Montag, 11. Februar 2019

Vergoldete Kammerspiele in Ingolstadt?

Das ist kein Ribéry-Steak auf dem Modell im Bild nebenan. Es könnte noch um einiges teurer sein als der kulinarische Happen des alternden Bayern-Stars, oder besser gesagt, werden. Denn während des Fußballstars Goldsteak längst verzehrt ist, könnte das Goldstück auf dem Modell den Ingolstädter Stadträten noch einige spannende Debatten bescheren.

Dieses vergoldete Modellstück stellt die Kontur der Ingolstädter Kammerspiele dar. Das zweite Domizil des Ingolstädter Stadttheaters soll nämlich den Betrieb des Theaters für die kommenden Jahre sichern, wenn der in die Jahre gekommene Hämer-Bau, also das seit 1966 an der Donau existierende Theatergebäude, generalsaniert wird. Dass das Haus saniert werden wird, steht außer Zweifel. Nur eben wann. Schon vor 12 Jahren opponierte sich der damals 85 Jahre alte Hardt-Waltherr Hämer über Reparaturarbeiten, die ohne sein Wissen in Angriff genommen werden sollten. Er fühle sich „wie ein dummer Lackl“, wurde Hämer (1922 - 2012) von BauNetz zitiert, und das besonders, weil man seine Anwesenheit auf dem Dach seines Entwurfs zu einem Pressetermin missbraucht habe. Damals war in Ingolstadt noch Baureferent Pögl federführend für die auf viele Jahre anberaumten Arbeiten am Stadttheater. Das Theater auf dem Theater sorgte damals für einige Aufmerksamkeit in den Medien.

Heute ist Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle in vorderster Frontreihe für dieses nicht enden wollende Projekt in Ingolstadt tätig. Sie war es auch, die gestern noch einmal durch die Ausstellung der Wettbewerbspläne und Modelle zum Architektenwettbewerb „Neubau Kammerspiele“ führte. Diese Kammerspiele – wohlgemerkt, kein Konzertsaal für das Georgische Kammerorchester, wie ich das mittlerweile von einigen Zeitgenossen als deren Vermutung vernahm – wurden notwendig, weil die Sanierungsarbeiten im Hämer-Bau jetzt langsam an die innere Bausubstanz gehen sollen, was einen regulären Theaterbetrieb nicht mehr möglich macht. Also Kammerspiele sind nicht mehr und nicht weniger als ein etwas kleineres Theater. Dort soll der Betrieb weiter gehen. Allzu klein, darf das neue Haus in Ingolstadt aber auch nicht werden, wenn man bedenkt, dass der große Aufführungssaal im alten Bau, genannt Großes Haus,  mit seinen 663 Plätzen sehr oft ausverkauft ist.

Kammerspiele müssen also her. Der Startschuss für dieses Bauvorhaben wurde im Februar 2017 – für Ingolstädter Verhältnisse bis heute eine sehr kurze Zeit – mit einer Auftaktveranstaltung inklusive Bürgerbeteiligung gegeben. Im Sommer des gleichen Jahres fanden weitere öffentliche Informationsveranstaltungen statt, an denen sich neben Architekten, Stadtplanern, Theaterschaffenden und Politikern auch die Ingolstädter Bürgerschaft beteiligte. Und es ging gleich hoch her. Jeder wollte das neue Theater an einer anderen Stelle sehen. Dass es gleichzeitig irgendjemand irgendwie im Wege stand ist wohl nicht verwunderlich. Im Herbst 2017 wurden 15 Architekturbüros eingeladen, um ihre Vorstellungen zur Standortfrage zu präsentieren. Die Entwürfe wurden öffentlich präsentiert und wie üblich akzeptiert und zerrissen.

Im Februar 2018 entschied sich  dann der Stadtrat  für einen europaweiten Wettbewerb. Am ausgelobten Realisierungswettbewerb „Neubau Kammerspiele“, der mit der 2017 diskutierten Standortfrage nicht verwechselt werden darf, haben sich dann 14 Büros beteiligt. Eine Jury „zusammengesetzt aus externen Fachpreisrichtern, Stadträten und Vertretern der Verwaltung sowie Sachverständigen, Beratern, z.B. aus dem Bereich der Akustik, aber auch vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege“ (Mitteilung der Stadt Ingolstadt) haben die Arbeiten begutachtet und den Sieger gekürt. Es sind die Architekten und Landschaftsgestalter von blauraum Architekten GmbH, Hamburg mit Adler & Olesch Landschaftsarchitekten GmbH, Nürnberg. Ihr Model beinhaltet auch das sofort in die Augen stechende Goldstück.

Ob es den Ingolstädter Stadträten allerdings so gut schmeckt wie ein Gold-Steak, wird sich bei ihrer Entscheidung in einer der nächsten Stadtratssitzungen herausstellen. Vergoldet ist das geplante Kammerspiel-Vorhaben in Ingolstadt aber allemal, denn kein Geringerer als Landesvater Markus Söder persönlich hat den Ingolstädtern versprochen, das Sanierungsprojekt des Hämer-Baus', einschließlich der neuen Kammerspiele, mit 75 Prozent aus der Landeskasse zu fördern – auch wenn das Gesamtprojekt die Summe von stolzen 80 Millionen Euro übersteigen sollte.

Fotos: Anton Potche
Wenn der Ministerpräsident dieses Mal nur nicht zu voreilig gewesen war. Man denke nur an die Kostensteigerungen beim Bau des Museums für Konkrete Kunst. Aber gut, man sollte bei allem Ärger das Glas halb voll lassen und davon ausgehen, dass der Volksmund Recht hat, wenn es heißt, aus Alt Neu machen, kommt fast immer teurer als gleich Neu machen. Das Goldstück auf dem blauraum-Modell für die Ingolstädter Kammerspiele ist immerhin neu. Und das Interesse der Bürgerschaft ist groß. Man scheint dieses Haus zu wollen, trotz aller Unkenrufe, die aus den politischen Parteien vor Ort an die Öffentlichkeit gelangen.
Anton Potche

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