Rumäniens Präsident Klaus
Johannis hat sich per Facebook an das Volk gewandt und vor einer Gefährdung
der Demokratie gewarnt. Obwohl diese Sitzung so spät angesetzt war, strömten in
mehreren Großstädten Rumäniens hunderte, in Bukarest tausende Menschen auf die
Straßen und protestierten gegen die Maßnahmen der von Sozialdemokraten
dominierten Regierung.
Rumänien hat in den zurückliegenden Jahren, nach seinem
Eintritt in die EU, in Brüssel anerkannte und nicht selten lobend erwähnte
Fortschritte im Kampf gegen die Korruption gemacht. Umso schwerwiegender ist
jetzt dieser Rückschlag. Der mitternächtliche Aufruf des Präsidenten an das
rumänische Volk lässt keine Zweifel an seiner Sorge ob der Ernsthaftigkeit der
Lage aufkommen: „Liebe Rumänen, heute ist ein Trauertag für den Rechtsstaat.
Rechtsstaat, der heute einen heftigen Schlag von den Gegnern der Justiz, der
Gerechtigkeit und des Kampfes gegen die Korruption bekommen hat. // Die PSD-
und ALDE-Regierung hat den Traum und die Bestrebungen von Millionen freien
Rumänen, die in einem von Korruption bereinigten Land leben wollen, ignoriert.
// Heute hat die PSD- und ALDE-Regierung die Arbeit von zehntausenden
aufrichtigen und tapferen Menschen aus der rumänischen Justiz, die in den
letzten Jahren bewiesen haben, dass niemand und nichts über dem Gesetz steht, zunichte
gemacht. // Die PSD- und ALDE-Regierung hat die Bemühungen Millionen von
Rumänen, aus Rumänien ein in Europa respektiertes Land zu machen, zerstört! //
Ab heute wird die Schadensgutmachung sehr schwer. // Die Dezemberwahl hat zur
Bildung einer Mehrheit geführt, die eine legitime Regierung gebildet hat. Aber
das Votum bildet keinen Freibrief für eine Mehrheit, alles tun zu dürfen, vom
Erlassen populistischer Maßnahmen, die riskieren, die wirtschaftliche
Stabilität der nächsten Jahre infrage zu stellen, bis zum wahrhaftigen Treten
der Justiz und des Rechtstaates. // Im
Dezember sind die Menschen mit der Hoffnung für ein besseres Leben zur Wahl
gegangen und nicht für eine geschwächte Antikorruptionsgesetzgebung. // Es
stellt sich die Frage, wie wir in Zukunft Rumänien sehen wollen, als Land, in
dem die Menschen leben wollen, oder das sie verlassen wollen. // Die
Herausforderung des Volkes seitens der PSD ist vollkommen. Sie vergisst aber
einen essenziellen Faktor. Die Werte, auf denen ein demokratischer Staat aufgebaut
ist, ein wahrhafter Rechtsstaat, gehören nicht einer nach den Umständen
variierenden Mehrheit oder Minderheit, sondern uns, allen Rumänen. // Ab heute
ist es meine Aufgabe, den Rechtsstaat wieder herzustellen. Ich werde alles mir
Mögliche unternehmen, um aus Rumänien ein von der Korruption befreites Land zu
machen! Ich werde bis zum letzten Tag meines Mandats für diese Sache kämpfen!“
Das ist eine klare Kampfansage an die sozialdemokratische
Politikerkaste des Landes, die gerade dabei ist, ihrem seit Jahren
gesetzwidrigen Gebaren einen gesellschaftlichen Anstrich zu verpassen. Die
Frage ist nur, wie groß der Rückhalt des Präsidenten in der rumänischen
Gesellschaft überhaupt noch ist. Auch seine Anerkennungswerte waren in den
letzten Monaten im Sinken. Ein Land, in dem man Trink-, Schmier- und
Bestechungsgeld in einem Wort zusammenfasst - șpagă - und das seit
Jahrhunderten zur DNA eines ganzen Volkes gehört, ist in Sachen Korruption kaum
reformierbar, trotz aller bisher erzielten Erfolge.
Die Lage ist umso komplizierter, als in der Regierung nur
Marionetten von im Hintergrund mehr oder weniger auffällig agierenden
„Baronen“, wie das Volk sie nennt, sitzen. Die nationalliberale Opposition ist
selbst von Korruptionsaffären geschwächt und sogar Klaus Johannis scheint wegen alten Häuser- und
Grundstücksgeschichten sowie Bereicherungsgerüchten (aus Nachhilfeunterricht) nicht
ganz unangreifbar zu sein. Die Zivilgesellschaft zeigt sich in diesen Tagen
zwar in den Straßen, eine klare Koordination ihrer Aktionen ist aber nicht zu
erkennen.
In Brüssel hatte man schon immer ein besonderes Augenmerk auf
die rumänische Justiz. Und das wird nach den momentanen Entwicklungen in
der rumänischen Politik wahrscheinlich noch eine Weile so bleiben, denn die
neuen Verordnungen sind schlichtweg hanebüchen: Amtsmissbrauch, der zu einem
Schaden von bis zu 200.000 Lei (ca. 45.000 Euro) führt, wird nicht mehr als
Straftat bewertet; Oberflächlichkeit im Amt wird unabhängig von der Größe des
entstandenen Schadens nicht mehr geahndet; usw., usf. (aus EVENIMENTUL ZILEI). Wie
auch immer, Rumänien scheint ein „heißer“ Frühling bevorzustehen. Die
Baustellen in der EU werden nicht geringer.
Anton Potche
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