Seppi und Peppi sitzen
im Bahnhofscafé des nicht mehr ganz so bedauernswerten Bahnhofs einer deutschen
Großstadt. Die Stimmung ist okay.
- Warst du jetzt gestern in der Sitzung?
- Ja.
- Und wie war’s?
- Heiß.
- Keine Lüftung?
- Weiß nicht. Aber ich denke schon. Sind halt viele Leute in
dem Saal.
- Bei 50 Stadträten und dann noch die Referenten,
Protokollführer, Journalisten und ... dir ...
- Na, na. Ich war nicht allein. Die Zuschauerränge waren gut
gefüllt. Bestimmt so 30 Leute.
- Und? Interessant?
- Ja, schon.
- Klingt nicht so begeistert.
- Mir sind Leute aufgefallen, die besser zu Hause geblieben
wären.
- Nicht mitgearbeitet?
- Also aktiv waren so um die zehn Leute. Den Rest kannst vergessen.
Aber die mein ich ja gar nicht alle, denn wenn alle zu einem Thema ihren Senf
draufgeben würden, säßen die noch dort.
- Mit dir.
- Ah wo. Ich bin um sechs gegangen, da hatten die gerade mal
sechs Punkte von ihrer Tagesordnung durch - nach drei Stunden. Und 23 Punkte
waren zu behandeln.
- Was hat dir denn nicht gefallen?
- Da sitzen zu viele herum, die anscheinend gar nicht
wissen, was Sache ist.
- Mei, die hatten halt keine Zeit, sich einzulesen.
- Das mein ich gar nicht. In der Schule gab’s auch immer
mehr, die nichts wussten.
- Deine Mehrheit.
- Schon, aber nicht die Tuschler. Die haben mich schon immer
aufgeregt. Wenn sie schon keine blasse Ahnung haben, sollen sie wenigstens
zuhören. Aber da wird getuschelt wie im Kindergarten.
- Ja, kann die denn niemand zurechtweisen.
- Ah, komm. Wer traut sich schon, der Haderthauer zu sagen,
sie soll endlich mal zuhören. Die hat die ganze Zeit mit einer Frau hinter ihr
geplappert, als hätten sie gerade jetzt die wichtigsten Themen dieser Welt zu
besprechen.
- Vielleicht haben sie von Modellautos gesprochen.
- Was weiß ich. Auf jeden Fall fand ich das unanständig
gegenüber den anderen Leuten. Auch bei den Freien Wählern saßen in der hinteren
Reihe zwei alte Männer, die sich vielleicht über den FC 04 oder was weiß ich
über was unterhalten haben.
- Und das hat dich gestört?
- Gestört nicht. Ich war ja nur Zuhörer. Aber ich hab an das
Sitzungsgeld gedacht, das die kassieren. Das sind doch Steuergelder. Die könnte
man an anderer Stelle verdammt besser verwenden. Das hat mich gewurmt. Darum
bin ich in der Sitzungspause gegangen.
- Andere Zuschauer auch?
- Bestimmt nicht viele. ... Es waren nur mehr acht
übriggeblieben.
- Und die anderen?
- Waren schon vor der Pause gegangen.
- Aha! Soll dass heißen, dass du die Nase voll hast von
unserem Stadtrat.
- Nein. Im Gegenteil. Es gibt ja auch ganz komische und
lustige Sachen zu beobachten.
- ??
- Als der OB den Saal kurz verlassen hat, wurde die Sitzung
von einem der zwei anderen Bürgermeister geleitet. Ich sag dir. So etwas hab
ich noch nicht gesehen. Der Mann hat mit einer Militärstimme in einer
Political-correctness-Allüre gesprochen, dass es mir schwer viel, ihn ernst zu
nehmen. Natürlich weiß ich nicht, wie es den Stadträten dabei zumute ist. Die
sind das ja schon gewöhnt. Ich kam mir auf jeden Fall vor wie in einem
schlechten Theaterstück.
- Das musst du mir schon näher erläutern
- Wenn er zum Beispiel einem Stadtratsmitglied das Wort
erteilt hat, hat er nicht wie vorher der OB gesagt „Bitte Herr Soundso“, sondern
„Herr Stadtrat Soundso“. Eine andere komische Geschichte: Der Republikaner im Stadtrat hat immer verlangt,
dass seine Ausführungen ins Protokoll aufgenommen werden. Und, und, und.
- Also gehst du wieder.
- Ja, natürlich. Wenn ein Thema auf der Tagesordnung steht,
dass mich interessiert.
Keine Spur von Politikverdrossenheit kann man da nur sagen.
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