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Konzert in Ingolstadt |
Ernst Hutter & Egerländer Musikanten gastierten einen Tag
vor Dreikönig in Ingolstadt. Eine Krönungsmesse der böhmischen Blasmusik. Das
ist alles sehr weit weg von unterhaltsamer Volksmusik. Für mich gehörte diese
Blaskapelle schon immer zu den technisch und interpretatorisch versiertesten
Bläserensembles hierzulande. Also konnte an diesem Abend nichts schiefgehen. Ich
war innerlich total auf den absoluten Kunstgenuss eingestellt. Dazu gesellte
sich noch der Zufall, dass mein Junior-Kapellmeister aus banatschwäbischen
Zeiten, Hans Kaszner, bei diesem
Konzert umständehalber (Erkrankung eines Kollegen) wieder einmal Tenorhorn
spielte und nicht Posaune. Da kam bei mir sofort echte Mosch-Nostalgie auf. Wie
weit diese Zeiten schon zurückliegen, als man die Original Egerländer Musikanten
noch regelmäßig im öffentlich rechtlichen Fernsehen hören und sehen konnte,
wenn auch nur im Playbackmodus – irgendwie hatte man sich damit arrangiert -,
und Kaszner sowie Hutter (beide Tenorhorn), aber auch Helmut Kassner, Franz Tröster (Flügelhorn) und nicht zuletzt Oswald Windrich (Basstuba) als Jungspunde zu den Nachwuchskräften
der Kapelle gehörten.
Umso mehr brillieren sie heute live mit ihrem Können in den
Konzertsälen Deutschlands und einiger Nachbarländer: Ernst Hutter & Egerländer
Musikanten. So war es, kurz und bündig formuliert, auch diesmal in
Ingolstadt. Und doch treibt mich nach diesem in summa hochkarätigen Konzert
eine Frage um: Wieso verlässt man immer wieder den Pfad des konzertanten
Musizierens und gibt sich einer billigen Bierzeltmentalität hin? Regelmäßig
gehen dem hohen Blech, besonders den Trompeten mit ihren Signalen, die Pferde
durch: Je höher und je lauter, lautet die Devise. Dem wäre auch kaum etwas
entgegenzusetzen, hat dieses Blasorchester doch alle erdenklichen Fähigkeiten,
mit virtuosen Passagen zu glänzen. Und die gibt es in seinem anspruchsvollen
Repertoire zuhauf.
Nur nehmen sich einige Bläsergruppen gerade dort nicht zurück - das gilt
stellenweise auch für den Schlagzeuger -, wo es am dringlichsten angebracht
wäre. Es ist weiß Gott nicht angenehm, mitzuerleben, wie ein so gut
harmonierendes Sängerpaar wie Katharina
Praher & Nick Loris von schrillen Trompetentönen zur Lautlosigkeit
verdammt ist, trotz seiner Bemühungen, die Wortbotschaft der gesungenen Stücke
dem Auditorium zu vermitteln. Die beiden taten mir zum Ende fast jeden Liedes
leid, wenn ich sie wie zu Statisten dagradierte Gestalten vor dem sich zum
Fortissimo aufplusternden Orchester stehen sah. Es muss doch möglich sein, ein
Finale so zu gestalten, dass die Einsätze des hohen Blechs auch den
menschlichen Stimmen noch eine Chance zum Wahrgenommenwerden geben.
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Fotos: Anton Potche |
Wegräumen von Stolpersteinen auf dem nie endenden Weg zur
Perfektion gehört zur Zielsetzung eines jeden großen Künstlers und Ensembles.
An der Donau lag ein solcher Stein auch auf dem Weg der Egerländer Musikanten. (Vielleicht
hatte er sich nur im Verstärkerpult des Toningenieurs versteckt.) Als
leidenschaftlicher Hörer böhmischer Blasmusik hoffe ich aus ganzem Herzen, dass
Ernst Hutter und seine Mannen den kleinen
Stein an der Donau gesehen, aufgehoben und im Strom versenkt haben. Ihre vor
dem Orchester stimmlich so hervorragend agierenden Botschafter der Liebe,
Heimat und Erinnerung werden ihnen zusammen mit vielen treuen Fans bestimmt
dankbar dafür sein.
Anton Potche
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