Irgendwie war mir diese
Fernsehsendung abhanden gekommen. Jetzt, im zweiten Pandemiejahr, war
sie plötzlich wieder da. Woran es lag weiß ich nicht, am
ausstrahlenden Sender oder an meinem PC. Ob gar
ein automatisches Update mir die
Sendung wieder auf den Bildschirm brachte, wird ein ewiges Geheimnis
bleiben. Soll es ruhig! Wichtig ist, eine Gewohnheit, die ich in
den letzten Jahren verinnerlicht hatte, kann sich wieder in
meinem Wochenrhythmus festsetzen: das Anklicken der deutschen Sendung
AKZENTE, ausgestrahlt vom rumänischen Fernsehsender TVR+
(Televiziunea Română) jeweils donnerstags
um 14 Uhr 10 deutscher Zeit. Und vielleicht
noch wichtiger: Die Mediathek mit bis in den Frühling des ersten
Pandemiejahres zurückreichenden Sendungen ist abrufbar.
Also machte ich mich frohgemut und voller Erwartungen an die Arbeit. Das heißt, ab der ersten verfügbaren Sendung. Weil die aber wie alle anderen auch um die 90 Minuten dauerte, klickte ich mich eben durch und verweilte bei mir interessanten Themen. Ich kam relativ gut vorwärts, bis zu jener Sendung vom 24. September 2020. Irgendwie hatte ich die Herrschaft über meine Maus verloren. Sie wollte partout nicht weiterklicken. Das war aber kein motorikbedingtes Problem, sondern ein geistiges. Und Schuld an der Situation waren die an jenem Tag gesendeten Inhalte.
Screenshot: Anton Potche
Es ging los mit der 30.
Auflage der Reschitzaer Deutschen Literaturtage. Das war eine
gemischte reale und virtuelle Veranstaltung mit 80% Onlinebeiträgen.
Vor allem war sie technisch gut gemacht. Und auch inhaltlich war sie
auf der Höhe. Garant dafür waren Teilnehmer
wie Nora Iuga, die bereits legendäre
zweisprachige Dichterin aus Bukarest - sie las rumänische Gedichte
und Beatrice Ungar von der HERMANNSTÄDTER ZEITUNG die
deutsche Fassung -, Christel Ungar, die nicht nur seit Jahren
die deutsche Sendung des Rumänischen Fernsehens leitet, sondern sich
auch als Lyrikerin versucht, Hochschullehrerin Carmen-Elisbeth
Puchianu mit einer theatralischen Rezitation, die durchaus auch
an Paul Celans jedes Wort betonenden Vortragsstil erinnert,
oder Lucian Vărșăndan,
Theaterintendant & Lyriker, dem
angeblich wieder die Leitung des Deutschen Staatstheaters Temeswar
anvertraut werden soll. Zu den Jüngeren in diesem bewährten Reigen
stießen zu diesem Anlass auch Bianca Barbu und Arnold
Schlachter, beide aus Temeswar. Aus Deutschland zugeschaltet war
Horst Samson. Der Motor dieser Literaturtage in Reschitza war
auch heuer wie seit vielen Jahren Erwin Josef Țigla.
(Die angeführten
Personen waren nur die in Wort- und Bildbeiträgen zu
sehenden Protagonisten. Es gab natürlich noch andere Teilnehmer an
dieser außerhalb des deutschen Sprachraums einzigartigen deutschen
Literaturveranstaltung.)
Ich
war zufrieden und wollte weiterklicken, wenn, ja wenn der folgende
Beitrag nicht schon nach den ersten Sekunden meine Aufmerksamkeit
gefesselt hätte. Ein
„Festival
der Oper und Operette im Freien“ kündigte die Moderatorin
Sonia
Argint Ionescu
an.
Die
Rumänische Nationaloper Temeswar gestaltete ihre Saisoneröffnung
mit mehreren
Freilichtkonzerten
im
Sommergarten der Philharmonie Banatul. Christian
Rudic,
Intendant der Temeswarer Oper, erzählt in dem Filmbeitrag von den
Problemen der Kunst in Rumänien, die kaum von denen anderer Länder
differieren, und bleibt optimistisch: „Wir hoffen, die Welt fängt
wieder an zu singen.“ Künstlerisch
können das Orchester der Nationaloper Temeswar und ihre Solisten
sich wirklich sehen und hören lassen. Die zwei Dirigenten, Mihnea
Ignat,
mit neuem Engagement, und der etablierte Peter
Oschanitzky,
haben
das Ensemble – mit dem nach 20 Jahren von
der Wiener Staatsoper zurückgekehrten Tenor Cosmin
Ifrim
-
gut
im Griff. Davon kann man sich von den musikalischen Einspielungen in
dieser Fernsehreportage einen Eindruck machen. Peter
Oschanitzky
meint dann auch, für
ihn sei die „Operette eines der schwersten Genres in der Musik“.
Dort treffen „Prosa, Musik und Tanz“ aufeinander und „der
Dirigent muss das alles irgendwie beherrschen“, damit die
Vorstellung ein Erfolg wird.
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