Montag, 2. April 2012

Eine vertane Chance

Das leidige Thema Bebauungsplan des Gießereigeländes stand mal wieder auf der Tagesordnung des Ingolstädter Stadtrats. Dass jetzt plötzlich das gesamte Gremium dank der Zauberformel "Audi" mit der Bebauungsart des Geländes einverstanden ist, nach Zeitungsberichten zum Teil sogar euphorisch, macht die Klotzhaftigkeit des gegenüber dem Neuen Schloss vorgesehenen Baukörpers – es fällt einem schwer, es Gebäude zu nennen – nicht erträglicher. Da können die Befürworter, in diesem Fall auch die alleinigen Entscheidungsträger, noch so inbrünstig von ansprechender Fassadengestaltung reden.

So wie alle bisher in Zeitungen zu sehenden Fotomontagen zeigen– zuletzt in der Wochenzeitung BLICKPUNKT (Foto) –, wird hier nur mit Masse geklotzt, was zu einer bedauernswerten Weiterverschandelung des Stadtbildes führt. Die mit Bausünden verwöhnten Ingolstädter werden auch damit leben (müssen).

Schleierhaft bleibt mir die fortschrittsfeindliche Philosophie, dass ein Gebäude aus dem 15. Jahrhundert das höchste Gebäude Ingolstadts bleiben muss. Statt eines unschönen, seine Umgebung erdrückenden Bauklotzes könnten zwei oder drei schlanke, grazile Skyline-Türme in den blauen bayrischen Himmel ragen, die, verbunden mit Übergängen in luftiger Höhe, eher einem modernen Stadtbild gerecht würden als ein bunkerhafter, sich vor dem greisen Schloss duckender Würfel.

Und das Neue Schloss selber? Es würde sich bestimmt über seine endlich groß gewordenen Kinder freuen, wie wir es doch auch als stolze Eltern tun, wenn wir sehen, wie unsere Sprösslinge uns zu Hause über den Kopf wachsen. Groß sind sie geworden, die jungen Menschen der neuen Generation, und das nicht nur im übertragenen Sinne. Ihnen soll die Zukunft gehören und, wenn sie morgen – viele heute schon – von Geschäftsreisen aus den Metropolen dieser Welt heimkehren, sollen sie nicht das Gefühl haben, in einem trägen Provinznest zu leben.

Größenwahn? Nicht wenn man bedenkt, wie einfach das alles zu verwirklichen wäre: mit einer zukunftsorientierten Bebauung des Gießereigeländes. Dazu benötigt man Visionen, die sich an Machbarem orientieren. Nicht dass es in Ingolstadt an Visionen fehlen würde. Die gab’s hier schon zuhauf. Vom Museum über der Donau bis zum Café unter der Donau war schon alles dabei. Jetzt hat man ein seit Jahrzehnten brach liegendes Grundstück und damit endlich die Chance, Visionäres mit Realisierbarem zu verbinden. Aber zum Schluss wird es wieder mal heißen... eine vertane Chance.
Anton Potche


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