Natürlich gibt es gar keinen Vergleich zwischen der 1821 in
Jahrmarkt / Banat / Rumänien errichteten Wälter-Orgel und der 1986 von Georg Jann erbauten Orgel in der
Ingolstädter Kirche Maria de Victoria. Und trotzdem fiel mir Erstere ein, als
ich kürzlich einem Händel-Konzert auf der Jann-Orgel beiwohnte. Und diese
Erinnerung war besonders ausgeprägt als drei der Eight Pieces for a Musical Clock sowie das Orgelsolo Largo e staccato – Adagio aus Concerto F-Dur für Orgel und Orchester HWV
295 von der Empore der Ingolstädter Asamkirche erklangen.
Es war die Klarheit dieser nicht von Harmonien überlasteten
Melodien, die mich an den Klang der Jahrmarkter Orgel denken ließ … und alles
was damit an reichen Erinnerungen, die einem ja bekanntlich niemand mehr nehmen
kann, zusammenhängt. Dabei dachte ich nicht an die Orgelmusik, die ich als Kind
und Jugendlicher sporadisch – ich war nie ein standfester Christ – in einem
Gottesdienst oder einer Hochzeit hörte, sondern an die CD-Einspielung, die der
verdienstvolle Organist und Musikwissenschaftler Dr. Franz Metz im Jahre 1990, als die letzten Deutschen und damit die
fast letzten Katholiken (es gibt noch wenige rumänische und ungarische
katholische Seelen) auf gepackten Koffern saßen, um ihr Heil in Deutschland zu
suchen, vorgenommen hat.
Auch da sind einfache Melodien zu hören … und der Klang von
anno dazumal. Auch er bleibt neben dem Klang der Blasmusik für mich Erinnerung.
Und so wie es mir beim Besuch eines Live-Kirchenkonzertes geht, könnte es
vielen meiner Banater Landsleute gehen: Sie könnten sich an den auf CD
verewigten Klang ihrer Kirchenorgel erinnern und mehr noch, sich ihre Töne
wieder anhören. Auf der Doppel-CD Banater
Orgeln hat Dr. Franz Metz den
Klang der Kirchenorgeln aus Kirchen folgender Ortschaften festgehalten:
Jahrmarkt, Orzydorf, Alexanderhausen, Perjamosch-Altdorf, Perjamosch-Haulik,
Großsanktnikolaus, Altbeschenowa Großsanktnikolaus / Ratzsanktpeter, Orawitza,
Reschitza, Arad – Synagoge und Temeswar - Notre Dame (CD 1) sowie Gertjanosch,
Lenauheim, Lovrin, Billed, Guttenbrunn, Fibisch, Lippa, Neudorf und Traunau (CD
2).
Dr. Franz Metz
wäre nicht der akribische Wissenschaftler und Forscher, für den man ihn hält,
würde nicht auch dieser Produktion ein informatives und sehr ansehnlich
gestaltetes Booklet beigefügt sein. Farbfotos der hier erklingenden Orgeln
bereichern die Vitas der Instrumente, die auch unsere Lebensläufe im Banat von
der sprichwörtlichen „Wiege bis zur Bahre“ begleitet haben.
Auf der Orgel in Jahrmarkt hat Dr. Franz Metz vier kurze
Stücke vom Deutschböhmen Johann Baptist
Peyer (um 1678 – 1733) eingespielt. Mit den Händel-Miniaturen, die ich im
eingangs erwähnten Konzert gehört habe, haben diese Peyer-Kompositionen die
Kürze gemeinsam. Ob die zwei Komponisten von der Existenz des jeweils anderen
wussten, ist mir nicht bekannt. Möglich ist es allerdings, denn Georg Friedrich Händel (1685 – 1759)
war mit seinem Engagement in England schon zu Lebzeiten eine Berühmtheit. Also
wäre es nicht ganz von der Hand zu weisen, dass zumindest Peyer von Händel oder
vielleicht sogar etwas von seiner Musik gehört hatte.
Sicher ist allerdings, dass die Aufnahmen aus der
Jahrmarkter und so manchen anderen Kirchen aus dem Banat, zu Recht als
historisch betrachtet werden können, während die sonntäglichen Orgel- und Orchesterkonzerte
in Ingolstadt reale Gegenwart und hoffentlich auch Zukunft sind. Und wenn sie
den einen oder anderen Konzertbesucher zu musikalischen Erinnerungen in stillen
Hirn- und Herzkämmerchen anregen, werden sie auch weiterhin ihren Zweck
erfüllen, ebenso wie die Doppel-CD von Dr. Franz
Metz, die man zum Preis von 16,50 € plus Versand über die Homepage http://www.edition-musik-suedost.de/
erwerben kann.
Anton Potche
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