Manuel Junginger: Zu Füßen Edens – Die Chroniken (Gedichtsammlung); Engelsdorfer Verlag, 2010, ISBN 978-3-86268-044-3; 141 Seiten, 10,-- EUR0 (D); (auch online bestellbar)
Wer liebt, wird lyrisch, titelte die Kulturseite des Ingolstädter DONAUKURIER zum Welttag der Poesie (2015). Das mag so sein. Und wohl dem, der seine hoffentlich auch erwiderte Liebe so ausdrücken kann, aber besonders auch dem, der seinem Liebeskummer mit Hilfe der Lyrik alle oder wenigstens einige Ventile öffnen kann.
Wer liebt, wird lyrisch, titelte die Kulturseite des Ingolstädter DONAUKURIER zum Welttag der Poesie (2015). Das mag so sein. Und wohl dem, der seine hoffentlich auch erwiderte Liebe so ausdrücken kann, aber besonders auch dem, der seinem Liebeskummer mit Hilfe der Lyrik alle oder wenigstens einige Ventile öffnen kann.
Wenn die Seele rebelliert, sich gegen die Last des Alltags
stemmt, kann Literatur entstehen, vorwiegend Lyrik. Dann sprießt jene Poesie
der schwermütigen Innerlichkeit, mit der uns schon Novalis in seinen Hymnen an
die Nacht mehr oder weniger beglückte.
Vor sechs Jahren erschien im Engelsdorf Verlag ein
Gedichtband, der diesem Entstehungsprozess von poetischer Kunst sehr gut
nachvollziehbar Rechnung trägt. Zu Füßen
Edens ist eine Gedichtsammlung,
die in vier Chroniken aufgeteilt ist
und mit zwei Widmungen (James Douglas
Morrison und An den Nazarener)
endet. Der Autor dieser Gedichte, Manuel
Junginger, ist ein junger Mann, 1981 im rumänischen Timişoara / Temeswar
geboren und in Landshut zu Hause. Was er da gedichtet hat, ist reine Poesie der
Auseinandersetzung mit dem Schicksal.
Der Poet sitzt schon im ersten Gedicht Zu Füßen Edens und lässt uns rätseln, ob er am Ufer des Flusses Eden
(als Sorgenhalde) mit seinem Schicksal oder vielleicht sogar mit dem biblischen
Wonne-Garten Eden hadert: „Zu Füßen Edens will ich einkehren, / Wenn der
Abschied kommt im schwarzen Gewand.“
Wie auch immer, der Ausdruck der Gefühle muss ja
schlussendlich zu etwas führen, und wenn’s nur die Unsterblichkeit ist. Im
Poetenduktus: „Um zu bleiben für die Ewigkeit.“ (Botschaft an den Dichter). Die Ewigkeit hat leider auch immer etwas
mit Endzeitstimmung zu tun. Und daran mangelt es Manuel Jungingers Lyrik wahrlich nicht. Das ist zwar nicht
besonders erbaulich für den Leser, aber auch nicht deprimierend. Und Letzteres
könnte an der Form der Gedichte liegen, die zurück in die Zeit der deutschen
Klassik und Romantik weist. Junginger bleibt dem Kreuz- und Paarreim treu und
bedient sich sogar in einem Sonett der Strophenform des 16. Jahrhunderts, um
seine ambivalente Gefühlswelt – Hoffnung in den Quartetten und Enttäuschung in
den Terzetten – in Poesie zu gießen. Mit Der
müde Priester ist Junginger hier
ein Meisterstück der Dichtkunst gelungen. Dabei bleibt er in der
Quartett-Strophe Petrarca und Shakespeare treu (abab, cdcd), wählt in
den zwei Terzetten aber dann die Reimform cde, cde und nicht efef, gg.
Die Gedichte in diesem Band haben die Gabe, auch wenn viele
sehr düster klingen, Bilder im Kopf des Lesers zu generieren, was dazu führt, dass sie nicht vor übermäßiger Introvertiertheit ins Unverständliche
gleiten. Dieser Gefahr hat Manuel
Junginger bewusst entgegengewirkt, weil er erkannt hat, dass „Es ist als,
als könnten Worte malen, / Sie bringen dich an jeden fernen Ort.“ (Weit weg von allem).
Obwohl für einen noch jungen Dichter da schon ziemlich viel
Hoffnungslosigkeit durch die Verse mäandert, gibt es auch bei ihm ein Licht am
Ende des Tunnels. Dabei wird es niemand wundern, dass dieser Schein zuerst mal
gewaltig irrlichtert, bevor er so etwas wie ein Herantasten an Gegenwart und
Zukunft, sogar im Imperativ, spüren lässt: „Die Ahnen flüstern im Morast der
Zeit, / Fürchterliche Dinge haben sie uns zu sagen. / [...] / Wir sollten
leben, lasst uns endlich leben, / Uns sollte bewusst werden, dass wir
existieren.“ (Im Morast der Zeit).
Vielleicht hilft es dem Leser, wenn hier erwähnt wird, dass die Eltern des
Autors aus den ehemals deutsch geprägten Dörfern des Banats Bruckenau / Pişchia
(Mutter) und Jahrmarkt / Giarmata (Vater) stammen.
Verzweifelt hier ein Dichter an seiner Welt? Nein. Er ist
nur ehrlich. Zumindest so kommt seine Lyrik rüber. Und zum Schluss erklingen
sogar sozialkritische Töne. Natürlich wäre Junginger
ein schlechter Dichter, könnte er nicht überhöhen – auch in seinen dunkelsten,
von Sarkasmus geprägten Visionen: „Es wird Frieden sein auf Erden, / Weder Hass
noch Lüge werden flüstern; / es wird eine neue Erde werden, / Nur vom Menschen
wird sie nichts mehr wissen.“ (Es wird
Frieden sein).
Das ist aber eine verdammt schöne Vorahnung. Auch wenn wir
Menschen nichts mehr von ihrer (eventuellen) Verwirklichung haben werden.
Deswegen dem Dichter zu zürnen, wäre trotzdem grundfalsch; sich hingegen seiner
Fantasiewelt mit Dämonen, Tod, Gefangenschaft, Misstrauen, Todessehnsucht, aber
auch mit Demut vor der Natur und Liebe zu nähern, kann durchaus eine erbauliche
Angelegenheit sein.
„Ich bin nur ein Poet, doch du bist Poesie - / Leben, ohne
dich fänd' ich diese Worte nie.“ (Dem
Leben).
Anton Potche
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