Mittwoch, 20. November 2013

Deutsche Dekadenz – Urlaubseindrücke III

Wir waren, wie in Urlaubserlebnisse I geschildert, in Eisenach. Ich trug noch die Ruhe von Bachstücken, gespielt auf Instrumenten, die schon zur Zeit des großen Meisters im Einsatz waren, in mir. Damit war aber endgültig Schluss, als wir die Eingangshalle des Treff-Panorama-Hotels in Oberhof betraten, wo wir für diesen Urlaub eine Herberge gefunden hatten.

Lärm. Lärm. Lärm. In den Thüringer Stuben ging es hoch her. Laute Musik. Tanzende Paare. Rufen. Grölen. Machos, wohin man sah. Für diese tobende Körpermasse mussten wir dann auch unser Restaurant Panorama verlassen und in ein kleineres umziehen; fürs Wochenende, denn die Partytouristen der Tollen-Müller-Touren wollten essen, trinken und tanzen. Dazu gehörte für Viele - zumindest nach meiner Wahrnehmung - auch Saufen und Stampfen. Dafür hatten sie bezahlt.

Wir hatten auch bezahlt, aber für Ruhe. Und die musste wie so oft im Alltag, dem wir doch eigentlich entrinnen wollten, zurückstecken. Sogar die Wetterangaben auf der Informationstafel in der Empfangshalle mussten dem Aktionsplan für die feierwütigen Touristen weichen.

Tja, Pech gehabt: Wir logierten zwei Stockwerke über unserem für drei Tage geräumten Restaurant Panorama. Welch ein Erlebnis. Schlaflose Nächte auf wummernden Bässen. Blicke aus dem Fenster. Spannerblicke. Unter uns wird getobt und in die Büsche gepinkelt.

Wie hieß doch damals der Minister, der von spätrömischer Dekadenz sprach? Ach ja: Guido Westerwelle. Er wird bald weg sein. Die Dekadenz wird bleiben. Und sie ist deutsch. Was für ein Urlaubserlebnis: Ballermann überall. Wir sind eine offene Gesellschaft. Im Aufzug hat mich einer angehaucht, dass ich jetzt noch torkele. Zum Glück war der Spuck nach drei Tagen vorbei. Wir durften wieder im Panorama speisen.

Da waren die netten Frau & Herr Schumann aus dem Weimarer Umland, mit denen wir uns gerne einen Tisch teilten, schon abgereist. Es ist aber zum Glück auch in Thüringer Gefilden keine Kunst, weitere angenehme Tischnachbarn zu finden. Die Partytouristen waren ja weg. Gott sei’s Dank! 

Anton Potche

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