3sat hatte den Spielfilm
Wiedersehen mit einem Fremden zur besten Sendezeit am
Samstagabend, dem 9. September 2022 ins Programm genommen. Eine gute
Entscheidung, kann man vorneweg schon mal sagen. Der Streifen passt
in die Zeit des Putin-Krieges und seiner verheerenden Folgen abseits
der Kriegsschauplätze. Kriege brechen plötzlich aus, oft mit einer
Unterschrift oder einer Fernsehansprache, hören aber nie genauso
plötzlich auf. Ihre Folgen können noch eine ganze Generation
traumatisieren, lange nachdem die Waffen schweigen. Es war bei Hitler
so und ist es jetzt bei Putin.
Die dramatischen Nachkriegsfolgen
der russischen Aggression in der Ukraine müssen noch geschrieben und
auf die Bühnen sowie in die Kinosäle gebracht werden, während die
Folgen von Hitlers Kriegsverbrechen bereits thematisiert wurden und
es auch weiterhin werden. Wiedersehen mit einem Fremden
ist eine solche Dramatisierung.
Der Film wurde zum ersten Mal
2010 im ERSTEN DEUTSCHEN FERNSEHEN ausgestrahlt. Über sechs
Millionen Zuschauer haben das Nachkriegsdrama damals am Fernseher
verfolgt.
Die
Handlung spielt im Schwarzwald und ist eine Verwechslungsgeschichte,
die erst von der Heimkehr der
letzten deutschen Kriegsgefangenen aus dem Zweiten Weltkrieg
ermöglicht wird. Thomas
Kirchner und Niki
Stein haben das Drehbuch
so geschrieben, dass der Zuschauer trotz aller Dramatik ohne
unnötigen Kitsch und vor allem ohne übertriebene Rührseligkeit dem
Geschehen
auf dem Bildschirm
folgen kann. Man sitzt zum
Schluss nicht da und wischt sich die Tränen aus dem Gesicht, sondern
fragt sich eher, wie nahe eine
solche Geschichte wohl an der Realität sein könnte. Das Motiv
selber ist nicht neu. Es wurde bereits 1982 in einem französischen
Film mit Gérard Departieu
und dann 1993 in einem Hollywood-Streifen mit Richard
Gere bearbeitet. Während
die französische Produktion sich auf eine Kriegsheimkehrergeschichte
aus dem 16. Jahrhundert bezieht
und die amerikanische sich im amerikanischen Bürgerkrieg abspielt,
ist die deutsche Bearbeitung dieses Motivs in der Ära Adenauer
angesiedelt.
Die
Hauptdarsteller in Wiedersehen mit einem Fremden
machen ihre Sache gut. Es ist
gar nicht so einfach, langsam aufkommende Zweifel und deren
Verfestigung, verbunden mit allen daraus resultierenden
Komplikationen, in Szene zu setzen. Silke
Bodenbender als Lisbeth
Steiner und Peter Davor
in der Rolle des Max Steiner alias Gottfried Reincke bewältigen ihre
Arbeit ohne übertriebene Theatralik, ihr Wirken spürt sich als
lebensnah an. Dass Gottfried Reincke aus Siebenbürgen stammt, ist
der Handlung in keiner Weise abträglich, sein Vater aber als
donauschwäbischer Bauer in einem Dialog erwähnt wird, dürfte auf
eine so nicht beabsichtigte Verwechslung hindeuten, die man
hierzulande immer wieder feststellen kann, und
zwar zwischen Siebenbürgen und dem Banat und umgekehrt.
Anton Potche
Wiedersehen
mit einem Fremden; D, 2010; Regie: Niki Stein; Buch: Thomas Kirchner
& Niki Stein; Kamera:
Arthur W. Ahrweiler; Musik: Jacki Engelken & Ulrik Spies;
Darsteller:
Liesbeth -
Silke Bodenbender,
Margarete - Nina
Kunzendorf,
Max - Peter
Davor, Heinrich - Mark
Waschke, Georg - Robert
Schupp, Regine -
Elisabeth von Koch
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