Sonntag, 8. August 2010

Ein Museum für den Fluss

Ein Museum für den Fluss soll im Ingolstädter Kavalier Dallwigk entstehen, ein Donaumuseum. Damit will der Mensch dem Strom seine Reverenz erweisen. Eine schöne, von Demut geprägte Sache, besonders wenn man bedenkt, wie einige Menschen, vorwiegend solche mit Machtbefugnissen, heute mit der Natur umspringen. Da werden Betonbunker in öffentliche Parks gebaut, die Landschaften kleinkariert mit Straßen durchschnitten und überall wird zubetoniert, was das Zeug hält. Von Rückgabe zurückgebauter Flächen an die Natur hört man äußerst selten.

Foto: Anton Potche
Jetzt soll sich einiges in der Ingolstädter Museumslandschaft ändern, tönt es aus dem Rathaus. Dass in ihrer Stadt "nicks gwiss ist", wissen die Ingolstädter natürlich schon lange. Diese Ruine stand schon auf dem berühmt berüchtigten Gießereigelände, als ich vor 25 Jahren in der Gießerei der Firma Schubert & Salzer mit der dortigen Werkskapelle zu Betriebsversammlungen und Weihnachtsfeiern aufspielte. Wenn der Konrad kräftig genug in seine Tube bließ, kam es schon mal vor, dass feiner Rus von der Hallendecke rieselte.

Das ist alles längst Geschichte, Zeitgeschichte, genauer gesagt, Industriegeschichte. Es gibt genug Leute in Ingolstadt, die meinen, auch ein Industriemuseum gehöre in diese Stadt. Auf jeden Fall wäre es berechtigter als ein geplantes Polizeimuseum.

Ein Museum für den Fluss, wäre natürlich auch ein Museum über den Fluss - aber nicht unbedingt drüber gebaut, wie es einige Stadträte gerne sehen würden -, von seinen Anfängen, soweit sie bekannt sind, bis in unsere Zeit. Und es sollte nach meiner Meinung kein reines Donau-Naturkundemuseum werden, sondern auch die Beziehung Mensch - Fluss gebührend berücksichtigen. Diese Wasserstraße hat schon oft europäische Geschichte geschrieben. In den Quellen zur deutschen Siedlungsgeschichte in Südosteuropa von Dr. Franz Wilhelm und Dr. Josef Kallbrunner kann man den Satz lesen: "Als im Mai 1749 der im Banat ansässig gewordene Johann Oswald, der in dieser Zeit wiederholt als Werber verwendet wurde, einen ungewöhnlich großen, 900 Köpfe umfassenden Transport von Einwanderern aus Lothringen die Donau hinab in das Banat führte, wurden ihm in Ofen über 150 Leute verschleppt."

Die Donau ist Natur und Geschichte zugleich. Sie war Bindeglied zwischen West und Ost, aber auch unbarmherzige Grenze, die so manches Menschenschicksal besiegelt hat - und das bis in unsere naheste Vergangenheit. Johann Steiner und Doina Magheţi schreiben in ihrem Buch Die Gräber schweigen - Berichte von der blutigsten Grenze Europas: "Dramatische Szenen haben sich in den 1970er und 1980er Jahren auf dem Abschnitt abgespielt, wo die Donau die Karpaten durchbricht."

Hotel, Kongresszentrum, Museum für Konkrete Kunst und Design. Das sind seit mehr als zwanzig Jahren diskutierte und nie verwirklichte Projekte des brachliegenden Filetstücks an der Donau zu Ingolstadt. Jetzt kommt das Donaumuseum hinzu. Möge ihm ein kürzeres Projektdasein als seinen Schicksalsgenossen beschert sein.
Anton Potche

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