Montag, 9. Oktober 2017

Wurde „Geschenkt“ verfilmt?

Daniel Glattauer: Geschenkt; Deuticke Verlag Wien, 2014; 336 Seiten, fester Einband; ISBN 978-3-552-06257-3;19,90 Euro;  ePUB: ISBN 978-3-552-06271-9; 15,99 Euro;  (bei Amazon gibt es das Buch zu verschiedenen Preisen)

Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. So weiß es der Volksmund. Das hat den dreiundvierzig Jahre alten und dem Alkohohl nicht abgeneigten Journalisten Gerold Plassek aber nicht davon abgehalten, nach anfänglicher Gleichgültigkeit nach einem mysteriösen Geldspender zu suchen. Wer nun erwartet, hier etwas über einen spannenden Krimi zu erfahren, den muss ich enttäuschen.

Nein, keine Kriminalgeschichte, dafür aber ein von allen Gesichtspunkten unterhaltsamer, fesselnder und auch informativer (man weiß ja nie so recht, wie viel Realität in einer Fiktion steckt – oder umgekehrt) Roman, der im Wiener Pressemilieu angesiedelt ist und so manchen Einblick in soziale Randgruppen der österreichischen Gesellschaft gewährt.

So schreibt man also Bestseller. Wie Daniel Glattauer es mit Geschenkt lehrbuchmäßig vormacht. Man findet eine wahre Begebenheit – hier eine Geschichte, die sich 2011 in Braunschweig zugetragen hat - und stellt auf ihr mit Hilfe eigener Lebens- und Berufserfahrungen das Gerüst eines Romans auf. Dann baut man mit einer vor zum Schmunzeln anregenden Wortspielen („Es ist eben nicht immer alles so, wie es aussieht, selbst wenn es verdammt danach aussieht.“) und Sprachvariationen („Schon der Gedanke an einen Gedanken daran war denkunmöglich.“) nur so strotzenden Sprache am Romanhaus, und zwar so lange, bis man einfach den Spaß an der Arbeit verliert. Ob mit oder ohne Dach scheint Daniel Glattauer zumindest bei diesem Romanbau nicht interessiert zu haben.

Geschenkt ist unfertig. Er, der Romancier, hört irgendwann auf zu erzählen, ohne nur einen einzigen der vielen Handlungsstränge fertig zu flechten, geschweige denn sie zu verknoten. Er könnte eigentlich sofort einen Fortsetzungsroman anhängen. Mit einem so liebenswürdigen Chaoten wie diesem Gerold, genannt Geri, der lange gar nicht wusste, dass er neben einer Tochter aus einer geschiedenen Ehe auch noch einen Sohn aus einer anderen geschiedenen Ehe hatte, würde das bestimmt gelingen.

Was dem Leser von Geschenkt nicht oder nur sehr schwer gelingen wird, ist eine dezidierte Parteinahme. Eine Differenzierung in Gut und Böse ist nicht möglich. Wenngleich die Protagonisten des Romans aus ganz verschiedenen Gesellschaftsschichten kommen. „Zoltans Bar in der Schlachtgasse, die quasi“ Geris „verlängertes Wohnzimmer war, was zugegebenermaßen kein gutes Licht auf [seine] Wohnverhältnisse warf“, kann man sich leicht im Erdgeschoss eines Hauses vorstellen, ebenso wie man „diese Teufelspraxis in der Margaretenstraße“, wo die ledige Zahnärztin „mit den blonden kurzen Haaren und dem entzückenden […] Achzig-Grad-Übergang von der entzückenden Kinnkante zum entzückenden Halsansatz“ praktizierte, problemlos in einem lichtdurchfluteten Obergeschoss vermuten darf.

Vorstellen kann man sich bei dieser Glattauer-Schöpfung viel. Auch, dass der bisher über 100.000 Mal verkaufte Roman ein Kinoerfolg wird. Der für Das finstere Tal hoch gelobte Regisseur Andreas Prochaska hat sich angeblich der Verfilmung von Geschenkt angenommen, schrieb der DONAUKURIER am 17. September 2015. Das könnte auch ein Grund sein, mal wieder ins Kino zu gehen - falls es den Film gibt. Näheres dazu konnte ich leider nicht ausfindig machen. Seine Existenz scheint so rätselhaft wie der anonyme Spender in Geschenkt zu sein.

Anton Potche

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