Donnerstag, 13. Mai 2010

Wie entsorgt man einen Fötus?

Auf diese Frage könnte man das Thema des rumänischen Films 4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage reduzieren. Der Film beantwortet diese Frage zwar auch, gibt aber noch weitere schockierende Einblicke in eine Welt, die junge Frauen überhaupt dazu veranlassten, sich diese schreckliche Frage zu stellen.

Der Film wurde 2007 von Cristian Mungiu gedreht und hat noch im gleichen Jahr drei Preise in Cannes, darunter "Palme d'Or" für die beste Regie, und zwei Preise beim Festival des Europäischen Films, darunter als bester Film, bekommen. Das war damals durchaus ein Thema im deutschen Feuilleton. Aber kein Thema für die Kinos. An diesem Wochenende kann ich in Ingolstadt und Umgebung aus einem Kinoangebot von 122 Filmen wählen. Das war 2007 nicht anders, im Gegenteil, damals gab's in der Donaustadt sogar noch Altstadtkinos und die Auswahl war noch größer. Wochenlang, ja monatelang habe ich damals gewartet. Nichts! Meist nur Hollywood-Kitsch bis zum Abwinken.

Aber es gibt Gott sei's Dank noch Fernsehsender wie ARTE. Gestern Abend war der Film dort zu sehen und man konnte sich überzeugen, dass die erzielten Preise ihre Berechtigung haben. Eine der dunkelsten Seiten des Ceauşescu-Regimes - wenn man Dunkelheit überhaupt steigern kann - kommt hier zum Vorschein, sofern Nachtaufnahmen ohne oder mit sehr eingeschränktem elektrischem Licht dies ermöglichten. Was sich in einem beleuchteten Hotelzimmer hingegen abspielt ist von einer menschlichen Schwärze geprägt, die das Dunkel der Nacht überbietet. 

Zwei Studentinnen, Otilia und Găbiţă, haben ein billiges Hotelzimmer angemietet, in dem sie sich mit einem Herrn Bebe treffen. Der versteht sein Handwerk Er verhilft dem 4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage alten Fötus aus dem Leib seiner blutjungen Mutter Găbiţă ans Tageslicht  und frühzeitig zu Tode zu kommen.  

Anamaria Marinca (Otilia) und Laura Vasiliu (Găbiţă) sind eine ideale Besetzung für diese dramatischen Rollen. Sie spielen sehr unauffällig, natürlich, ohne Pathos. Ihre Dialoge klingen unaufgeregt, obwohl es um existentielle Fragen des Lebens geht und die Angst - diese dauernd vorhandene Obsession des Entdecktwerdens - drückt sich überwiegend in Schweigen aus. Es wird viel geschwiegen in diesem Film. und man braucht auch keine Musik, keine Filmmusik zumindest. Nur im Hintergrund darf schon mal Hochzeitsmusik erklingen, doch für andere, nicht für die Protagonisten.

Triste Bilder, triste Gesichter von Jugendlichen, trist wie das Kulturverständnis der deutschen Kinobetreiber. Ich fand kein deutsches Kinoplakat für diesen Film. Ein Trauerspiel ohne Gleichen, schließlich handelt es sich um einen Film der mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wurde. Tristesse allerorts.

ARTE zeigt den Film wieder in der Nacht vom 16. auf den 17. Mai um 1.05 Uhr. Die DVD des Films kostet bei Amazon.de 9,99 Euro

Anton Potche

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