Geier schreibt
also von einem „heftigen Wortwechsel“ und führt weiterhin an, dass es „außer
den Augenzeugenberichten bisher keine bekannten Dokumente gab“. Damit bezieht
er sich ausdrücklich auf die Zeit bis kurz „vor der Wende“ in Rumänien, also
1988 oder 1989, denn damals konnten die Eintragungen des 1945 in Jahrmarkt
tätigen Kaplans Paul Lackner in den
Kirchenbüchern, die in einem Staatsarchiv in Temeswar lagerten, fotokopiert
werden. Darin schreibt der Kaplan, dass Hans
Küchler (geb. 1903) den Gendarmen „gewalttätigen Widerstand leistete,
worauf er von diesen erschossen wurde.“
Zwischen „heftigem Wortwechsel“ und „gewalttätigem
Widerstand“ gibt es natürlich einen Unterschied, der Fragen aufwirft. Luzian Geier stammt aus Jahrmarkt. Man
kann also davon ausgehen, dass er mit den Hinterbliebenen des Opfers gesprochen
hat. Haben die ihm nur von einem „heftigen Wortwechsel“ berichtet oder von
einer „Gewalttätigkeit“, die er dann aus verständlicher Rücksicht auf noch
lebende und in der ehemaligen Dorfgemeinschaft bekannte Nachkommen abgeschwächt
hat? Oder hat der Priester gar in der Art des geführten „Wortwechsels“ eine
„Gewalttätigkeit“ gesehen? Oder hat der 42-jährige Maurer wirklich auch
körperlich Widerstand geleistet? Die Wahrheit spielte damals, als die Deutschen
in Rumänien vogelfrei waren, natürlich eine untergeordnete oder gleich gar
keine Rolle.
Heute würden Rechtsanwälte aber zwischen „Wortwechsel“ und
„Gewalttätigkeit“ genau unterscheiden, dreht es sich doch letztendlich um nicht
mehr als den Unterschied zwischen „Mord“ und „Selbstwehr“. Haben die
rumänischen Gendarmen einen Mord begangen oder haben sie auf einen
gewalttätigen Angriff nur aus einer Abwehrhaltung überreagiert?
Nun scheint es aber doch noch irgendwo
Unterlagen zu dem Fall zu geben. Dr. Mircea Rusnac hat eine Arbeit mit dem
Titel Deportarea germanilor în Uniunea
Sovietică – Cu referire specială la Banat veröffentlicht. (http://www.agero-stuttgart.de/REVISTA-AGERO/ISTORIE/).
Und er hält fest: „Cu prilejul ridicării s-au produs şi evenimente dintre cele mai tragice.
Astfel, de exemplu, în momentul când urma să fie ridicat (14 ianuarie),
germanul Ioan Kukler din comuna Giarmata, judeţul Timiş-Torontal, l-a lovit în
cap pe sergentul-major Iulian Vârjeanu. A urmat o luptă, în urma căreia
jandarmul însoţitor, sergentul-major Gheorghe Chiochiş, l-a împuşcat mortal pe locuitorul
german.” Rusac gibt für diese
Information als Quelle das Buch Deportarea
etnicilor germani din România în Uniunea Sovietică. 1945, culegere de documente
de arhivă întocmită de Hannelore Baier, Forumul Democrat al Germanilor din
România, 1994, p. 7 an.
Laut diesem Vermerk hat Hans Küchler
sich also wirklich mit Gewalt gewehrt und der rumänische Feldwebel Gheorghe Chiochiş
hätte auch nach unserem heutigen Rechtsverständnis alle Chancen mit einer
milden Strafe davonzukommen. Dass er damals von seinem rumänischen Dienstherrn
nicht gerügt, sondern wahrscheinlich sogar belobigt oder ausgezeichnet wurde,
steht außer Frage.
Der Vorfall lässt heute nur mehr erahnen, welche schreckliche Spannung in
jenem Winter in den von Deutschen bewohnten Dörfern des Banats vorherrschte.
Die Unsicherheit muss beiderseits enorm gewesen sein und die Nerven lagen
blank. Wer gegen die Staatsmacht aufbegehrte, war des Todes. Hans Küchler wurde ein Opfer dieser
Athmosphäre. Ob Gheorghe
Chiochiş jemals Gewissensbisse ob seiner Tat
hatte oder als stolzer Diener seines Landes durchs Leben ging, ist nicht
überliefert.
Anton Potche
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