Montag, 16. Juni 2014

Deutsche Spieler bei der ersten Fußball-WM

Liest man in den Geschichtsbüchern der Fußballweltmeisterschaft nach, dann erfährt man, dass die Deutschen keine Mannschaft zur ersten WM nach Uruguay schickten. Es gab damals, 1930, noch keine Qualifikation. Der Franzose Jules Rimet, Präsident des Fußball-Weltverbandes Fifa von 1921 bis 1954, reiste vielmehr durch Europa und versuchte die Nationalverbände zu überzeugen, ihre Auswahlmannschaften über das große Wasser zur ersten Weltmeisterschaft zu schicken. Ein ermäßigter Erfolg ward ihm da beschert, könnte man aus heutiger Sicht sagen. In Anbetracht des damaligen Stellenwerts, den der Fußball aber in Europa und der Welt hatte, kann man sein Bemühen auch als Erfolg bewerten. Immerhin haben vier Länder ihre Nationalmannschaften nach Südamerika geschickt: Frankreich, Jugoslawien, Belgien und Rumänien.

Somit waren auch deutsche Fußballer bei der ersten Fußballweltmeisterschaft dabei. Liest man nämlich die Namen des rumänischen Aufgebots, so könnte man fast von einer deutsch-rumänisch-ungarisch-jüdischen Mannschaft reden, die sich am 19. Juni 1930 auf dem Luxusdampfer Conte Verde einschiffte: Rudolf Bürger, Adalbert Steiner, Alfred Eisenbeisser, Emerich Vogl, Peter Steinbach, Rudolf Steiner, Rudolf WetzerIon Lăpuşneanu, Corneliu Robe, Ştefan Barbu, Adalbert Deşu, Constantin Stanciu, Ilie SubăseanuIosif Czako, Ladislau Raffinsky, Alexandru Borbely, Nicolae Covacs, Elemer KocisSamuel Zauber, Andrei Glanzmann. Trainiert wurde die Mannschaft von Costel Rădulescu - aber nicht auch zusammengestellt. Die Auswahl soll der rumänische Monarch Carol II, ein Hohenzoller, höchstpersönlich getroffen haben. Diese Ehre wurde meines Wissens bisher noch keiner Fußballmannschaft der Welt zuteil. Es muss wohl eine der ersten Amtshandlungen des Königs gewesen sein, denn er bestieg erst am 8. Juni 1930 den rumänischen Thron.

Rumänien spielte in der Gruppe 3 mit Peru und Uruguay und schrieb im Spiel gegen Peru im Estadio Picitos in Montevideo vor 2549 Zuschauern schon mal Geschichte, denn Deşu schoss in der 1. Spielminute gegen Peru das schnellste Tor der ersten Fußballweltmeisterschaft. Die Rumänen siegten mit 3:1 (1:0) nach weiteren Toren von Stanciu (74.) und Kovacs (85.). Für die Peruaner war Souza in der 60. Minute erfolgreich. Das Spiel soll sehr körperbetont gewesen sein, was ein Grund für die folgende eindeutige Niederlage der rumänischen Nationalmannschaft gegen den Gastgeber und späteren Weltmeister Uruguay gewesen sein könnte. Die Gastgeber siegten mit 4:0. Das Spiel fand in Montevideo im Centenario-Stadion vor 70.022 Zuschauern statt. Auch diese Kulisse könnte die Südosteuropäer vor Ehrfurcht erstarren lassen haben.   

Bundespräsident Joachim Gauck schreibt in der WM-BILD (6. Juni 2014): „Zur Fairness gehört auch, dass wir Menschen respektieren und achten, gleichgültig woher sie kommen. Noch vor gar nicht langer Zeit hatten es Sportlerinnen und Sportler mit Einwanderungsgeschichte schwer, akzeptiert zu werden. Heute sind Spieler türkischer und afrikanischer Herkunft Leistungsträger in der Bundesliga und auch in unserer DFB-Auswahl.“  Zu dieser Einsicht war man in Rumänien bereits vor 84 Jahren gelangt. Und es hat schon damals den Rumänen nicht geschadet. Auch bei den folgenden Fußballweltmeisterschaften 1934 und 1938 war die rumänische Nationalmannschaft ethnisch reich besetzt. Das ist heute leider nicht mehr so, denn die deutschen und jüdischen Volksgruppen haben Rumänien verlassen und ungarische Namen sind in der rumänischen A-Liga auch eher selten.
Anton Potche


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