Montag, 31. Oktober 2016

Oktober 2016 – Giarmata in den Medien

Die Träume eines Bürgermeisters
BanatulAzi.ro, Timişoara / Temeswar; 01.10.2016
In einem sehr ausführlichen Bericht, kann man schwarz auf weiß nachlesen, wie Bürgermeister Virgil Bunescu sich die Zukunft der Giarmataer Erhohlungsplätze (centre de recreere) vorstellt. Der nicht existierende Park soll mit einer angrenzenden Fläche, die man erst kürzlich als Gemeindeeigentum entdeckt hat, erweitert und mit dem Prinz-Eugen-Brunnen verbunden werden. Vielleicht sogar mit einer Minieisenbahn. Als zweites Projekt soll endlich die Freibadsanierung in Anspruch genommen werden. Es gibt bei diesen Zukunftsträumen nur ein Handikap: Weit und breit ist keine Finanzierung in Sicht. Dabei schätzt der Bürgermeister, dass ihm mit ca. 1,5 Millionen Euro gedient wäre.
+ + + Ich moon, jetz wär hächsti Zeit, dass mer Altjohrmarker uns mol um die Sach kimmre. Die lappich annerthalwi Million werre mer doch aah noch zammkrien. Weil so känne mer des jo net losse. Schaut eich des uf dem Video, des wu die Zeidung ins Internet gstellt hot, mol on. Ich hun mer schun e Termin bei meim Vermeejeberater gemach, dass der mol schaut, wie mer dee Eurohaufe umschichte, dass noch was forr de Park un Strand un Große Brunne un, un ... in Giarmata iwrichbleibt. + + +

SportTim.ro, Timişoara / Temeswar; 07.10.2016
Heimniederlage ist nichts Neues
C4 (Liga III – Serie IV) – 6. Spieltag
CS Millenium Giarmata – CSM Școlar Reșița  1:2 (1:2)
Torschützen: Beloescu (8 und 19) für die Gäste und Marius Călin für Millenium
Tabellenplatz: 14 - CS Millenium Giarmata  2
Aufstellung CS Millenium: RusuFlorin Olariu, Soare, Domșa (65, Ghighilicea), CiobănicăStoica (74, Popa), Corlățeanu (81, Mihai Olariu), Maghici, Călin, CodreaTrifu
Trainer Răzvan Leucă zu dem Spiel: „Wir haben einen Formanstieg im Vergleich zu den bisherigen Spielen zu verzeichnen, wir waren auch besser als der Gegner und über 70 Minuten haben wir das beste Spiel dieser Hinrunde praktiziert. Ein ziemlich gutes Passspiel, und wir haben uns sehr gute Torchancen herausgespielt. Aber Fußball ist auf Tore!“
+ + + Wie wahr! + + +

Zwei torreiche Siege
SportTim.ro, Timişoara / Temeswar; 09.10.2016
Liga V Timiș – Serie II – 8. Spieltag
Millenium II Giarmata – Gloria Uivar  5:1
Unirea Cerneteaz – Gloria Remetea Mare  5:2
Tabelle: 3 Millenium II Giarmata  16
              8 Unirea Cerneteaz  10
+ + + Vielleicht versucht Leucă es mal mit Jungs aus diesen zwei Mannschaften. Man weiß ja nie, wo ein Juwel steckt. + + +

Ohne Führerschein mit dem Pkw des Bruders auf der Flucht vor der Polizei
aus VoceaTimișului, Timişoara / Temeswar; 11.10.2016
Um Mitternacht ist ein in Jahrmarkt als „Dieb“ apostrophierter Mann, erst kürzlich aus einer mehrjährigen Haft entlassen, mit dem Auto seines Bruders in Giarmata spazieren gefahren. Als eine Polizeistreife ihn anhalten wollte, gab er Gas und fuhr das Auto zu Schrott. Der Heimkehrer hatte weder Führerschein noch Fahrpraxis.
+ + + Also geht es wieder zurück ins Kittchen. + + +

Wahlmitteilung
aus PrimăriaGiarmata.ro, Giarmata / Jahrmarkt; 11.10.2016
Am 11. Dezember 2016 finden in Rumänien die Wahlen für das Parlament und den Senat statt. Zu diesem Zweck werden Wahlhelfer gesucht. Auf der Homepage des Rathauses kann man die Bedingungen und Bewerbungsmodalitäten nachlesen.

Trinkwasser mit bedenklichen Werten
aus PrimăriaGiarmata.ro, Giarmata / Jahrmarkt; 13.10.2016
Auf dem Gebiet der Gemeinde wurden an mehreren Stellen Wasserproben gemacht. Das mit der Analyse beauftragte Laboratorium hat der Gemeindeverwaltung mitgeteilt, dass das Wasser in der Straße Regele Carol, im Umfeld der Wohnblocks und in der Strada Bătrână bei der Ferma IV nicht den vorgegebenen Qualitätsnormen entspricht.

Acht Tore in Giarmata
aus SportTim.ro, Timişoara / Temeswar; 14.10.2016
C4 (Liga III – Serie IV) – 7. Spieltag
CS Millenium Giarmata – ACS Poli II Timişoara  4:4 (2:1)
Torschützen: Sebastian Mailat (7), Vraciu (64), Oprea (74),  Codrean (81) für die Gäste und Patrian Trifu (37 und 43), Dorin Codrea ( 56), Florin Olariu (92) für Millenium
Tabellenplatz: 13 - CS Millenium Giarmata  3
Aufstellung CS Millenium: RusuFlorin Olariu, Soare, Maghici, CiobănicăArtimon, Domșa (85, Mihai Olariu) – D. Codrea, Stoica (85, Popa), Călin (75, Corlățeanu) – Trifu
Trainer Răzvan Leucă zu dem Spiel: „Wir haben gegen eine ambitionierte Mannschaft gespielt, mit Spielern, die eine Perspektive und eine bessere Vorbereitung haben und das hier auch unter Beweis gestellt haben.“
+ + + Damit ist die Hälfte der Hinrunde erreicht und der letzte Platz an die zweite Mannschaft von UTA Die alte Dame abgegeben. + + +

Auswärtssieg für die Zorner
aus SportTim.ro, Timişoara / Temeswar; 16.10.2016
Liga V Timiș – Serie II – 9. Spieltag
Timișul Urseni - Millenium II Giarmata  2:2
Utvin - Unirea Cerneteaz  3:4
Tabelle: 3 Millenium II Giarmata  17
              6 Unirea Cerneteaz  13

Giarmata zeigt sich wirtschaftlich und literarisch kooperativ
aus ZiarulTimişoara.ro, Timişoara / Temeswar; 20.10.2016
- Der Temescher (Timiș) Kreisratsvorsitzende Sorin Grindeanu ist optimistisch in Bezug auf den Ausbau der Landstraße Timișoara - Giarmata, den viel diskutierten Zubringer zur A1. „Der Giarmataer Gemeinderat hat für die Freigabe der benötigten Parzellen gestimmt“, sagte der Politiker.
- Die Kreisbibliothek Sorin Titel in Timișoara wurde 112 Jahre alt. Bei einem Festakt haben Schüler mehrerer Schulen aus der Stadt und dem Kreis Gedichte des banater Poeten Adrian Derlea (1949 – 1999) vorgetragen. Auch Schüler der Giarmataer Gymnasialschule (Școala Gimnazială Giarmata) haben an der Veranstaltung teilgenommen.

Niederlage
aus SportTim.ro, Timişoara / Temeswar; 22.10.2016
Liga V Timiș – Serie II – 10. Spieltag
Flacăra Parța - Millenium II Giarmata  3:0
Tabelle: 3 Millenium II Giarmata  17
              6 Unirea Cerneteaz  13

Endlich gewonnen
aus SportTim.ro, Timişoara / Temeswar; 23.10.2016
C4 (Liga III – Serie IV) – 8. Spieltag
UTA Bătrâna Doamnă II – CS Millenium Giarmata  0-2 (0-1)
Torschützen: Marius Călin (31) und Dorin Codrea (81)
Tabellenplatz: 13 - CS Millenium Giarmata  6
Aufstellung CS Millenium: RusuFlorin Olariu, Soare, Maghici, CiobănicăCodrea, ArtimonStoica  (80, Domșa), Corlăţeanu (84, Ștefănescu), Călin (46, Mihai Olariu) – Trifu, (76, G. Popa).
+ + + Da kommen Erinnerungen an die Auswärtsstärke der vergangenen Saison auf. + + +

Auf frischer Tat ertappt
aus ZiuadeVest.ro, Timişoara / Temeswar; 24.10.2016
Zwei Männer, 24 und 25 Jahre alt, wurden in Giarmata von der Polizei überrascht, als sie zwei Warmwasserboiler aus einem Haus entwenden wollten.
+ + + Sie wurden natürlich gleich mitgenommen – ohne Boiler. + + +

Dispoziția - Verordnung Nr. 272 vom 27. Oktober 2016
aus PrimăriaGiarmata.ro, Giarmata / Jahrmarkt; 27.10.2016
Der Gemeinderat wird für den 31. Oktober 2016, 16:00 Uhr einberufen. 11 Tagesordnungspunkte gilt es zu bewältigen. Die meisten beinhalten Administrativ- und Infrastrukturprobleme.

Nicht schön, aber erfolgreich
aus SportTim.ro, Timişoara / Temeswar; 28.10.2016
C4 (Liga III – Serie IV) – 9. Spieltag
CS Millenium Giarmata - Pandurii Târgu Jiu II  2-1 (0-0)
Torschützen: Roberto Dumitru (62) für die Gäste sowie Corlăţeanu (73) und Ghighilicea (76) für die Hausherren
Tabellenplatz: 12 - CS Millenium Giarmata  9
Aufstellung CS Millenium: RusuF. Olariu (65, Artimon), Soare, Maghici, Ștefănescu (75, Ciobănică) – Stoica, Domșa, Corlățeanu (80, Mihai Olariu), Codrea, Călin (60 Ghighilicea) – Trifu
Trainer Răzvan Leucă zu dem Spiel: „Wir haben nicht spektakulär gespielt, aber für uns waren die Punkte sehr, sehr wichtig.“

Derby
aus SportTim.ro, Timişoara / Temeswar; 29.10.2016
Liga V Timiș – Serie II – 11. Spieltag
Millenium II Giarmata - Unirea Cerneteaz  5:2
Tabelle: 3 Millenium II Giarmata  20
              6 Unirea Cerneteaz  16

Schule in Giarmata
aus FOAIA de GIARMATA, Timişoara / Temeswar; Oktober 2016
Gabriel Ciora
Fotoquelle: Foaia de Giarmata
- Der Direktor der Allgemeinschule in Giarmata, Gabriel Ciora, gibt die Zahl der Schüler in den Klassen 1 bis 8 mit 400 an. Dazu kommen 93 Kinder in der Schule in Cerneteaz. An dem 1897 erbauten und bis 2010 im Besitz der Kirche (ausgenommen während der kommunistischen Regierungszeit) eingetragenen Schulgebäude wurde in letzter Zeit, seit es der Gemeinde gehört, viel repariert. Es gibt auch ein neues Schulgebäude, das sich in einer leider eingestellten Bauphase befindet, weil die Finanzierung nicht gesichert ist. Man schielt nach EU-Geldern und hofft auf eine baldige Wiederaufnahme der Arbeiten.
- Folgende Straßen werden zurzeit in Giarmata asphaltiert: Nicu Moraru, Regele Carol I, Iohani, TraianVuia, Ardealul, Pobeda, Soarelui, Izvorului, Traian, Gării, G-ral Virgil Economu, Română, Nicolae Iorga, Victor Babeș, Ștefan cel Mare, C-tin Brâncoveanu und  Alexandru Mocioni. Wenn das Wetter es zulässt, sollen die Arbeiten noch Ende Oktober abgeschlossen werden. „Der Bürgermeister schaut jeden Tag auf den Baustellen vorbei“, heißt es in dem Artikel.
- Die Seite enthält noch einen religiösen Text – viel Theologie, wenig Greifbares – des Ortspopen Sorin Vasiu und die Namen der Kinder in der Klasse des Lehrers (in Rumänien: Professors) Sorin Ahagioaiei: George Bogdan, Ștefania Neacșa, Sofia Paulescu, Andrei Dupoi, David Ilini Sebastian, David Antal Miron, Narcis Moisei, Robert Popa, Valentin Silaghi, Florin Șipețean, Adrian Căruntu, Daniel Ghiga, Patrick Degheluță, Andrei Gurău, Denis Tripon, Lucian Paul.
+ + + Dass die Baronsgass un die Kaschperschgass irgendwann mol asfalteert werre, hätt ich mer nie troome geloss. + + + 

Montag, 24. Oktober 2016

Generationengespräche

Jana Simon: Sei dennoch unverzagt – Gespräche mit meinen Großeltern Christa und Gerhard Wolf; Ullstein Taschenbuch, Berlin, 2015; ISBN 978-3-548-37569-4; 281 Seiten; 9,99 EUR

1976 schrieb Christa Wolf über Max Frischs Schreiben in Ich-Form: „Doch sind fast alle Prosaarbeiten romanhaften Charakters Ich-Geschichten. Im Tagebuch wird das Ich ein seltenes Wort.“ Im Gespräch kann das durchaus anders sein, besonders im generationenübergreifenden Fragen und Antworten. Das gilt auch für Christa und Gerhard Wolf, das Schriftstellerehepaar aus der DDR. Nachprüfen kann man das im Buch Sei dennoch unverzagt – Gespräche mit meinen Großeltern Christa und Gerhard Wolf. Geführt und niedergeschrieben hat diese Gespräche Jana Simon, Journalistin – von 1998 bis 2004 beim TAGESSPIEGEL und jetzt bei der ZEIT – und Enkelin des Ehepaares Wolf.

Die hier gesammelten Gespräche wurden nicht am Stück geführt, sondern während sechs Besuchen der Enkelin bei Oma und Opa an zwei verschiedenen Orten und innerhalb von 14 Jahren, immerhin eine Zeitspanne, in der sowohl Großeltern als auch Enkelin sich anhand neuer Lebenserfahrungen weiterentwickelt haben. Was alle Gespräche kennzeichnet, ist das von ihnen ausgehende Gefühl der Aufrichtigkeit. Und das hat wohl etwas mit dem präsenten „Ich“ sowohl der Christa als auch des Gerhard Wolf zu tun. Beide scheuen sich nicht, es zu benutzen. Sein Einsatz wird aber nicht zu Rechtfertigungen oder gar Protzereien mit der eigenen schriftstellerischen Leistung missbraucht.

Das erste mit einem Kassettenrecorder festgehaltene Gespräch fand am 22. August 1998 in der Wohnung der Wolfs in Berlin-Pankow statt. Man spürt sofort, dass hier zwischen den Gesprächspartnern ein zutrauliches, vielleicht sogar inniges Verhältnis herrschte. Die Familienverhältnisse beider Wolf-Eheleute vor ihrer Ehe kommen auf den Tisch, sprich, der Krieg mit all seinen Verirrungen und Verwirrungen, die sich für immer den Betroffenen eingeprägt haben. Wie etwa bei Christa Wolf: „Mein Vater war ein Schrumpelgreis von 85 Pfund. Er aß alles, was die Bäuerin ihm gab, jeden Rest. Ich habe das verstanden. Andererseits fand ich es schrecklich, wie mein Vater jeden kleinen Bissen hinunterschlang. Meiner Mutter ging es, glaube ich, ähnlich.“ Kriegs-, Vertreibungs- und Heimkehrerschicksal in einem Verhaltensmuster. Ums Verhalten ging es auch, als man auf das Leben in der DDR zu sprechen kam, wie zerrissen dieses Land und mit ihm seine Intellektuellenkreise waren. Gerhard Wolf sagt es so einfach und darum so nachvollziehbar: „Und mit den meisten, die aus der DDR weggegangen sind, ist es abrupt böse geworden. Da ist gar nichts geblieben.“ Verdächtigungen, Anschuldigungen, Misstrauen.

Und es wird auch im zweiten Gespräch nicht unbedingt schöner. Es wurde am 31. Juli 1999 im Ferienhaus der Wolfs im mecklenburgischen Woserin geführt und belegt, dass es schon in den jungen Jahren des sozialistischen deutschen Staates nicht an Verirrungen fehlte. Christa Wolf: „Stalin war im März 1953 gestorben. Da habe ich noch getrauert. Ich dachte, das sei ein großer Verlust für das Weltfriedenslager.“ 24 Jahre alt war sie damals mit dieser Einstellung. Etwas gedämpfter kommt Gerhard Wolfs Begeisterung für Stalin und seine geistigen Ergüsse daher. Als nämlich dessen Arbeit Marxismus und Fragen der Sprachwissenschaft erschien, tat Gerhard das als „einen ziemlichen Blödsinn“ ab. Und auch Christa fand das „einfach nicht so dolle“. So begann das Mit- und Nachdenken langsam Früchte zu tragen, Früchte, die aber nie zu einer totalen Dissidentschaft oder gar einem Verlust von Heimatgefühl führten. Bei aller kritischen Distanz zu diesem System – schließlich und endlich habe ich ja in einem ähnlichen gelebt – kann man ihnen das wohl kaum übelnehmen.

Woserin, 22. März 2008. Es sind knappe neun Jahre ins Land gegangen. Die Großeltern sind fast 80 Jahre alt und die Enkelin steht im schönen Schaffensalter von 35 Jahren. Das Verhältnis zwischen den drei Protagonisten klingt nach wie vor vertraut. Die Gespräche bleiben unverkrampft und vor allem zeitunabhängig. Es geht mal vor und dann wieder zurück, aus der Familie in die Politik und deren Wahrnehmung: „Und drüben, im Westen, sahen wir die Vertriebenenverbände, damit konnten wir uns überhaupt nicht identifizieren“, meint Christa Wolf. Hüben und drüben. Das blieb in den Köpfen der Erlebnisgeneration und wird es bleiben. Für die Nachkommen hingegen wird daraus Geschichte. Gehen oder Bleiben. Für die Wolfs ein existenzielles Problem. Christa bringt das so auf den Punkt: „Denn was sollte ich drüben schreiben? Sollte ich vom Westen aus die Konflikte der DDR behandeln? Nein!“

Drei Tage später, am 25. März 2008, war Ostern. Die Gespräche wurden fortgesetzt. In der gleichen Art und Weise. Natürlich gehörte das Ende der DDR auch für die Wolfs zu den aufregendsten Zeiten ihres an Ereignissen nie armen Lebens. Gerüchte und Verschwörungstheorien sind immer Begleiterscheinungen großer sozialer und politischer Umwälzungen. Christa Wolf erzählte ihrer Enkelin: „In jener Zeit riefen andauernd Menschen bei uns an. Einmal hatte ich einen Mann am Telefon, der meinte, er sei ein Nachbar von uns aus der Pankower Crusemarkstraße. Seine Frau arbeite in einer Botschaft und habe erfahren, dass in Schönefeld ein Flugzeug stehe, das gerade mit Akten beladen werde, die nach Rumänien ausgeflogen werden sollten.“ Natürlich war nichts an der Geschichte dran. Aber Christa und Gerhard Wolf waren nun mal Personen der Zeitgeschichte und gesuchte Adressaten für solche Geschichten. Der Anrufer traute ihnen Beziehungen zum Chef des Auslandsnachrichtendienstes der Stasi, Markus Wolf, zu – die es auch gab – und hoffte wahrscheinlich, so die (eingebildete) Aktion unterbinden zu können. 

Am 18. Mai 2008 unterhielt sich Jana Simon mit Oma und Opa Wolf in deren Wohnung in Berlin-Pankow. Ein Gespräch mit stark familiärer Prägung. Aber ohne Ausflüge in das weitreichende Gesellschaftsleben ging es natürlich nicht, denn das Ehepaar Wolf blieb auch nach der Wende im Literaturbetrieb aktiv. Und etwas vom Medienzeitalter bekamen sie auch noch mit. Wenn auch nur als Fragesteller: „Gibt es dazu eigentlich eine Anleitung, wie man was macht“, fragte Gerhard Wolf seine Enkelin beim Anblick eines Handys.

Nach mehr als vier Jahren, am 18. Juli 2012, gab es in Woserin das letzte der in diesem Buch aufgenommenen Gespräche. Doch nur zwischen Opa und Enkelin. Oma Christa Wolf war am 1. Dezember 2011 gestorben. Opa und Enkelin reden über Oma. Eine bestimmt gute Trauertherapie. Vor allem auch dann, wenn sie nicht in Larmoyanz versandet. Die zwei unterhielten sich wie über einen Menschen, der durch sein literarisches Werk auch weiter in der Gegenwart verankert ist und es wohl noch eine Weile auch in Zukunft bleiben wird.

Opa Gerhard hingegen bleibt mit seinen Erinnerungen und den damit verbundenen Fragen über Richtig und Falsch in einer Zeit voller Gegensätze. Eine Zeit, in der die Wolfs, besonders Christa, Menschen und Künstler waren, zu denen viele von Selbstzweifel geplagte Zeitgenossen aufblickten. Ob sie sich in jenen Jahren, ja ihr ganzes Leben über in der DDR, immer richtig verhalten haben, wird Opa Gerhard sich in den ihm noch gegönnten Tagen bestimmt öfter fragen. Das hört man aus dem Gespräch mit seiner Enkelin immer wieder heraus. Besonders wenn er von seiner Frau erzählt: „Als sie 1987 den DDR-Nationalpreis verliehen bekam, fragten wir uns, was wir machen sollten. Eigentlich hätten wir den Preis nicht annehmen wollen. Wir sind nicht zum Empfang gegangen und haben das Geld an Leute verteilt, die es brauchten.“

Wer diese Gespräche liest, wird die (leider viel zu oft verhängnisvollen) Auswirkungen von Nationalsozialismus, Kommunismus und Kapitalismus wahrnehmen. Und er wird bei einigermaßen bewahrter Objektivität dankbar sein, in der dritten Ismus-Stufe (oder sogar nur in ihr) leben zu dürfen.

Anton Potche

Montag, 17. Oktober 2016

Muzică de fanfară cu crumpli prăjiți și chifli de sare

La 7 noiembrie 1925 s-a născut la Svatava în Cehoslovacia un băiețandru care știa de mic ce vroia să devină în viață: muzicant. Deja la vârsta de 8 ani a cântat la fligorn într-o fanfară de tineret. Acestea au fost primii pași din cariera de excepție a renumitului Ernst Mosch, etnic german din Cehoslovacia. În anul 1940 tânărul fligornist a început să-și completeze cunoștințele muzicale la școala de muzică din Oelsnitz, landul german Saxonia, învățând să cânte atât la vioară cât și la trombon care urma să devină instrumentul lui preferat. Trei ani mai târziu a fost recrutat de armata germană și a cântat într-o fanfară militară. Totuși nu a scăpat spre sfârșitul războiului de o rănire la un braț. După înfrângeria Germaniei hitleriste etnicii germani din Cehoslovacia au fost expulzați. Ernst Mosch a trecut în acele vremuri tulburate granița spre Germania clandestin și s-a stabilit în Bavaria. Acolo a cântat muzică jazz prin cluburi americane. Pe această filieră a ajuns în anul 1951 în orchestra de dans a radiodifuziunii din Stuttgart, condusă de renumitul dirijor Erwin Lehn. Împreună cu colegi din acest big band Ernst Mosch a început să cânte și muzică de fanfară, cum o învățase pe meleagurile natale, regiunea boemă Egerland. La 21 aprilie 1956 radiodifuziunea din Stuttgart a transmis pentru prima oară piese cântate de această fanfară. Era ora de naștere a formației Die Egerländer Musikanten (Muzicanții din landul Eger). Egerland este de fapt regiunea Chebsko în jurul orașului Cheb, în germană Eger. Această formație urma să devină fanfara cu cel mai mare succes din lume. Nenumărate concerte, înregistrări de casete, discuri și emisiuni de televiziune, ca și numărul mare de dinstincții sunt expresia unei cariere muzicale de excepție.

În anii 80 și 90 ai secolului trecut mulți dintre muzicienii lui Mosch, care l-au urmat de la început și au făcut posibil acest succes prin talentul și mai ales simțul lor pentru muzica boemă, s-au retras din motive de bătrânețe, făcând necesară integrarea de suflători noi, tineri, dar cu aceeași înțelegere pentru muzica prestată în acest stil. Vorbim de un timbru de fanfară foarte moale, în unele registre chiar fraged și foarte melodios. Numai trompetele sună din când în când foarte ascuțite, chiar agresive. Printre muzicienii noii generații, vorbim numai de muzicieni profesioniști, s-au numărat și șvabi bănățeni stabiliți în Germania.


Hans Kaszner
Primul a fost Johann Kaszner (născ. 1955) din Giarmata. El și-a început activitatea în acest ansamblu de suflători în anul 1987, cântând la basfligorn. Astăzi cântă la trombon, instrument pe care l-a studiat la Liceul de Muzică Ion Vidu din Timișoara și la Conservatorul Gheorghe Dima din Cluj. Pe site-ul fanfarei Die Egerländer Musikanten este consemnat și în calitate de cântăreț.
Helmut Kassner

Trei ani mai târziu i-a urmat fratele său, Helmut Kassner (născ. 1960 – cu adaptarea numelui la ortografia germană), și el fost elev la liceul de muzică din Timișoara și un timp scurt student la conservatorul din Cluj. Fiul cunoscutului capelmaistru giarmatean Johann Kaszner (1927 - 2008) cântă la fligorn și trompetă.


Franz Tröster
Al doilea muzician din Banat la această formație de suflători a fost Franz Tröster (născ. 1962) care și-a petrecut copilăria în cartierul timișorean Mehala. Și el a fost elev și student de muzică la Timișoara respectiv Cluj. Fligornul și trompeta sunt instrumentele la care a cântat începând cu anul 1988 sub bageta lui Ernst Mosch.
Oswald Windrich

Un al treilea muzician din Giarmata la Die Egerländer Musikanten acompaniază din 1995 la registrul de tubă bogatul repertoriu de melodii al acestei fanfare de excepție. Este vorba despre Oswald Windrich (născ. 1966). E aproape de prisos să amintim că și el și-a primit fundamentul muzical la liceul amintit din Timișoara. 

Ernst Hutter

Cu doi ani înaintea lui Johann Kaszner venise deja un alt tânăr basfligornist în formația lui Ernst Mosch. Se numește Ernst Hutter (născ. 1958), un muzician cu calități remarcabile de instrumentist, dirijor, manager cultural, aranjor și compozitor. Și – nu vă mirați – acest muzician nu are origini bănățene, ci vine din sudul Germaniei. El avea să devină în anul 1999, după moartea lui Ernst Mosch, dirijorul fanfarei Die Egerländer Musikanten, post pe care îl întruchipează cu mare succes și astăzi. Spre deosebire de predecesorul său, Ernst Hutter nu se mulțumește cu dirijatul, ci preia de multe ori și sarcini solistice, și asta chiar la mai multe instrumente: basfligorn, trombon și marchingbone (un hibrid dintre basfligorn și trompetă).

Katharina Praher
& Nick Loris
Contribuțiile muzicale ale unor muzicieni bănățeni la reușita artistică a probabil celei mai cunoscute fanfare din lume nu se oprește însă cu venirea lui Hutter la pupitrul formației. Multe piese din repertoriul fanfarei sunt și cântate vocal, de obicei în duet. Unul dintre cântăreți a fost de cele mai multe ori Ernst Mosch însuși. Acum duetul vocal se compune din Katharina Praher și Nick Loris. Și – miră-se cine vrea – Nick Loris s-a născut în anul 1968 în comuna timișeană Giarmata. A intrat de fapt ca trompetist, școlit și el la liceul de muzică din metropola bănățeană, în orchestra Die Egerländer Musikanten. Timbrul vocii sale și auzul corespunzător ca și potrivirea celor două voci, l-au determinat însă să se decidă pentru voce în detrimentul instrumentului, așa că din 2002 duetul Praher & Loris este o componentă fixă a fanfarei. 

Anton Hollich
fotografii: https://www.die-egerlaender.de/
Cine crede însă că astfel se încheie o frumoasă simbioză germană-bănățeană se înșeală. Un an după venirea lui Nick Loris și-a pus pentru prima oară și profesorul Anton Hollich deosebitele calități de clarinetist în slujba orchestrei lui Ernst Hutter. (În Germania „profesor“ este un titlu și nu o meserie ca în România.) Hollich (născ. 1960) este originar din Vladimirescu, jud. Arad. În satul natal a cântat la acordeon și basfligorn. Abia la vârsta de 14 ani a descoperit farmecul clarinetului. Studiile pentru meseria de muzician le-a absolvit la München. Unde însă s-a infectat cu virusul muzicii de fanfară în stil boem nu mai trebuie elucidat. Este satul (pe atunci) șvăbesc Glogowatz / Vladimirescu unde tatăl său era șeful unei fanfare.

Siegfried Jung
fotografie: arhivă Delagiarmata
Un timp a cântat la Die Egerländer Musikanten și Siegfried Jung, născut în anul 1979 la – ghiciți! ... Giarmata. (Părinții lui au emigrat în Germania când avea doar câteva luni.) El a părăsit între timp orchestra de suflători, dedicându-se mai mult activității solistice la tubă în domeniul muzicii clasice. În această postură a concertat deja cu mai multe orchestre sinfonice din România la București, Timișoara, Târgu Mureș și Bacău. 

Dumunica trecută renumitul ansamblu de suflători Die Egerländer Musikanten a concertat în sala festivă a teatrului orășenesc din Ingolstadt. Spectatorii (în jur de 1000) au asistat la un spectacol muzical de cea mai aleasă calitate. Nu vreau să fiu rău, dar cred că am auzit în cele trei ore de concert într-adevăr un fel de ton dizonant. Precizes: nu sunt sigur. În rest o muzică de fanfară în stil boem de cea mai mare calitate posibilă: intonație perfectă, frazări de o frumusețe rară, o virtuozitate instrumentală (la toate instrumentele) demnă de invidiat și o interpretare vocală fără cusuri.

Și chiar mai mult. Orchestra a înterpretat și două piese, compuse de cei doi giarmateni Helmut Kassner și Nick Loris. Se pare că influența artistică a muzicienilor din Banat are impercusiuni mai însemnate chiar și în repertoriul mai larg al fanfarei. Pe lângă faptul că există înregistrări și cu compoziții de Johann Kaszner sunt cunoscute și interpretări ale unor piese de compozitori român, ca de exemplu Hora staccato de Grigoraș Dinicu (solist la clarinet Anton Hollich) și un marsch de Dumitru Eremia.

Dar ce implicații au avut „crumplii prăjiți și chiflii de sare“ în acest concert? Foarte simplu. Moderatorul concertului, Edi Graf (din anul 2003), a scris o carte cu rețetele de mâncăruri preferate ale muzicienilor. Și Helmut Kassner a fost cel care și-a dorit într-un șbăbește corect „gepritschelte Krumper un Salzkipple“ adică (sper oarecum corect în dialectul bănățean românesc) „crumplii prăjiți și chiflii de sare“. Cel târziu în acel moment s-a simțit prin ropotele de aplauze prezența masivă a șvabilor bănățeni emigrați și stabiliți la Ingolstadt și regiunea împrejurată.

S-ar putea să mai apară dorințe după o astfel de seară muzicală reușită? Dar de ce nu? Cred că această orchestră de suflători cu muzica sa specială – în acest concert 4 fligornuri, o trompetă, 2 bași, 3 tromboane, un clarinet mi bemol, 3 clarinete si bemol, o percuție, 2 basfligornuri și 2 baritoane – ar face o figură foarte bună pe orice scenă sinfonică din România. Să nu uităm că vorbim de singura fanfară din lume care a concertat vreodată pe scena de la Carnegie Hall din New York. 
Anton Delagiarmata

Montag, 10. Oktober 2016

Vom Müller-Interview zum Müller-Orchesterleiter

Dieser Titel hat auch anders herum einen Sinn: also vom Müller-Orchesterleiter zum Müller-Interview. Chronologisch wäre er sogar so richtig. Als Anstoß zu den hier festgehaltenen Gedanken behält der Titel aber seine Berechtigung. Und das wiederum ergab sich wie folgt.

Die BILD AM SONNTAG vom 11. September 2016 brachte ein Interview mit VW-Chef Mathias Müller. Er erzählt darin frisch und angenehm undiplomatisch von den VW-Problemen und auch seinen ganz persönlichen Implikationen in diese schier unüberschaubare Konzernwelt. Es ging um Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Auto-Imperiums. Und bei der Zukunft kam das Gespräch natürlich auch auf neue Verkehrskonzepte, die weit über das Kerngeschäft hinausreichen. Tja, man kann sich heute ganz vernünftig auch ohne einen eigenen Pkw fortbewegen. Erst kürzlich habe er seiner 86-jährigen Mutter den Schlüssel von ihrem Audi A3 der ersten Generation weggenommen, erzählte Müller den Journalisten. Sicher ist halt sicher.

Ich las nicht weiter, zumindest für ein paar Minuten. Es war angenehm kühl in dem alten Gemäuer der Ingolstädter Stadtbibliothek und an diesem Tag sogar ruhig, ohne kommunikationsbedürftige und etwas schwerhörige Rentner oder wuselige Kinder. Ich nahm einen Schluck aus meiner Kaffeetasse und schloss für kurze Zeit die Augen. Ausreichend, um an einen Wintertag des eben angebrochenen Jahres 1985 zurückzukehren.

Ich war vor wenigen Tagen als Staatenloser in Ingolstadt gelandet, hatte weder Personalausweis, noch einen deutschen Pass und auch noch keinen Aussiedlerausweis. Ein staatsbürgerlicher Niemand. Ich war noch dabei, die Stadt zu erkunden, als ich mit meinem Schwager Sepp, der schon seit drei Jahren in Ingolstadt lebte, die Empfangshalle des Hauptbahnhofs betrat. Da spielte eine Blaskapelle zu einem mir nicht mehr bekannten Ereignis auf. Blasmusik. Gediegen. Märsche, Walzer, Polkas. Wie zu Hause im Banat. (Dort war ich gedanklich nämlich noch eine ganze Weile nach meiner Aussiedlung „zuhause“.) Ich lauschte und es war plötzlich um mich geschehen, obwohl ich im Banat schon mehr als zwei Jahre keine Blasmusik mehr gespielt hatte. Das sei die Audi-Kapelle, erfuhr ich von meinem Schwager.

Irgendwann brach der Mut durch und ich ging zum Dirigenten, ein älterer Herr, und fragte ihn, ob sie noch einen Bariton-Bläser gebrauchen könnten. Er wäre fürs Personal nicht zuständig, sagte er mir, ich solle mich an den organisatorischen Leiter wenden, „dort hinten, der mit dem großen Bass“. Also keine Abweisung. Das war für mich schon mal nicht entmutigend. Nach einem weiteren Stück ging ich zu dem Mann „mit dem großen Bass“ und fragte ihn nach einer Aufnahme in die Kapelle. Er stellte mir einige Fragen und schaute etwas ratlos drein, als er erfuhr, dass er einen Menschen vor sich hatte, der außer einem in Nürnberg erhaltenen Registrierschein kein Ausweisdokument besaß. Ich wollte mich schon für die Störung entschuldigen und mich unverrichteter Sache zurückziehen, als er mir, für mich sehr überraschend, eine Visitenkarte gab und sagte, ich solle mich bei ihm melden, wenn ich einen Ausweis und ein Bariton habe. Ich erinnere mich ziemlich genau was auf der Karte stand: "Audi. Siegfried Müller, Leiter Materialwirtschaft und Transport." Und natürlich eine oder zwei Telefonnummern. Es dauerte dann noch eine Weile, bis ich alles zusammenhatte und mich traute anzurufen. Ich arbeitete sogar schon in der Firma Schubert & Salzer und spielte in der dortigen Werkskapelle. (Das Arbeitsamt hatte mir die Stelle vermittelt.) Als ich nach einigen vergeblichen Versuchen Herrn Müller endlich am Telefon erreichte und ihm erzählte, dass ich nun ein Ingolstädter mit allen Papieren in Ordnung und einem Bariton sei, sagte er mir, ich solle mich gedulden, ich werde von ihm hören. Der Mann wusste natürlich mehr als ich. Nur wenige Wochen nach diesem Gespräch wurde ich zusammen mit anderen Kollegen von Schubert & Salzer in’s Personalbüro gerufen, wo man uns gefragt hat, ob wir gewillt wären, zu Audi zu wechseln, da man dort die Mechanische Abteilung ausbaue und Schubert & Salzer auf dem Weg in eine Absatzkrise sei. Ich zögerte keinen Augenblick. Auf meinen folgenden Anruf bei Herr Müller hieß es ganz lapidar: „Kommen Sie am Montag um 17:00 Uhr in die Probe.“ Und ich war Mitglied im Audi-Werkorchester.

Es war auch hier wie so oft im Leben: Du musst nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Oder einfacher: Du brauchst Glück im Leben. Das Orchester befand sich in einer Erweiterungsphase. Aus der seit den 1960er Jahren bestehenden Werkskapelle sollte ein Werkorchester mit größerer Besetzung und anspruchsvollerem Programm werde. Hinter diesem Vorhaben stand vor allem Siegfried Müller, ein Sachse aus Zwickau. (Vielleicht liegt gerade in dieser ethnischen Zugehörigkeit die Erklärung dafür, dass er mich damals in der Bahnhofshalle nicht gleich mit meinem Anliegen abwies.)

Ich habe Siegfried Müller, als geradlinigen, leicht mürrischen, aber nie humorlosen oder gar unfreundlichen Mensch in Erinnerung. Ein Manager mit Durchsetzungskraft und behaltener Bodenhaftung und für sein Steckenpferd, das Audi-Werkorchester, immer zu Opfern bereit. Die Werkszeitung AUDI-MOBIL schrieb in ihrer Juni-Ausgabe 1991: „1962 begannen 22 Idealisten bei Audi, sich zu einem Orchester zu formieren. Mittlerweile zählt das Audi-Werkorchester 62 Mitglieder und gilt anerkanntermaßen als Spitzenorchester für konzertante Blasmusik. Die enorme Leistungssteigerung der musizierenden Audi-Mitarbeiter ist vor allem auf die Verpflichtung des Dirigenten Bernd Maltry zurückzuführen, sagt Orchesterleiter Siegfried Müller, der 1986 den Celibidache-Schüler verpflichtet hat.“

Siegfried Müller (1922 – 2004) war ein Audi-Urgestein im wahrsten Sinne des Wortes. In seiner Heimat Sachsen war er Motorrad-Rennleiter der zur Auto-Union gehörenden Marke DKW und später technischer Kommissar der Rennstrecke Sachsenring in Hohenstein-Ernstthal. 1955 flüchtete er aus der DDR und ließ sich in Ingolstadt nieder. Seine Familie folgte ein Jahr später. Dazu gehörte auch der 1953 in Limbach-Oberfrohna geborene Mathias.

Siegfried Müller hat nicht nur im Audi-Werk spuren hinterlassen, sondern vor allem auch in der Stadt und seinem Umland. Die auf sein Engagement zurückgehenden Wohltätigkeitskonzerte des damaligen Audi-Werkorchesters, in dem er die Tuba blies, heute die Audi-Bläserphilharmonie, haben in Ingolstadt längst Traditionsstatus erlangt. In einer Konzertbesprechung anlässlich des 25-jährigen Jubiläumskonzerts des Orchesters schrieb der DONAUKURIER am 18. September 1987: „Eine besondere Ehrung erfuhren Bernd Maltry, Dirigent seit 1985 und verantwortlich für den musikalischen Neuaufbau, und ‚die gute Seele des Orchesters‘, Siegfried Müller, seit 25 Jahren Orchesterleiter.“

Foto aus dem Archiv Potche
Diese „gute Seele“ war wahrscheinlich dann auch der Auslöser dafür, dass der in Bayern heimisch gewordene Sachse gleich nach dem Fall der Mauer in seine alte Heimat zurückkehrte und dabei „sein“ Audi-Werkorchester gleich auf eine mehrtägige Konzertreise mitnahm. Dass die Konzerteinnahmen für wohltätige Zwecke damals in Sachsen blieben, war eine Selbstverständlichkeit. (Das Foto zeigt Gottlieb Strobl, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der AUDI NSU AUTO UNION AG, bei der Übergabe eines Schecks für eine Hilfseinrichtung in Karl-Marx-Stadt, heute Chemnitz, am 1. April 1990. Da war die Mauer überwunden, aber die politische Einheit der DDR und BRD noch nicht vollzogen.)

Sigi Müller, wie wir Orchestermitglieder ihn nannten, hat längst das Zeitliche gesegnet und auch Bernd Maltry ist seinem Mentor ins Jenseits gefolgt. Viele der damaligen Orchestermitglieder haben das Orchester aus Altersgründen verlassen. Geblieben ist das Werk des Gründungsmitglieds Siegfried Müller: eine auf hohem künstlerischem Niveau musizierende Audi-Bläserphilharmonie (Dirigent: Christian Lombardi, organisatorischer Leiter: Günter Graf) und eine Spendentradition, der nach wie vor alle Hochachtung gebührt. Das nächste Wohltätigkeitskonzert ist schon in Vorbereitung und geht am 28.Oktober im Festsaal des Stadttheaters Ingolstadt über die Bühne. Als Solist wirkt der russische Trompeter Sergei Nakariakov mit.

Tubist Sigi Müller (links hinten) 
und "sein" Orchester 
Foto aus dem Archiv Potche
Ach ja, zurückgeblieben ist auch Frau Müller - ohne ihren geliebten Audi A3 - und ihr Sohn Mathias Müller, der die schier unlösbare Aufgabe übernommen hat, den VW-Konzern mit der Audi AG und dem Steckenpferd seines Vaters wieder in ruhigeres Fahrwasser zu steuern. Möge ihm dabei viel Glück beschieden sein! Siegfried Müller lenkte die Geschicke von 60 Amateurmusikern. Mathias Müller steuert einen Weltkonzern mit 600.000 Mitarbeitern. Sigi Müller wäre auf diese zehntausendmalige Steigerung bestimmt sehr stolz gewesen.  

Ich öffnete die Augen. Mein Kaffee war noch warm. Die Zeit von 1985 bis 2016 war nur ein Augenblick. Vielleicht dauerte er sogar etwas länger, zwei oder drei Minuten. Auf jeden Fall ist in dieser Zeit eine Menge passiert.

Anton Potche

Freitag, 7. Oktober 2016

kunstfreiheit

pamphlepigramm




von unten nach oben
majestätsbeleidigung
von oben nach unten
macht’s plumps

um das verstehen
zu können
musst auf den kopf
dich stellen

ingolstadt, 2016
anton potche

Mittwoch, 5. Oktober 2016

Ein nicht geplantes Kunstintermezzo

Arbeit von Sieglinde Bottesch
Foto: Anton Potche
Eigentlich wollte ich nur endlich mal diese farbige Katze fotografieren, von deren Existenz ich schon vor etwa fünf Jahren in einer Zeitschrift gelesen hatte. Dafür musste ich ins Ingolstädter Nordwest-Viertel, ein Stadtteil, in dem mehr als 20.000 Menschen leben, wovon ca. 70 Prozent einen Migrationshintergrund haben. Bei mindestens 30 Nationalitäten ist es nur normal von einem Multi-Kulti-Viertel zu sprechen. Dort lebt auch die aus Siebenbürgen gekommene Künstlerin Sieglinde Bottesch. Sie ist seit vielen Jahren Mitglied im Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberbayern Nord & Ingolstadt e. V.  Und sie hat ihren Stadtteil mit bunten Tiertupfern bereichert. Leider fand ich die gesuchte Katze nicht. Dafür aber einen bunten Schmetterling, einen stolzen Hahn und ein graziös dahinschreitendes Ross. Und schon hat ein sprühwütiger Schmutzfink dem Pferd einen schwarzen Fleck verpasst - zum Glück nur auf einer Seite. Das ist leider das Schicksal vieler Kunstarbeiten im öffentlichen Raum. Einige Fotos und schon ging es wieder heimwärts an diesem Samstagnachmittag. (Und irgendwann werde ich auch diese Katze finden, falls sie noch irgendwo in dem großflächigen Hochhausviertel steht.)

Und dieser Weg führte an der Städtischen Galerie in der Harderbastei vorbei. Auch dort hängen zurzeit Werke von Kolleginnen und Kollegen der längst etablierten Zeichnerin, Malerin, Grafikerin, Objekt- und Installationskünstlerin Sieglinde Bottesch. Unter dem Titel Die Neuen stellen „neu aufgenommene Mitglieder des BBK Obb. Nord & Ingolstadt e.V.“ einige ihrer Werke aus. Ein wenig frustriert ob der ergebnislosen Suche nach einer bunten Katze spürte ich das Bedürfnis nach einem Ausgleich und trat ein. Dem Besucher wird eine reiche und interessante Palette an Stilrichtungen und verwendeten Materialien dargeboten: Tusche und Kohle auf Papier, Öl auf Leinwand, Acrylglas, Acryl auf Karton, Fotografie Fine-Art-Pigmentdruck kaschiert auf Alu Dibond, Öl auf Korkplatte, Acryllack und UV Farbe auf Holz, Tuschzeichnung auf Papier, Öl/Baumwolle, Beton/Alu/Holz und die Mischung Acryl/Öl/Ölkreide auf Leinwand. Diese Vielfalt verdanken wir einer (zumindest von ihrer Abstammung her) ebenso unterschiedlichen Künstlerschar: Dorina Csiszár (geb. in Ungarn), Radmilla Curcic (Zrenjanin / Serbien), Annette Glück (Passau), Imre Hasanic (Palic / Jugoslawien), Johannes Hauser (Augsburg), Dieter Jungwirth (Ingolstadt), Agnes Krumwiede (Neuburg an der Donau), Aleksandra Lung (Apatin / Serbien), Stefan Pautze (Radebeul), Sonja Reuthlinger (Ihrlerstein), Bodo Rott (Ingolstadt), Jürgen Schulze (Würzburg), Stefan Wanzl-Lawrence (Neuburg an der Donau) sowie Leonore Weiss (Neumarkt St. Veit). 

Acrylglas von Serio Digitalino
Foto: Anton Potche
Gleich beim Eintritt in den langgezogenen Galerieraum viel mir eine kleine Skulptur aus Glas auf. Wie wehender Stoff kam mir das blaue Acrylglas auf den ersten Blick vor. (Die Ausstellungsobjekte sind alle nicht betitelt.) Filigrane Vollkommenheit. Ein älterer Herr (also zumindest älter als meine Wenigkeit) war gleich hinter mir in das Gewölbe gekommen und stand jetzt schon im Begriff, es wieder zu verlassen. Dann nahm er sich doch noch ein wenig Zeit, um dem netten Herrn mit dem Hut, der an diesem Nachmittag die Aufsicht übernommen hatte, zu erklären, dass er mit den hier ausgestellten Arbeiten nicht allzu viel anfangen könne – wohlgemerkt: ich stand noch immer an der Glasskulptur -, er wäre ein Fan der Malerei aus dem 18. und 19. Jahrhundert. „Porträtmaler. Das waren noch echte Künstler. Die haben Bilder gemalt wie fotografiert.“ Was der Porträtfan und auch ich nicht wussten, war, dass der freundliche Herr mit Hut, Brille und grauem Ziegenbart der Schöpfer des blauen Kunstwerkes war, vor dem ich noch immer stand.

Serio Digitalino, 1956 in Matera (Basilicata) in Süditalien geboren und heute in Wolfersdorf lebend, hörte dem kunstbeflissenen Herrn geduldig zu und sagte dann etwas von Geschmack und Kunstepochen. Ich hatte längst meinen Fotoapparat aus der Tasche genommen und war langsam in die Tiefe des Ausstellungsraums gegangen. An dessen Ende waren weitere Arbeiten von Serio Digitalino ausgestellt. Ich hatte gefragt, ob ich fotografieren dürfe und eine freundliches „Ja, natürlich“ erhalten. Als ich dann mein Intermezzo mit der Ingolstädter Kunstszene beenden wollte, hatte sich eine Kollegin zu Serio Digitalino gesellt, und der wollte dann plötzlich von mir wissen, was ich mit den Fotos, die ich gemacht hatte, vorhabe. Wir leben in einer Zeit des allgegenwärtigen tiefen Misstrauens. Ich wäre Blogger, sagte ich ihm, und würde diese Bilder erst mal speichern und irgendwann, vielleicht nach Jahren, als Bebilderung meiner Startseite (Mit dem Fotoapparat unterwegs) benutzen. Wo man den Blog sehen könne, setzte er nach, höflich aber bestimmt. Diese Information gab ich ihm gerne. Er zog sein Handy, googelte meinen Blog und versicherte mir, er werde zu Hause auf dem größeren Computerbildschirm noch einmal nachschauen. 

Acrylglas von Serio Digitalino
Foto: Anton Potche
Ich hoffe doch sehr, das war nicht als Drohung gemeint. Mit dieser Zuversicht habe ich mich entschlossen, diese Begegnung mit der Kunst Serio Digitalinos und seiner Kolleginnen und Kollegen auch in Worte zu fassen. Und natürlich soll dabei ein virtueller Besuch bei dem höflichen Künstler Serio Digitalino nicht versäumt werden. Er wird sich bestimmt über jeden seiner der Kunst zugetanen und (wie im Gespräch mit dem Porträtbewunderer gesehen) kunstbeflissenen Besucher freuen. Seine Kunst ist auf jeden Fall einen Besuch  wert.

Die Gemeinschaftsausstellung in der Ingolstädter Harderbastei ist noch bis zum 9. Oktober 2016 zu sehen. Für Samstag, 8. Oktober, 19:00 Uhr ist eine Finissage vorgesehen.
Anton Potche