben Titanen wie Bach nicht nur komponiert und in einer musikalischen Selbstisolation gelebt. Sie lauschten auch hinaus in die Welt, waren offen für Strömungen und neue Ideen. Das von Alessandro Bianchi gespielte Concerto a-Moll BWV 593 nach dem Concerto a-Moll für zwei Violinen, Streicher und basso continuo op. 3/8 von Antonio Vivaldi ist wahrscheinlich das Resultat einer solch weltoffenen Einstellung Johann Sebastian Bachs. Von Allessandro Bianchi sagt man, er wäre „spezialisiert auf italienische Orgelmusik“ (Programheft) - was immer das auch bedeuten mag. Dass ihm Vivaldi nicht fremd ist und er alle Möglichkeiten der Orgel im Dienste seines Landsmannes ausschöpfen kann, machte er in diesem Konzert deutlich.

Es kommt bestimmt nicht oft vor, dass in einem Konzert gleich zwei Werke von nebenberuflichen Komponisten gespielt werden. Auch Jean Baptist François Loeillet (1653 – 1728) hat komponiert. Hauptberuflich verdiente er sich seinen Lebensunterhalt als Barbier und Wundarzt in Genf. In der Asamkirche zu Ingolstadt erklang jetzt seine Sonate As-Dur für Posaune und Orgel. Ein liebliches Stück, in dem die Posaune besonders im Cantabile und folgenden Largo ihr gefühlsbetontes Timbre anklingen ließ.

Was folgte, war eine angenehme Überraschung. Was man mit Beethoven so alles anstellen kann. Andreas Willscher (*1955), ein Kirchenmusiker aus Hamburg-Wandsbek, hat einen Cocert Rag mit Themen des Klassikers komponiert. Mein Beethoven, nennt er das Stück. Eine eigenwillige, aber nichtsdestotrotz interessante, immer wieder zum Schmunzeln anregende Geschichte. Und auch Alessandro Bianchi schien seine helle Freude an dieser Interpretation gehabt zu haben. Tja, was die ehrwürdige Orgel so alles kann! Sie ist und bleibt zwar ein Kircheninstrument, scheint aber zeitgemäß der Institution, der sie regelmäßig dient, weit voraus zu sein.


Zum Schluss erklang wieder die Posaune. Ev’ry time I feel the Spirit spielten die zwei Musiker auf der Empore, ein Spiritual in der Bearbeitung für Posaune und Orgel. Ein Klagelied. Das hat mich doch sehr an die rumänische Doina erinnert und vor allem, an die Gänsehaut, die ich immer bekam, wenn meine Banater Musikantenkollegen in der rumänischen Militärkapelle diese gemütsgeschwängerten Weisen anstimmten. Ev’ry time I feel the Spirit ist ein Klassiker jener afrikanischen Negro Spirituals, die durch ihre Tonbildung und Art der Phrasierung das Fundament des New Orleans Jazz bildeten, zusammen mit der abendländischen Melodik und Harmonik. Da schwingt doch schon viel Heimweh mit, ob afrikanisch, abendländisch oder osteuropäisch. Es hängt halt viel vom jeweiligen Konzertbesucher ab.
Anton Potche

Montag, 6. Juni 2011

Seppi und Peppi unterhalten sich über Biografien ohne Anfang

Sie sind allein im Bahnhofscafé des trostlosesten Bahnhofs einer deutschen Großstadt. Nur ich sitze an diesem Montagmorgen noch in einer Ecke und genieße meinen Kaffee. An mich sind die zwei mittlerweile schon gewöhnt. Dementsprechend laut sind sie auch. 

- Do schau her! Des gibt's doch net.
- Na, was ist denn.
- Ein jeder Lebenslauf hat doch einen Anfang. Oder?
- Ja, irgendwo, würde ich sagen.
- Das scheinen heutige Journalisten aber nicht zu wissen. Auch Ingolstädter nicht. Da schau her! Drei Beispiele aus der vergangenen Woche. Der INGOLSTÄDTER ANZEIGER bringt ein Firmenporträt der Firma Mode Maltry. Und da steht: "Gegründet wurde das traditionsreiche Unternehmen im Jahre 1951 von Hans Maltry." Oder in der Glanzzeitschrift ESPRESSO: "Gegründet wurde das Unternehmen von den Brüdern Hans und Michael Maltry.
- Ist doch okay. Das war damals doch die Gründergeneration nach dem Krieg.
- Aber, dass die aus dem Banat stammen und erst nach dem Krieg Ingolstädter wurden, steht da nicht. Und es geht noch besser, das sage ich dir. Noch so eine Glamourzeitschrift. GLADDYS. Die bringen ein Familienporträt  von dem Ehepaar Ludwig Seiverth und seine Frau. Wie die Gute heißt, erfährt der Leser nicht. Und hier, das Foto. Dazu schreibt die Journalistin: "An der Wand hängt ein tolles Bild von ihm, in seiner Heimattracht gekleidet. Das gefällt auch unserem Fotografen so sehr, dass er es kurzerhand abhängt und einpackt. So, da hätten wir was Tolles, dazu noch das alte schwarz-weiß Foto mit seiner geliebten Frau und seinem ersten Auto - es war ein Opel Olympia, Baujahr 1959. Bei dem Bild gerät er ins Schwärmen. Er taut auf und fängt an >von Früher< zu erzählen."
- Das ist bei 80-Jährigen mehr als normal.
- Aber das dieses Früher und seine Heimattracht alles etwas mit Siebenbürgen zu tun hat, wird unterschlagen.
- Oder auch nicht. Vielleicht wollten die betroffenen Personen das gar nicht, die Nachkommen der Gebrüder Maltry und die Seiverth-Eheleute.
- Aber da fehlt doch was in diesen Artikeln. Spürst du das nicht?
- Jetzt, wo du mich darauf aufmerksam gemacht hast, schon. Aber viele junge Leser werden dieses Manko nicht bemerken. Dass diese Tracht nicht hundertprozentig barthelmarktreif ist, wird vielleicht schon dem einen oder anderen auffallen. Aber ich würde trotzdem nicht gleich auf die Artikelschreiber losgehen.
Es gibt nämlich genug Menschen, die sich scheuen, ihre Abstammung in der Öffentlichkeit zu erwähnen. Besonders viele Rumäniendeutsche haben da ein angeknacktes Selbstwertgefühl.
- Das ist aber ein Schmarrn hoch drei, jeder Lebenslauf beginnt doch mit einem Anfang, einer Wiege und einer Landschaft, in der sie steht.
- Wie du aber siehst, gibt es auch noch Biografien ohne Anfang. Und jetzt bestell dir endlich einen Kaffee. Meiner ist schon gleich kalt.

Draußen zieht ein Gewitter auf. Bei der Schwüle ist das nicht zum Staunen.

Samstag, 4. Juni 2011

Concert caritativ la Centrul Bănăţean de Seniori "Josef Nischbach" din Ingolstadt

Când bunicul povesteşte de acasă / Tânăr şi fericit arată, cântă cei doi cântăreţi ai Feroviarilor din Freiburg. Şi nu numai ei, ci toţi membrii ai acestei fanfare germane cunosc relativitatea acestor versuri, raportată la biografiile proprii. Oamenii pentru care cântă aici, în una din curţile ale Centrului de Seniori "Josef Nischbach" din Ingolstadt, fac parte, în marea lor majoritate, din generaţia bunicilor. Sunt oameni care numesc Banatul românesc "locul meu natal".



Şi cu toate că viaţa lor de acolo a fost marcată de şicane şi deportări comuniste, muzica "lor" de fanfară - valsuri şi polci - îi ajută azi să-şi depene amintiri frumoase, mai precis, numai amintirile frumoase: sate şvăbeşti cu o comunitate etnică integră care încet, încet în anii 60/70 ai secolului trecut se dezbară de urmările războiului şi ale primei urgii comuniste. Sate îngrijite, cu alaiuri populare şi muzică de fanfară marchează imaginea rurală a Banatului. 

Un sat şvăbesc din Banatul românesc fără fanfară - orcât de mică ar fi fost ea - este pentru acele timpuri de neimaginat. Astăzi femeile şi bărbaţii, atunci în floarea vieţii, sunt bunicii care "povestesc de acasă". A doua urgie comunistă, cea de sub Ceauşescu, i-a determinat să se ducă departe de "acasă". Acum unii dintre ei trăiesc în acest domiciliu de îngrijire socială şi medicală, construit pe malul Dunării de Organizaţia de Ajutor a Şvabilor Bănăţeni. 

Ne-am postat într-un coridor, Anna Frombach şi cu mine. Deschid o fereastră şi scot camera de filmat. Oameni vin şi pleacă. Se salută, vorbesc, se bucură. permanent ne înconjoară un torent de cuvinte, ba mai intensiv, ba mai liniştit. Afară fanfara intonează "Wenn Opa erzählt von Zuhaus - Când bunicul povesteşte de acasă". Pe fraţii Mitsch de pe scenă Anna Frombach i-a văzut cu mulţi ani în urmă mărşăluind cu fanfara prin străzile satului natal. Femeia bătrână stă aplecată într-un scaun cu rotile. Îi e greu să se concentreze. "Tânără şi fericită", ca bunicul din cântec, nu pare a fi. Urmările unei vieţi lungi, cu multe oropsiri, îşi ceri tributul. O fostă vecină din satul natal, din generaţia nepoţilor ei, o duce înapoi în etajul doi, în liniştea şi singurătatea camerei proprii.



Afară, Josef Zippel (trompetă şi conducere muzicală) şi Horst Reiter (clarinet şi aranjament muzical) - cel de-al treilea cântăreţi al formaţiei este aranjorul muzical şi baritonistul Johann Francz - repetă refrenul: Locul lui natal nu l-am văzut niciodată / Totuşi îl iubesc din inimă. Şi acesată afirmaţie transportă un adevăr doar relativ. Fanfara Die Eisenbahner (Feroviarii) este singura formaţie de acest gen din Germania care întruneşte în rândurile sale numai muzicanţi cu origini bănăţene directe sau indirecte prin părinţi. Deci cunosc locurile natale ale bunicilor şi le înţeleg momentele de nostalgie.


Aşa sună şi muzica lor, plină de Glück und Seligkeit, adică de fericire şi beatitudine, exact ca amintirile bunicilor. Cine îi ascultă atent pe aceşti Feroviari şi cunoaşte totodată şi meleagurile bănăţene are impresia că timpul face chiar o pauză. Muzica din căminele culturale ale satelor şvăbeşti a rămas aceeaşi.

Dar numai la prima audiere. Parcă s-a schimbat totuşi ceva. Această cultură de interpretare a pieselor este rezultatul unei înţelegeri noi, moderne a muzicii de fanfară. Mesajul a rămas acelaşi: înrădăcinarea tonală cu o zonă geografică anume. Ce s-a schimbat este emiterea unei atmosfere de voie bună, fără a renunţa însă la respectul faţă de partiturile pieselor interpretate. Această atitudine este de-a dreptul profesională şi îi situează pe Feroviarii cu originile bănăţene în primul eşalon al fanfarelor de amatori din Germania. 

Şi angajamentul social al muzicienilor merită toată lauda. Aflându-se în drum spre casă, după două concerte în oraşul bavarez Neumarkt, s-au oprit la Ingolstadt pentru a concerta la Casa Nischbach; fără a cere vreo remunerare, doar pentru a face o bucurie generaţiei bunicilor. Şi într-adevăr, s-a văzut pe multe feţe cum unii s-au întors pe plan spiritual la această serbare de vară (care se desfăşoară în fiecare an) pentru câteva ore pe meleaguri bănăţene. 

Iubirea platonică pentru această regiune sud-est-europeană îi va însoţi pe bunici până la sfârşitul vieţii lor. Şi muzicanţii, provenind din Recaş, Sânnicolau Mare, Măureni, Sântana, Remetea Mare, Jimbolia, Iecea Mare, Giarmata şi Sânandrei, simt această legătură de nezdruncinat. Muzica lor o dovedeşte.

Anton Delagiarmata