MUCKE – Magazin für
böhmische und mährische Blasmusik; November/Dezember 2013; DVO Druck und Verlag
Obermayer GmbH; ISSN 2192-3302; 3,70 €; http://www.mucke-magazin.de/
Die MUCKE ist ein Magazin für böhmische und mährische
Blasmusik und ein überzeugender Beweis dafür, dass Blasmusik fester
Bestandteil der deutschen Kulturlandschaft ist und es trotz aller (immer leiser
werdender) Unkenrufe auch bleiben wird. Dass einer so regen Kulturszene wie der
Blasmusik – von der Kinderblaskapelle bis zum professionellen Bläserensemble –
eine Orientierung gebende Zeitschrift wie die MUCKE gut zu Gesicht steht,
dürfte außer Frage stehen.
Die Ausgabe November/Dezember 2013 ist in drei Teile
gegliedert. Mit den Events – gemeint
sind natürlich Veranstaltungen – wird man gleich dem Hauptzweck der
Zweimonatszeitschrift gerecht: Blasmusik lebt durch Groß- und
Kleinveranstaltungen, entwickelt sich dank Wettbewerben und Workshops – gemeint
sind natürlich Fortbildungsmaßnahmen - immer weiter, gewinnt an musikalischer
Qualität und dadurch an Akzeptanz in der Bevölkerung. Dass man auch in der
Blasmusik nicht auf dem Platz tretet, zeigen schon die neudeutschen
Benennungen, ohne die auch dieser Musikzweig – und auch die MUCKE – nicht
auskommen. Vor allem staunt man als Leser aber über die Vielzahl und
Verschiedenheit der Konzertangebote – und ahnt natürlich, dass es sich hier nur
um einen kleinen Teil der landesweiten Blasmusikaktivitäten handeln kann. Und
wie kann man besser – hier wäre auch wohl „bescheidener“ zulässig – auf die
zwischenkulturellen Ebenen, auf denen sich viele Musiker schon immer bewegt
haben, hinweisen: Oberstudienrat Peter
Schad, der musikalische Leiter der Oberschwäbischen Dorfmusikanten, des
Musikvereins
Steinhausen sowie des Liederkranzes Alttann hat den
historischen Roman Dann gehen wir halt
nach Ungarn veröffentlicht. (Klingt das nicht nach
Südosteuropakollonisation im 18. Jahrhundert?) Das erfährt man, nur so
nebenbei, in einem ausführlichen Bericht von Christian Mayr zum Jubiläumskonzert der Oberschwäbischen Dorfmusikanten
in Ravensburg. Sie wurden 30 Jahre alt! Vor vielen Jahren brachte eine deutsche
Zeitschrift mal eine Serie mit der Überschrift Dreißigjährige haben die Welt verändert. Darin ging es um Leute wie
Jesus, Beethoven u.v.a. Ein gutes Alter, kann man da nur sagen.
Wie kann man den der Szene
vorbehaltenen Teil der Zeitschrift hoffnungsvoller beginnen als mit der
Ankündigung Kapellengründung „Holzless –
What a böhmisch“. Wie war das doch mit dem Neudeutsch? Eigentlich egal.
Wichtig ist sowieso nur die Musik. Und das ist auch hier Blasmusik, junge
Blasmusik.
Eine Zeitschrift, die etwas von sich hält, geht nicht ohne
einen Kolumnenplatz an die Öffentlichkeit. Die MUCKE hat ihren MUCKER DES MONATS. Er ist in dieser
Nummer dem Tiroler Blechbläserensemble Viera Blech vorbehalten. 2004 haben
sich vier Tiroler gefunden und gemeinsam musiziert. „Der Name Viera
Blech ging aber nicht etwa auf das Gründungsjahr der Gruppe zurück,
sondern wirklich auf die ursprüngliche Anzahl der Musiker“, schreibt Christian Mayr. Wachstum ist aber nicht
nur in der Wirtschaft das A und O des Erfolgs – trotz einiger warnender Stimmen
-, sondern anscheinend auch in der Musik, speziell der Bläsermusik. Siehe nur Ernst Mosch (1925 - 1999) und Ernst Hutter mit ihren Egerländer
Musikanten. Die vier von der Viera Blech sind heute zu siebent. Wie
die Jungs so durchs Musikantenleben kommen, ist schon lesenswert. Das sind
Profis durch und durch… und vergessen schon mal die Tuba auf der Autobahn. Wie
das geht? MUCKE weiß darüber zu berichten.
Ein krasser Unterschied zu der 10-jährigen Geschichte des Viera
Blech scheint der folgende Beitrag zu sein. Aber nur auf den ersten
Blick, denn der Titel sagt schon Grundsätzliches über die Blasmusik aus: Vereint durch die Blasmusik. Die aus der
Allgäuer Blasmusikszene kommende und in Oberbayern sesshaft gewordene
Journalistin Christine Engel hat
sich in Archivmaterial vertieft, Proben besucht und so manches Gespräch
geführt, um aus einem immensen geschichtlichen Fundus das Wesentliche für einen
Zeitschriftenbeitrag herauszuarbeiten. Sie ist auf den Spuren der Blasmusik im
heutigen Rumänien gewandelt. Doch nicht um so berühmten Gruppen wie Ciocârlia nachzuspüren, sondern um den Wegen der böhmischen und mährischen Blasmusik nach
Siebenbürgen und ins Banat, den einstigen Regionen Habsburgs, zu folgen. Von
einem Blasmusikmikrokosmos ausgehend – dem Dorf Jahrmarkt (heute Giarmata), nordöstlich von
Temeswar, – ist ihr das Gemälde einer einst sehr aktiven Blasmusikszene
anschaulich gelungen, deren Ausstrahlung noch heute, nachdem sie längst aus
ihren heimischen Gefilden verschwunden ist (wie das Leuchten eines längst erloschenen Sterns), in unseren Regionen Wirkung zeigt. Dass man dabei auf so sonderbare Wahrheiten
stößt, wie dass es „zwischen den beiden Volksgruppen kaum Berührungspunkte
gab“, ist nur einer der vielen interessanten Einblicke in eine verschwundene
Blasmusikszene, deren ehemaligen Aktive noch heute in vielen Amateur- und
Berufskapellen in Deutschland musizieren. Wie war das doch mit den Totgesagten?
Sie leben vereint durch die Blasmusik
länger. Zumindest so lange, wie die Musikanten der Erlebnisgeneration ihre
Instrumente noch zu den Lippen führen können. Die Siebenbürger-Banater-Blaskapelle aus Ingolstadt, Leitung Hermann Mattes, ist der lebende Beweis dafür.
Die Blasmusik hat
aber nicht nur Geschichte geschrieben, sie schreibt auch täglich viele und
erhaltenswerte Geschichten. Dass sie längst auch als Handyklingelton Einzug ins
IT-Zeitalter gehalten hat, erfährt man von Christian
Mayer und freut sich über die Ehre, die der altehrwürdigen Hanna-Polka widerfahren ist.
Die letzten Seiten
der MUCKE sind für den Service
reserviert. Wenn auch der Mittelteil dieser und anderer Ausgaben eindeutig der
lesenswerteste ist, so bleibt die Angebotspalette des letzten Teiles der
genrespezifischste und besonders für aktive Musikanten sehr wichtig. Martin Hommer findet bei seinen
Stückerezensionen den richtigen, auch für Nichtmusiker verständlichen – ein
wahrlich nicht zu unterschätzender Aspekt – Ton. Mit Anzeigen aller Art klingt
die MUCKE aus. Wie eine gelungene Polka kommt sie daher: mit einem schmissigen
ersten Teil, etwas verträumten Trio (bei schönen Polkas gibt’s das) und einem
zupackenden Schlussteil – mit vielen interessanten Mucken.
Berns Toni
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