Die Stimmung im
Bahnhofscafé ist getrübt. Auch bei Seppi und Peppi.
- Wir sind ja reich gesegnet mit Österreichern.
- Meinst du mit wir die Ingolstädter.
- Ja: Piëch, Ullrich, Hasenhüttl und bestimmt noch andere
auch, die ich nicht kenne.
- Ist doch gut. Die waren doch ein Segen für uns in der
Wirtschaft, und im Sport sind sie es immer noch.
- Aber nicht mehr lange. Der Hasenhüttl will ja weg. Zu
Leipzig.
- Ja und? Es zieht ihn halt zu seinen Landsleuten. Was ist
denn da so verkehrt.
- Das Geld zieht ihn, sonst nichts.
- Auch das ist normal. Ich weiß gar nicht, warum diese
Ingolstädter so ein Lebtag draus machen. Reisende soll man nicht aufhalten.
- Der hat doch einen Vertrag bei uns bis 2017. Ja gibt’s denn
gar keine Moral mehr in diesem Land?
- Ach, du meinst den ehrlichen Kaufmann? Den gibt es
bestimmt noch. Aber nicht im Fußball. Dort gelten ganz andere Spielregeln, die
mit Moral, Anstand, Ethik, Charakter, Ehre und anderen Eigenschaftsbegriffen wenig bis nichts
zu tun haben. Verträge sind dort nur Spielzeuge und meistens das Papier nicht
wert, auf dem sie stehen. Dieser Jackwerth und seine Gefolgsleute machen sich
doch nur lächerlich durch ihr schon fast weinerliches Festhalten an einem
Trainer. Mehr ist dieser Österreicher doch auch nicht: ein Fußballtrainer. Und
der geht dorthin, wo’s mehr Kohle gibt. Vertrag hin oder her. Oder glaubst du
vielleicht, der wäre heute noch in Ingolstadt, wenn die Mannschaft gegen den
Abstieg spielen müsste? Den hätte der gleiche Jackwerth, der jetzt da
herumjammert - schau her, da steht’s im DONAUKURIER: „Das ist eine
Charakterfrage, eine Frage der Ehre“, hat er gesagt -, derselbe Jackwerth hätte
ihn, den Hasenhüttl, schon längst zum Teufel gejagt.
- Meinst du?
- Nein, das meine ich nicht. Das ist so sicher wie das Amen
im Gebet. Du musst bloß schauen, wie viele Trainer der FC Ingolstadt schon
hatte.
- Kannst du dich noch an alle Namen erinnern?
- Probier du’s. Du bist doch FC-04-Fan, nicht ich.
- Gut. Pass auf: Jürgen Press, Thorsten Fink, Horst Köppel
...
- ... war da nicht noch ein gewisser Wiesinger dazwischen
...
- ... doch, doch, Michael heißt der, Michael Wiesinger, aber
der war nicht lange. Nach dem Köppel ist dann der Benno Möhlmann gekommen, und
danach ...
- Fanlücke, was?
- Schmarrn ... jetzt, jetzt hab ich’s: der Tomas Oral war
der nächste, dann der Marco Kurz und jetzt der Ralph Hasenhüttl.
- Und seit wann gibt’s den FC 04 Ingolstadt?
- Seit 2004. Steht doch im Namen des Vereins.
- Das sind jetzt knappe 12 Jahre. Und wie viele Trainer
waren das? Hast du mitgezählt? Nicht? Ich schon: 8. Das wären genau 1½ Jahre
für einen Trainer. Das hat mit Nachhaltigkeit so viel zu tun wie deutsche Autos
mit sauberen Dieselmotoren. Nicht nur bei VW und Audi. Bei allen.
- Was willst du mit diesem Vergleich jetzt sagen.
- Nur dass der FC Ingolstadt ein ganz normaler
Profifußballklub wie alle anderen auch ist. Und das dort die gleichen
moralischen Werte gelten, wie in den Firmenetagen, aus denen die
Sponsorengelder kommen. Da wie dort gibt es immer nur eine Prämisse, und die
lautet: Geld muss fließen. Je mehr, je besser. Das Mittel zum Zweck ist absolut
zweitrangig. Oder glaubst du vielleicht, dass diese Trainer bei Ingolstadt ihre
Verträge erfüllt haben. Sie wurden gefeuert. So wie das der ganz normale Wahnsinn
im Geldfußball als Tagesgeschäft vorsieht. Rühmliche Ausnahmen wie zum Beispiel
der SC Freiburg – gut der ist auch ein SC und kein FC, da scheint wirklich noch
der Sport im Vordergrund zu stehen – bestätigen nur die Regel.
- Aber der Ralph wird nicht gefeuert.
- Eben nicht. Das Geschäft beruht ja auf Gegenseitigkeit.
Jetzt feuert halt der Ralph. Ähnliche Beispiele gibt es doch auch genug. Jetzt
langt’s mir aber wirklich. Wer ist Fußballfan, du oder ich?
- Ich natürlich. Wann warst du den zum letzten Mal beim FC
04?
- Ich muss erstmal mein erstes Mal schaffen, bevor ich
überhaupt von einem letzten Mal sprechen kann.
- Du solltest dich schämen. Darauf lass ich mir jetzt aber
einen ausgeben. Bedienung, zwei Calvados bitte!
Unglaublich!
Schlimmer kann es für Jackwerth und Co. nicht mehr kommen: Schnee im April und
der Hasenhüttl vom Fußball zum Rasensportball.
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