Dienstag, 5. März 2013

Eine Geschichte, die mir zugetragen wurde


Die Geschichte, die mir zugetragen wurde, geht so: Ein junges Ehepaar bekommt keine Kinder. Es liegt am Mann. In einer geselligen Runde kommt dann der gute Rat von einer Freundin, doch einen kleinen Seitensprung zu wagen. Was ist schon ein Inkognitobeischlaf gegen einen nichterfüllbaren Kinderwunsch. Niemals, war die Antwort. Das Paar blieb kinderlos.

Wie es aber hätte kommen können, zeigt jetzt der deutsche Spielfilm Ende der Schonzeit. Ein junger Mann erfährt spät, wer er eigentlich ist. Das heißt, er ist erwachsen, als er seinen Vater kennenlernt. In einem abgelegenen Dorf in Israel. Seine Mutter hat ihm bei der Spurensuche geholfen. Und sie hat ihm einen Brief für seinen Vater mitgegeben. Was der wortkarge und am Anfang sehr misstrauische Vater erzählt und was in dem Brief, den Sohn & Vater erst kurz vor der Abreise des Jungen öffnen, steht, bildet den sehr spannungsgeladenen und dramatischen Verlauf der Filmhandlung.

Emma, Fritz , Albert (Foto: .farbfilm-verleih)
Dem Zuschauer wird eine Dreiecksbeziehung geboten, die von ihrer Dramatik und Herbheit lebt. Es wird nicht viel geredet, obwohl die Emotionen immer wieder hochkommen. Es ist nun mal nicht so einfach, die eigene Frau dem Hausgehilfen zwecks Begattung zu überlassen. Damit der Hof einen Erben bekommt. Dazu kommt noch, dass die Zeit und das Umfeld mehr als ungeeignet für eine solche Abmachung sind. Und trotzdem treffen Fritz (Hans-Jochen Wagner), der Bauer aus dem Schwarzwald, und der flüchtige Jude Albert (Christian Friedel) sie. Eine verhängnisvolle Entscheidung, auch für die zu schwängernde Bäuerin Emma (Brigitte Hobmeier). Aber das heraufbeschworene Schicksal nimmt seinen Lauf im Kriegsjahr 1942 - mit den Nazis als Herren auch im entlegensten Winkel des Schwarzwaldes.

Menschen haben Gefühle. Daran scheitern oft rein rationale Überlegungen. Das müssen die Protagonisten auf dem Schwarzwaldhof schmerzlich erfahren. Die Münchner Regisseurin Franziska Schlotterer hat diesen hochgradig psychologisch angehauchten Film nicht rein fiktional erdacht. Es soll Ähnliches wirklich mal vorgefallen sein.

Ja, es ist denkbar, was dieser Film in sehr realistischen Bildern, inmitten einer Landschaft, deren natürliche Schönheit spürbar von den Ereignissen überschattet wird, erzählt. Das bestätigt mir auch die Geschichte, die an mich herangetragen wurde. Auch wenn sie nie ins Rollen kam. 

Das Leben zeigt sich in diesem bewegenden Streifen von seiner ernstesten Seite. Umso weniger habe ich verstanden, warum es Leute gibt, die in einem solchen Film, dauernd etwas zum Kichern finden. Warum bleiben sie nicht einfach zu Hause?

Als Albert seinem Sohn Bruno (Max Mauff) beim Abschied, wo alle Schuld längst geklärt - wenn auch nicht verziehen - war, zu verstehen gibt, dass er wieder kommen könne, bleibt sein Angebot unbeantwortet – wie so viele begonnene und mit einer zugeschlagenen Tür brüsk beendete Gesprächsversuche in diesem Film. Während dann der alte Bus über die Hügelkuppe rollt, über die er beim Beginn des Filmes gekommen war, hört man Schnäuzen im Saal. Und auch die Dauerkicherer sind verstummt. Das spricht für die Qualität dieses Werkes.

 Anton Potche

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