Freitag, 3. Februar 2012

Die Illuminaten an ihrer Gründungsstätte

Weishaupt lernte im Jahre 1770 einen Mann mit Namen Rothschild kennen, dessen Name und Familie noch heute fest mit den Illuminaten verbunden ist. Der Clan der Familie Rothschild ist als einflussreiche Bankiersfamilie die Geldquelle der Illuminaten gewesen. Durch Bestechung und Unterwanderung der höchsten Posten in Wirtschaft, Politik und Kirche haben sie das Weltgeschehen gelenkt und seit der Gründung der Illuminaten fast jeden Krieg, jede Revolte und jede Machtübernahme in der Welt auf die eine oder andere Art finanziell unterstützt. Die Schlacht bei Waterloo und auch der Erste und der Zweite Weltkrieg stehen mit der Bankiersfamilie in direktem Zusammenhang was die Finanzierung betrifft. (www.illuminaten.org)

Das ist nur eine der vielen Verschwörungstheorien, die um den Orden der Illuminaten kursieren. Wen wundert’s?

„Durch mich lernen blinde sehen“, heißt es auf einer ihrer Ordensmedaillen. Diesen Leitspruch könnte die Museumsführerin des Stadtmuseums Ingolstadt durchaus für sich in Anspruch nehmen. Denn was die Illuminaten der Nachwelt überlassen haben, macht einem Geheimbund alle Ehre - nämlich reichlich wenig. Umso hilfreicher ist daher eine fachkundige Führung durch die Ausstellung Das Geheimnis der Illuminaten in Ingolstadt. Ohne sie, die Führung, bliebe man wirklich blind, es sei denn, man nähme sich die nötige Zeit, um alle Informationstafeln zu diesem Thema durchzulesen.

Der Weg zu den Illuminaten führt über die Jesuiten. 1549 kamen drei Ordensmänner nach Ingolstadt. Damals hatte die kleine Stadt an der Donau schon eine Universität. Nur sechs Jahre später waren sie die führenden Kräfte in der Hohen Schule. Vor allem Petrus Canisius (1521 - 1597) gebührt hierfür die Anerkennung.

Knapp 200 Jahre nach dem Eintreffen der ersten Jesuiten in Ingolstadt begann ihre Dominanz an der Universität zu schwinden. Bisher leiteten sie drei von vier Fakultäten: Philosophie, Jurisprudenz und kanonisches Recht. Nur die Medizin war einem Nichtjesuiten anvertraut. Ab 1746 hieß der Direktor der Universität Ingolstadt – Vorläufer der berühmten Ludwig Maximilian-Universität in München – Johann Adam Ickstatt (1702 – 1776). Und den Jesuiten verblieb ab sofort nur mehr die Lehre des kanonischen Rechts.

In Ickstatts Gefolge kam auch Johann Georg Weishaupt (1717 - 1753), Professor der kaiserlichen Institutionen und des Kriminalrechts, nach Ingolstadt. Am 6. Februar 1748 erblickte hier sein Sohn Johann Adam Weishaupt das Licht der Welt. Taufpate dieses Knaben war kein Geringerer als Johann Adam Ickstatt, der zweitmächtigste Mann der Universität Ingolstadt. Nur der Rektor stand über dem Direktor.

Und dieser heranwachsende Knabe, früh vaterlos geworden, hatte so seine Schwierigkeiten mit den Lehrmethoden der Jesuiten, die selbst sein aufgeklärter Pate nicht von heute auf morgen aus der Welt schaffen konnte. Aber er lernte, und weil die Wirkung des Vitamin B wahrscheinlich schon damals wie heute bekannt war (Originalton Ausstellungsführerin), promovierte Weishaupt schon im zarten Alter von 20 Jahren zum Doktor der Philosophie. Dann ging es schnell auf der Karriereleiter nach oben: 1772 außerordentlicher Professor der Rechte und ein Jahr später ordentlicher Professor für Kirchenrecht. Wir schreiben das Jahr 1773, in dem Papst Clemens XIV. auf internationalen Druck den Jesuitenorden aufgehoben hatte.

Der Sieg über die Lehrmethoden der Jesuiten sollte aber für den umtriebigen jungen Professor an der Ingolstädter Universität nicht das Ende, sondern erst der Anfang einer ereignisreichen Wegstrecke sein. Am 1. Mai 1776 gründete er mit fünf Gesinnungsgenossen den Bund der Perfektibilisten, auch Bienenorden genannt und später als Illuminatenorden in die Geschichte eingegangen. Was am Anfang nach Hirngespinsten junger Intellektueller aussah, nahm nach dem Eintritt des Freiherrn Adolf von Knigge (1752 – 1796) in den Orden ernste, ja aus absolutistischer Sicht sogar staatsfeindliche Züge an. Dabei wollten diese Weltverbesserer nicht mehr als Freiheit, Gleichheit sowie das Ende geistiger Bevormundung. Und das alles durch Bildung.

Aus heutiger Sicht klingt das harmlos, sind das doch längst normale Errungenschaften unserer Demokratie. Zu Zeiten eines absolutistischen Herrschers á la Kurfürst Karl Theodor (1777 – 1799) war das aber keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Ein denkendes Volk war und bleibt für jedes absolutistische Staatssystem ein rotes Tuch. Und die Illuminaten haben ihre Forderung nicht nur für Ihresgleichen aufgestellt sondern für die gesamte Gesellschaft.

Merkwürdig kommt es dem Betrachter aber vor, wenn er das Innenleben dieses bis zu 2500 Mitglieder erreichenden Ordens betrachtet. Das angestrebte Gutmenschen-Image führte zu obskur anmutenden Aufnahmeverfahren. Und die bis heute erhaltenen Bewerbungsschreiben sprechen von der Selbstentblößung der Mitglieder.

Das Ordensmitglied Campanella, das war Graf Stollberg-Rossia, schrieb in seiner Bewerbung: „Meinen eigenen Charakter überlasse ich anderen zu schildern – Ich liebe meine Kinder zärtlich – sorge als Vater und Christ für ihre Erziehung – hasse Dummheit und Bosheit – wünsche Aufklärung und Gutes zu verbreiten – will alles, was in meinen Kräften stehet, dazu beitragen – habe meine Fehler und meine Tugenden.“ Das klingt hochanständig im Vergleich zu einem Bewerber der von der Ausstellungsführerin mit der Familieninterna zitiert wurde: „Mein Vater ist ein liederlicher Mann.“

Im Jahre 1784 war der Spuck, von dem das gemeine Volk wohl kaum etwas mitbekommen hatte, vorbei. Der Orden wurde verboten, bevor er an den Grundfesten der absolutistischen Herrschaft in München rütteln konnte. Johann Adam Weishaupt (1748 - 1830) musste Ingolstadt verlassen.

Eintrittskarte Stadtmuseum IN
Man sollte sich diese Ausstellung nicht entgehen lassen – aber bitte mit Führung. Die 7 Euro sind es wert. Die Führung ist informativ und unterhaltsam zugleich, auch wenn dabei so mancher Liebhaber gänsehautträchtiger Verschwörungstheorien einen Ernüchterungsprozess erleben dürfte. Die Illuminaten aus Dan Browns Film Illuminati sind eben nur Dichtung. Die dünne Wahrheit ist zurzeit in der wahren Heimat der Illuminaten zu besichtigen. Und an dieser Wahrheit wird wahrlich heute noch gearbeitet. Erst vor wenigen Wochen ist eine Originalliste mit Mitgliedern des Ordens aufgetaucht. Irgendwie scheint die Welt nichts zu verlieren.
Anton Potche

Ausstellung: Das Geheimnis der Illuminaten in Ingolstadt; 14.09.2011 – 30.03.2012; Stadtmuseum Ingolstadt, Auf der Schanz 45, 85049 Ingolstadt; Öffnungszeiten: Di-Fr 9-17 Uhr, Sa/So 10-17 Uhr, Mo geschlossen. www.ingolstadt.de/stadtmuseum

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