Die Donauländer haben auch Donauländen. Das ist nur eine der
vielen Gemeinsamkeiten der Donauanrainerstaaten. Daher fällt der Schreibfehler
auf dem Plakat der Wanderausstellung im Ingolstädter Stadttheater auch nicht
sonderlich ins Auge. Der Mensch. Der
Fluss. Malerei aus den Donauländen steht da zu lesen. Gemeint ist natürlich
Der Mensch. Der Fluss. Malerei aus den
Donauländern. Wahrlich, diese Malerei ist jetzt unweit der Ingolstädter
Donaulände, also des Schiffslandeplatzes, zu besichtigen – nämlich im
Stadtmuseum. Wäre das geplante Donaumuseum direkt an der Donaulände schon
verwirklicht, würde die Ausstellungsörtlichkeit jetzt bestimmt eine andere
sein.
So aber scheint die Kunst wie so oft der Wirklichkeit wieder
mal vorausgeeilt zu sein. Und sie, die Kunst, in diesem Fall die Malerei,
begnügt sich nicht mit den Gemeinsamkeiten, sondern zeigt die Unterschiede auf.
Die Blick- und Darstellungsweisen sind in dieser Ausstellung so verschieden wie
faszinierend. Wen wundert’s, kommen die Maler/innen doch aus allen
Donauländern. Und das wir hier nur einen Mikroausschnitt aus dem
Facettenreichtum der Malerei rund um die Donau geboten bekommen (können), ist
auch für jedermann leicht nachvollziehbar.
Wer mit der nicht ganz vorurteilsfreien Erwartung, eine
Ausstellung mit Landschaftsbildern zu besuchen, die Schauräume betritt, wird
sich schon beim ersten Bild sowohl bestätigt als auch widerlegt sehen. „Landschaft
um Obermarchtal“, ein großes Bild von 110 x 189 cm, gemalt von Daniel Sigloch (Deutschland). Erwartung
bestätigt. Aber, die Kunstform deutet in die Zukunft. Landschaftsmalerei ist
nichts Antiquiertes, Altmodisches. Das Obermarchtal erscheint hier in seiner
Märchenpracht, festgehalten mit einer Technik, die als c-print auf Alu-Dibond
ausgewiesen ist. Auch die „Quelle in Donaueschingen“ – einmal zwischen 7 – 10
Uhr (grünlich) und dann zwischen 16 – 19 Uhr (rötlich) – zeigt, wie Natur
künstlerische Kreativität regelrecht ins Wallen bringt. Auch am Computer.
Dieser Eintritt in die Ausstellung ist wirklich
vielversprechend und man wird auch bis zum letzten Exponat nur selten
enttäuscht – natürlich geschmacksbedingt. Viele der Bilder sind großformatig
und weichen von der klassischen Maltechnik Öl auf Leinwand ab. Maja Vukoje (Österreich) arbeitet mit
Acryl, Spray, Hasenstreu und Glitter auf Leinwand. Realismus kann nicht nur
alles darstellen sondern auch viel aus dem realen Alltag verwerten. Umso
glaubwürdiger werden dann die Bilder. Franziska
Degendorfers (Deutschland) Collagen kommen mit Hilfe von Zeitungspapier,
Acryl, Pigmente und Stoff zustande. Als Technik gesellt sich zum Malen auch das
Nähen. Und schon haben wir einen Hauch von Surrealismus als Bereicherung der
Ausstellung zu begrüßen.
„Der Flirt“ von Nilbar
Güres (Österreich) hat mich an „Lauras Stern“, den Punkt-zu-Punkt-Malblock
meiner Enkelin, erinnert. Ja, und an Ada Kaleh.
Bei Pavel Stručka
(Slowakei) und Josef Srna (Slowakei)
darf man wieder großflächige Öl-auf-Leinwand-Bilder bestaunen. Künstler können
sogar dem Nebel Schönheit abgewinnen – im Gegensatz zu den oft nebelgeplagten
Ingolstädtern. Zita Bajor (Ungarn)
hat Fenster in allen Jahreszeiten mit Eiertempera auf Leinen gebannt. Fenster.
Blicke. Draußen. Landschaften? Man kann sie erahnen.
Und trotz allem gibt es nicht nur die Donau. Auch andere
Flüsse haben ihre künstlerische Daseinsberechtigung, ihr Leben und ihren Einfluss
auf die Menschen. Der Nil zum Beispiel, wie ihn uns Silke Mathé (Deutschland) in einem verfremdeten Realismus in
Erinnerung ruft. Schon fragte ich mich, wo denn die Menschen blieben. Bei Bodo Rott (Deutschland). Ein „Junge“
und ein „Musiker“ sind die ersten, denen der Besucher begegnet.
Bei Ferenc Gnándt
(Ungarn) und Zoran Pavelić (Kroatien)
stoßen wir auf die etwas anderen Sichtweisen, jene Kunst, die an der Fantasie,
dem Vorstellungsvermögen und der Interpretationsbereitschaft des Betrachters
rüttelt.
Aber auch dieser Ausstellungsbereich ist steigerungsfähig. Biljama Stamenić (Serbien) verzichtet
auf alle bisher gesehenen Malstile und –techniken. Er greift zum Reisnagel. Und
schon wird aus Malkunst Installationskunst. „Štit“ heißt der 2009 entstandene
eindimensionale Schädel aus Reisnägeln. Ein paar Schritte zurück und du siehst
nur einen „gemalten“, glänzenden Mannskopf, fast ein Porträt.
Ana Petrović (Kroatien)
und Jelena Trajković (Serbien)
zeigen eine politischen Interpretationen offene Malerei – insofern Zeitung
immer etwas mit politischem Tagesgeschehen zu tun hat und danach zur
Bildgestaltung benutzt wird.
Wenn man das Frauenporträt in vierfacher Ausfertigung von Cosmin Paulescu (Rumänien) betrachtet,
kann man sich des Eindrucks nur schwer erwehren, dass man dem Ertrinken einer
schönen Frau beiwohnt. Das ist magischer Realismus in Farbe.
Delia Chausheva
(Bulgarien) pflegt eine abstrakte Malkunst. Geometriegestörte Flächen fließen
ineinander. Auch auf Svilena Kolevas
(Bulgarien) Bildern begegnen wir Flächenverschiebungen.
Und dann sind da zum Schluss noch diese Kinder mit ihren
eindringlichen Blicken und ihren Träumen (zwischen Bauch- und Brustbereich,
nicht im Kopf), mit dieser dunklen Hautfarbe, am Fluss stehend. Wir sind
eigentlich am Ende einer Reise. Die Donau breitet sich aus. Speist das Delta…
und die Kinder auf den Bildern von Bogdan
Mateiaşi (Rumänien).
Diese im wahrsten
Sinne des Wortes grenzüberschreitende Ausstellung wird von Dr. Swantje Volkmann
vom Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm betreut. Das Projekt läuft schon seit
2011. Erster Ausstellungsort war Villingen-Schwenningen und der letzte wird
(nach Ingolstadt) Ulm sein. Die ausgestellten Werke wurden bisher schon in
Rumänien, Bulgarien, Serbien, Kroatien, Ungarn, Slowakei, Österreich und
Belgien gezeigt.
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