Ein sehr bekannter und viel gespielter Marsch trägt den
Namen Castaldo. Sein Komponist hieß Rudolf Novácek (1868 – 1929). Der
gebürtige Tscheche konnte aufgrund seiner langjährigen Abwesenheit aus der
Heimat nur gebrochen Tschechisch, was ihn irgendwann um die Stelle eines
Musikreferenten in der tschechischen Armee bringen sollte. Dafür ist er aber in
der Habsburgermonarchie ganz schön herumgekommen. In Wien war er Student bei Josef Hellmesberger jun. (Violine); er
studierte auch in Budapest, wurde Militärmusiker und Dirigent in Pilsen,
dirigierte in Prag, betätigte sich in Temeswar und Bukarest als Musikpädagoge
und bereiste als Dirigent Bulgarien, Russland, Holland und Deutschland. Und er
komponierte.
Hier hat einer aber tief in die Geschichtstruhe gegriffen,
dachte ich mir unlängst, als ich diesen Marsch wieder hörte. Der kaiserliche
General Giovani Battista Castaldo
war eine politische und militärische Persönlichkeit, die beim Untergang der
christlichen und zu Beginn der ottomanischen Herrschaft im Banat zugegen war,
ohne den Machtwechsel allerdings verhindern zu können.
30 Jahre nach dem Fall Belgrads in die Hände der Türken
wollte Sultan Süleyman I. auch das
Banat mit seinen Festungen unter seine Herrschaft bringen. Das wiederum gefiel
dem Habsburger Ferdinand I. überhaupt nicht. Schließlich und
endlich schielte auch er nach den Königskronen von Böhmen, Kroatien und Ungarn
und nicht zuletzt nach dem Fürstentum Siebenbürgen. Also schickte er schon mal 7000
Söldner unter General Giovani Battista
Castaldo (1493 – 1563) ins
Fürstentum. Die kamen am 4. Juni
1551 dort an. Und ab da führte der italienische General eine rege
Korrespondenz, wofür Historiker ihm heute noch dankbar sind. Und Komponisten –
dachte ich. Denn wem konnte ein österreichischer Militärmarsch, komponiert von
einem im Banat lebenden österreichischen Militärkapellmeister schon gewidmet
sein, wenn nicht einem Habsburg treuen General?
Weit gefehlt! In Temeswar war Rudolf Novácek kein Militärmusiker mehr. (Der Musikwissenschaftler Franz Metz hat einen ausführlichen Essay über seinen Werdegang geschrieben.) Militärkapellmeister war er nur in
Pilsen und Prag. In der tschechischen Hauptstadt leitete er die Militärkapelle
des Infanterieregiments Nr. 28, das unter dem Befehl von Oberst Ludwig Castaldo (1839 – 1910) stand.
Dieser Offizier war der Namensgeber des Castaldo-Marsches.
Wie auch immer, der Bezug zum Banat bleibt bestehen, denn Rudolf Novácek ist zwar in Prag gestorben, seine sterblichen
Überreste wurden aber in Temeswar zur ewigen Ruhe gebettet.
Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob der Castaldo-Marsch auch in Jahrmarkt mit
seinen vielen Blaskapellen gespielt wurde. Möglich wäre es, denn Franz Metz schreibt in seinem Essay: „Einen guten Kontakt unterhielt Novácek zu dem Kapellmeister des k.u.k. Infanterieregiments Nr. 61 Jan Gottwald. Das Regiment lag seit
1911 in Temeswar und dessen Musik wurde 1916 zur Garnisonsmusik Temeswar.“ Bei
dieser Regimentskapelle spielten vier Musikanten aus Jahrmarkt, unter ihnen
auch einer, der später Kapellmeister in Jahrmarkt, Sackelhausen und dem
Temeswarer Textilunternehmen ITT werden sollte: Martin Loris. Seine Jahrmarkter Kollegen in der Regimentskapelle
waren Georg Braunecker, Michael Krämer und Franz Lambert, vermerkt Pfarrer Franz Demele in seinem Buch Temesgyarmat
während der Kriegszeit 1914 – 1918. Wenn man berücksichtigt, dass der Castaldo-Marsch schon 1890 entstand, ist
es bestimmt nicht abwegig, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass der
Marsch auch in Jahrmarkter „Marschbichelcher“, wie es im Dorfdialekt hieß, vorhanden war. Diese
Möglichkeit besteht natürlich auch für die Blaskapellen anderer Dörfer des
Banats.
In einer Liste mit 102
Infanterieregimentsmärschen (nach Reinhard
Wieser) wird der Castaldo-Marsch
als Regimentsmarsch des in Innsbruck stationierten Infanterieregiments Viktor
Emanuel III. König von Italien vormals k.u.k. Infanterieregiment Nr.28 (Prag) angeführt.
Anton Potche
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