Mittwoch, 1. Februar 2017

Eine durch und durch korrupte Politikerkaste

Die rumänische Regierung hat am späten Abend des 31. Januar mit einer Eilordonanz das Strafgesetzbuch dahingehend geändert, dass viele straffällige Politiker nicht mehr belangt werden können. In der gleichen Sitzung wurde ein Gesetzentwurf bewilligt, der eine Amnestie zum Inhalt hat, die vielen wegen Korruption, Interessenkonflikten und anderen Vergehen eingesperrte Politiker die Freiheit bringen könnte.

Rumäniens Präsident Klaus Johannis hat sich per Facebook an das Volk gewandt und vor einer Gefährdung der Demokratie gewarnt. Obwohl diese Sitzung so spät angesetzt war, strömten in mehreren Großstädten Rumäniens hunderte, in Bukarest tausende Menschen auf die Straßen und protestierten gegen die Maßnahmen der von Sozialdemokraten dominierten Regierung.

Rumänien hat in den zurückliegenden Jahren, nach seinem Eintritt in die EU, in Brüssel anerkannte und nicht selten lobend erwähnte Fortschritte im Kampf gegen die Korruption gemacht. Umso schwerwiegender ist jetzt dieser Rückschlag. Der mitternächtliche Aufruf des Präsidenten an das rumänische Volk lässt keine Zweifel an seiner Sorge ob der Ernsthaftigkeit der Lage aufkommen: „Liebe Rumänen, heute ist ein Trauertag für den Rechtsstaat. Rechtsstaat, der heute einen heftigen Schlag von den Gegnern der Justiz, der Gerechtigkeit und des Kampfes gegen die Korruption bekommen hat. // Die PSD- und ALDE-Regierung hat den Traum und die Bestrebungen von Millionen freien Rumänen, die in einem von Korruption bereinigten Land leben wollen, ignoriert. // Heute hat die PSD- und ALDE-Regierung die Arbeit von zehntausenden aufrichtigen und tapferen Menschen aus der rumänischen Justiz, die in den letzten Jahren bewiesen haben, dass niemand und nichts über dem Gesetz steht, zunichte gemacht. // Die PSD- und ALDE-Regierung hat die Bemühungen Millionen von Rumänen, aus Rumänien ein in Europa respektiertes Land zu machen, zerstört! // Ab heute wird die Schadensgutmachung sehr schwer. // Die Dezemberwahl hat zur Bildung einer Mehrheit geführt, die eine legitime Regierung gebildet hat. Aber das Votum bildet keinen Freibrief für eine Mehrheit, alles tun zu dürfen, vom Erlassen populistischer Maßnahmen, die riskieren, die wirtschaftliche Stabilität der nächsten Jahre infrage zu stellen, bis zum wahrhaftigen Treten der Justiz und des Rechtstaates. //  Im Dezember sind die Menschen mit der Hoffnung für ein besseres Leben zur Wahl gegangen und nicht für eine geschwächte Antikorruptionsgesetzgebung. // Es stellt sich die Frage, wie wir in Zukunft Rumänien sehen wollen, als Land, in dem die Menschen leben wollen, oder das sie verlassen wollen. // Die Herausforderung des Volkes seitens der PSD ist vollkommen. Sie vergisst aber einen essenziellen Faktor. Die Werte, auf denen ein demokratischer Staat aufgebaut ist, ein wahrhafter Rechtsstaat, gehören nicht einer nach den Umständen variierenden Mehrheit oder Minderheit, sondern uns, allen Rumänen. // Ab heute ist es meine Aufgabe, den Rechtsstaat wieder herzustellen. Ich werde alles mir Mögliche unternehmen, um aus Rumänien ein von der Korruption befreites Land zu machen! Ich werde bis zum letzten Tag meines Mandats für diese Sache kämpfen!“

Das ist eine klare Kampfansage an die sozialdemokratische Politikerkaste des Landes, die gerade dabei ist, ihrem seit Jahren gesetzwidrigen Gebaren einen gesellschaftlichen Anstrich zu verpassen. Die Frage ist nur, wie groß der Rückhalt des Präsidenten in der rumänischen Gesellschaft überhaupt noch ist. Auch seine Anerkennungswerte waren in den letzten Monaten im Sinken. Ein Land, in dem man Trink-, Schmier- und Bestechungsgeld in einem Wort zusammenfasst - șpagă - und das seit Jahrhunderten zur DNA eines ganzen Volkes gehört, ist in Sachen Korruption kaum reformierbar, trotz aller bisher erzielten Erfolge.

Die Lage ist umso komplizierter, als in der Regierung nur Marionetten von im Hintergrund mehr oder weniger auffällig agierenden „Baronen“, wie das Volk sie nennt, sitzen. Die nationalliberale Opposition ist selbst von Korruptionsaffären geschwächt und sogar Klaus Johannis scheint wegen alten Häuser- und Grundstücksgeschichten sowie Bereicherungsgerüchten (aus Nachhilfeunterricht) nicht ganz unangreifbar zu sein. Die Zivilgesellschaft zeigt sich in diesen Tagen zwar in den Straßen, eine klare Koordination ihrer Aktionen ist aber nicht zu erkennen.

In Brüssel hatte man schon immer ein besonderes Augenmerk auf die rumänische Justiz. Und das wird nach den momentanen Entwicklungen in der rumänischen Politik wahrscheinlich noch eine Weile so bleiben, denn die neuen Verordnungen sind schlichtweg hanebüchen: Amtsmissbrauch, der zu einem Schaden von bis zu 200.000 Lei (ca. 45.000 Euro) führt, wird nicht mehr als Straftat bewertet; Oberflächlichkeit im Amt wird unabhängig von der Größe des entstandenen Schadens nicht mehr geahndet; usw., usf. (aus EVENIMENTUL ZILEI). Wie auch immer, Rumänien scheint ein „heißer“ Frühling bevorzustehen. Die Baustellen in der EU werden nicht geringer.

Anton Potche

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