Sonntag, 21. November 2010

War Dieter Schlesak ein Securitatespitzel?

Dass Oskar Pastior (1927 - 2006) einer war, und zwar ein richtiger, wissen wir nun. Dank seines Freundes Dieter Schlesak. Pastior hat Schlesak bespitzelt. So etwas reißt heute kaum noch jemand vom Stuhl, da können Herta Müller und Antisecuritatekonsorten noch so entsetzt sein, handelt es sich doch um rumäniendeutsche Empfindsamkeiten. Da müssen selbst Havemann & Co. zurückstecken. Bei Claus Stephani alias Mircea Moga liest sich das so: "Noch nie waren die ehemaligen Rumäniendeutschen so argwöhnisch wie heute. Noch nie gab es unter ihnen so viel üble Nachrede, so viele Stammtischkommentare, Verdächtigungen, Gerüchte ohne Belege, öffentliche Anprangerungen, so viel Neid und Hass." (FAZ, 20.11.2010)

Interessant wird es immer dann, wenn man glaubt, beobachten zu können, wie der eine und andere versucht, sich selbst an den eigenen Haaren, soweit er die natürlich noch hat, aus dem Securitatesumpf zu ziehen. So auch Schlesak. Da beklagt er sich über Pastior und drückt ihm sogar einen etwas blassen Stempel der Mitschuld an Georg Hoprichs Selbstmord (1969) auf, um dann ziemlich umständlich anzudeuten, dass auch er eine Täterakte bei der CNSAS in Bukarest habe: "Es war derselbe Offizier (mir als Jordan bekannt), der seinerzeit versucht hatte, auch mich zur Mitarbeit zu zwingen, was ihm nicht gelang, weshalb er, von seinem Vorgesetzten angemahnt, vorgreifend ein ganzes Agentendossier, Deckname Ehrlich, über mich anlegte, mit gefälschten Daten und gefälschter Unterschrift - jeder, der meine Unterschrift kennt, kann das bezeugen." (FAZ, 16.11.2010)

Dazu sagt Stefan Sienerth, der die Causa Pastior ins Rollen gebracht hat, einen Tag später in der gleichen Zeitung: "Dass eine Akte als Ganzes gefälscht sein soll, halte ich eher für unwarscheinlich." Ähnliche Zweifel äußerte vorgestern auch Helmuth Frauendorfer bei Deutschlandradio Kultur. Andererseits sprechen sowohl Herta Müller als auch Claus Stepahni von Spitzelattrappen - allerdings bei unterschiedlicher Auslegung der Bezeichnung "Attrappe".

Also: Nicks is gwiss, sagt der Bayer. Alle Fragen offen, sagt Reich-Ranicki. Sollte Dieter Schlesak uns mit seiner Enthüllung nur sagen wollen: Schaut her, da ist einer, der war noch viel schlimmer als ich? Oder war er neidisch auf Wagner & Totok & Co., weil die mit ihren Verfolgungsgeschichten so viel Aufmerksamkeit in den Feuilletons erfahren? Ist es nur ein primitives Zeigefingersyndrom, dem Schlesak erlegen ist, oder hat er Angst vor der Medienmeute, die ihm seinen Ruf als sauberen Schriftsteller ruinieren könnte?

Zumindest Letzteres müsste er nicht befürchten, denn die Zahl der Feuilletonleser ist gering, die Siebenbürger Sachsen werden auch von Tag zu Tag weniger und von den Banater Schwaben haben wahrscheinlich 99,9% den Namen Dieter Schlesak nie gehört.

Sollte sich aber bewahrheiten, was Schlesaks Opferdossier nur andeutet, dann, ja dann hat Herta Müller sich wahrlich nicht das beste Modell für ihren Leopold Auberg ausgesucht. Und hätte die CNSAS ihre Archive um ein ode zwei Jahre früher geöffnet, wäre Atemschaukel wahrscheinlich nicht oder zumindest nicht mit diesem Inhalt entstanden und der Nobelpreis für Literatur vielleicht nie nach Berlin gegangen.

Aber nachher sind eben immer alle gescheiter, sogar der Potche, sagt der Berns Toni immer. Der hat selber Butter auf dem Kopf und sollte nicht dauernd in der Sonne herumlaufen, sagt der Potche über den Berns Toni. Dieses Gschwerl ist aber ehrlich und hat sich schon vor knapp anderthalb Jahren, als noch niemand wusste, dass Tscharte und Gruia zwar eins, aber keine Attrappe ist, der Welt offenbart. Er hat gespitzelt, der Potche Toni. Und weil er das in einem Forum offenbart hat, das wie so viele Foren mehr zu als offen ist, wird er dieses selbstzerstörerische Bekenntnis im originellen Wortlaut auch in seinen Blog stellen. Wenn er mal mehr Zeit hat. Vielleicht nächste Woche. Schau mer mal.
Anton Potche

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