Montag, 24. Juli 2023

Auf den Flügeln der Erinnerung

Ioan Manzur: Icoane dă suflet - Poezii în grai bănățean; Timișoara 2020 (ohne Benennung eines Verlags); ISBN 978–973–0–32123–4, 111 Seiten; kartoniert.

Den Einband von oben nach unten gelesen: Ioan Manzur – Icoane dă suflet - Poezii în grai bănățean – Timișoara 2020. Normal für die ersten Informationen eines Buches ... könnte man sagen. In diesem Fall nicht für mich, kann ich sagen. Denn … Ioan Manzur war mein Schulkollege in Timișoara / Temeswar ... fünf Jahre lang. Das war vor 50 Jahren.

Heute ist er ein alter Mann, ein Mann, der seine Muttersprache liebt und in ihr Gedichte schreibt. Grai bănățean nennt sich seine Muttersprache, also Bnater Dialekt - genauer, die zwischen Făget / Fatschet und Lugoj / Lugosch gesprochene Mundart. Dialekte gibt es viele und mehrsprachige im Banat. Seine liegt der rumänischen Hochsprache zugrunde.

Heute ist meine Wenigkeit auch ein alter Mann, ein Mann, der seine Muttersprache auch liebt und in ihr auch Gedichte schreibt. Jahrmarkter Dialekt nennt sich meine Muttersprache, also auch ein Banater Dialekt, der einer Hochsprache zugrunde liegt: der deutschen. Irgendwann sind sie fast alle aus dem Banat ausgewandert, die Mundartsprecher. Nur ein Restbestand ihrer Dorfsprachen hält sich noch in einigen Haushalten (weltweit) am Leben.

Zufall. Aber einer, von dem wir bislang nichts wussten. Jetzt liegt sein Gedichtband vor mir: Icoană dă suflet (in rumänischer Schriftsprache: Icoane de suflet). Im Hochdeutschen reicht dafür ein einziges Wort: Seele-Ikonen. Und im Jahrmarkter Dialekt: Seel-Ikone.

* * *

Des Buch hot zwaa Taale: D-alea șoage și năroage un Icoane dă suflet, asso Drolligkeide un Tratschereie un Seele-Ikone. De Literaturkritiker, Dichter, Schriftsteller und Mundartforscher Ion Căliman fasst die zwaa Taale inhaltsmäßich so zamm: Șozănii și nostalgii, asso Amüsantes un Nostalgien. Un er beschäfticht sich sehr ausfeehrlich mit der Mundartliteratur vun meim Klassekumrad – aus der neint bis in die dreizehnt Klass – Ioan Manzur. Des do is nämlich schun es dritte Buch vum Ioan. Die annre zwaa sin 2018 un 2019 erschien. Ich moon, do kann merr schun soon, mei Schulkulleger is e Speedzinder. (Ich hun ne in Erinnerung als e sehr ruhicher, zrickgezooner Zeitgenosse.) Awwer des macht jo nicks. Liewer zu spät wie gar net. Un wer in dem Buch lest – bei Gedichtbänner kann merr getrost vor- un zrickspringe -, werd mer recht gewwe. Wann merr bei dem oone odder dem annre Gedicht im zwatte Taal ernst un nohdenklich werd, noo kann merr jo zrickbläddre un bei so manchem Gedicht im eerschte Taal schmunzle.

So etwa, wann ‘s im Gedicht Lacrămi dă toamnă haaßt: „Ne-om crege bravii lumii, vom stăpâni Parnasu, / Când mincea-i în buracă șî tăt măi roșu nasu, / Șî nu cred că-i pă lume sfârșât măi ferișit, / Dăcât să mori matol, dă un căzan propcit...” [„Fiehle mer uns aah als Held vum Dichterberch, / De Verstand vernewwlt un die Nas immer roder werd, / Glaab ich net uf der Welt an etwas Schennres, / Als bsoff an e Rackikessel geleent zu sterwe...“] Hot des net etwas mit Weltschmerz zu ton? Ich moon schun.

Un mi ‘m Alter hot ‘s Nohdenke noch meh zu ton. De Ioan Manzur hot seine Schulkumrade aus ‘m vergangne Johrhunnert, sogar Jahrtausend, eme jede e Buch gschenkt un in beneidenswert scheener Handschrift ningschrieb: „La ceas târziu când vremea nu mă iartă / Eu îmi deschid a sufletului poartă. mai 2023, IManzur

40 Schiller (drei Mäd) ware mol in der C-Klass geween (mit Abgäng un Zugäng) im Liceul Industrial pt. Construcții de Mașini Timișoara. 50 Johr späder ware noch nein (9) zum Klassetreffe kumm. Ich war leider net dabei.

Umso inbrünsticher greif ich immer wedder noh ‘m Ioan Manzur seine Icoane dă suflet. Un wann dann beim Lese aah noch e Stick Blechmusik, komponeert vu ‘me Johrmarker Landsmann, aus meiner Musikanlage dazukummt, noo lee ich ‘s Buch hin un wisch mer e Trän aus ‘m Aue. Es kummt manchesmol so vill zamm. Un de Wech feehrt uns frieher odder späder ins Gedankeuniversum vum Ioan Manzur: „Să părângesc la poarta dorului ascuns, / Străbunii șî părințî care pă rând s-or dus; / Când toamna să dăspoaie dă frundzăli d-aramă, / Îi sâmt pă vânturi cum la ei mă ceamă... // […] Atunși, m-așăzi pă urma lor dă pă tălpoane, / Șî îi găsăsc în suflet... că or rămas... icoane!...” [„Sie stehn in der Reih am Sehnsuchtstor, / Die Uhrahne un Eltre, oone noh ‘m annre vloor; / Wann de Herbst sei Kupperblädder vleert, / Is es ehre Ruf, dee wu im Wind ich speer… […] // Uf ehre Platz in der Veranda sitz ich mich noh / Un finn se in meiner Seel… geblieb als Ikone do!...“ (Vun mer nohgedicht in de Johrmarker Dialekt.)

Dankscheen Ioane! Es war e scheeni Zeit un es is jetz nemmi allzu weit, wu aah mer als Ikone in annre Herze iwerlewe werre. Hoffentlich!

[Uf der Schanz, 13.07.2023]

Anton Potche alias Berns Toni




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen