Eine Schattenseite des Literaturbetriebs
Durch die Standgänge schlendern und Bücher genießen. Sich einfach treiben lassen. Ohne besonderes Ziel unterwegs sein. Schmökern und Werbematerial in die Stiebert-Tasche stecken. Licht strahlt aus den Büchern, geistiges Licht.
Bücher werfen aber auch Schatten. Da steht dieser alte Mann hinter einem Lesepult und liest. Aus seinem Buch, von ihm selber finanziert. Er steht den Leuten im Weg. Sie weichen aus. Niemand bleibt stehen. Zwei Frauen sind bei ihm, stehen wie Ministrantinnen um das Lesepult. Seine Stimme ist leise, sehr leise. Und er hat kein Mikrofon. Welch ein trauriger Anblick.
Der Messestand gehört dem R. G. Fischer Verlag, einer dieser umstrittenen Dienstleistungsverlage. Früher nannte man sie Zuschussverlage. Hier kann jeder ein Buch veröffentlichen, wenn er es auch selbst finanziert. Das ist eigentlich ein Geschäftsmodell wie jedes andere auch. Wer will, kann sich seiner bedienen. Wenn ein Unternehmer mit seinen Kunden aber so umgeht, kann man eigentlich nur erstaunt sein, dass es ihn überhaupt gibt.
Dabei klang die Verursacherin dieses unwürdigen Schauspiels, Frau Rita G. Fischer, Gründerin und Geschäftsführerin des Verlags - man höre und staune: seit 34 Jahren -, einen Tag zuvor bei Deutschlandradio Kultur sogar noch glaubwürdig. In einem Streitgespräch mit dem Bundesvorsitzenden des Verbandes deutscher Schriftsteller, Imre Török, verteidigte sie ihr Geschäftsmodell mit dem Tatbestand, dass "die großen Verlage neuen jungen deutschen Autoren so gut wie keine Chance geben, sondern sehr viel Geld für ausländische Bestsellerlizenzen ausgeben".
Man muss sich das mal vorstellen: Da steht ein alter Mann und flüstert eine geschlagene dreiviertel Stunde lang vor sich hin. Ja, der Gute hat das ausgehalten, inmitten einer ihn total ignorierenden Messekundschaft. Ein Verlag, der so etwas zulässt, ja sogar verursacht, kann doch unmöglich außer materiellem Gewinn noch ein anderes Interesse an "seinem" Autor haben. Da kann ich gut verstehen, wenn Imre Török sich mit dieser Art von Autoren(ver)achtung und Literaturpflege nicht anfreunden kann.
Man muss sich das mal vorstellen: Da steht ein alter Mann und flüstert eine geschlagene dreiviertel Stunde lang vor sich hin. Ja, der Gute hat das ausgehalten, inmitten einer ihn total ignorierenden Messekundschaft. Ein Verlag, der so etwas zulässt, ja sogar verursacht, kann doch unmöglich außer materiellem Gewinn noch ein anderes Interesse an "seinem" Autor haben. Da kann ich gut verstehen, wenn Imre Török sich mit dieser Art von Autoren(ver)achtung und Literaturpflege nicht anfreunden kann.
Leimig ist schleimig
Aber so ist es nun mal im Leben. Wir haben alle unseren eitlen Seiten. Ich kann und will mich da nicht ausschließen, denn auch ich bin einem Zuschussverlag auf den Leim gegangen.
Wenn allerdings jemand mit meiner und anderer Leute Eitelkeit ein Geschäft machen kann, dann möge er uns doch bitte dafür zumindest etwas Respekt zollen. Auch in meinem Regal stehen Bücher aus solchen Verlagen. Und sie sind wahrlich nicht die schlechtesten. Eben darum gebührt auch diesen Autoren eine kritische Aufmerksamkeit. Sie selber müssen sich für ihr Tun auch keineswegs schämen - umso mehr aber so mancher Verlag, der von ihrem Geist profitiert.
Anton Potche
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