Montag, 10. Juni 2024

Die Europawahl in Rumänien

Die Umfragen zu den Ergebnissen der Europawahl in Rumänien hatten schon Tage vor der Wahl auf Überraschungen hingedeutet. Diese Tendenz hat sich am Wahlabend (22:00 Uhr Ortszeit, 21:00 Uhr MEZ) in den Studios einiger Fernsehsender verstärkt. Und das alles bevor es irgendwelche zuverlässige Hochrechnungen gab. Immerhin war diese gewollt oder ungewollt herbeigeredete Situation der Spannung in den zahlreichen Gesprächsrunden und implizit den Wohnzimmern landauf, landab nicht abträglich.

Die Gäste in den Gesprächsrunden waren namhafte Wissenschaftler & Journalisten aus politiknahen Bereichen, was natürlich nicht zu gleichen oder nur ähnlichen Meinungen führte. Einige glaubten den Überraschungsgeschichten, während andere in diesen Ankündigungen (wohlgemerkt: ohne konkrete Zahlen) überhaupt nichts Alarmierendes fanden. „Sondaj exit pol“ heißt in Rumänien die zuverlässigste Hochrechnungsumfrage. Ein Gesprächsteilnehmer sprach sogar von 99 Prozent Genauigkeit.

Um 22:00 Uhr hatten die Rumänen dann (approximative) Gewissheit. Die erste Hochrechnung hat für die Europawahl folgendes Resultat ergeben: PSD/PNL – 54 %, AUR – 14%, ADU – 11% und UDMR – 5%. Dazu muss man die Sonderheiten dieser Wahl in Erwägung ziehen. Zwei der vier Wahlkandidaten sind politische Koalitionen. Die Sozialdemokraten (PSD) und die Nationalliberalen (PNL) regieren in Rumänien jetzt in dieser Form schon im dritten Jahr. Für diese Wahl nennen sie sich CNR (Nationale Koalition für Rumänien). Nach zwei Jahren hatten sie sogar den Premier friedlich gewechselt, von Nicolae Ciucă (PNL) zu Marcel Ciolacu (PSD). Die zweite Wahlliste firmiert unter dem Kürzel ADU (Allianz der Vereinten Rechten). Hier haben sich gleich drei politische Gruppierungen zusammengeschlossen: USR (Union Rettet Rumänien), PMP (Partei der Volksbewegung) und FD (Kraft der Rechten). Die zwei Einzelparteien sind AUR (Allianz für die Vereinigung der Rumänen) und UDMR (Union der Ungarn aus Rumänien).

Die Rumänen schicken 33 Abgeordnete ins Europäische Parlament. Laut der bisherigen Hochrechnung (Sonntag, 23:00) wären das in Zahlen 22 Mandate für die Koalition CNR, 5 Mandate für AUR (eine rechtsextreme Formation), ADU 5 Mandate und 2 Abgeordnete für die Ungarn aus Rumänien. Heute morgen sah diese Einordnung dann so aus: CNR – 53% (21 Mandate), AUR – 15% (6), ADU – 11% (4) und UDMR – 5% (2). Andere Parteien und Gruppierungen mit zum Teil exotischen Namen gingen bei der Sitzverteilung leer aus. Zumindest bis jetzt, denn ein Endergebnis dieser Europawahl liegt noch nicht vor.

Die Rumänen haben am 9. Juni auch ihre Gemeinde- und Stadträte sowie die Abgeordneten der Kreisräte mit den entsprechenden Bürgermeistern und Kreisratsvorsitzenden gewählt. Die Diskussionen in den Medien (besonders Fernseher) haben gezeigt, dass diese rumänischen Wahlen verständlicherweise für die Diskussionsteilnehmer ein größeres Gewicht als die Europawahlen hatten. Auf die Rumänen wartet heuer noch eine Parlamentswahl und die Präsidentenwahl. Dabei scheinen die Rumänen schon jetzt an Wahlmüdigkeit zu leiden. An diesem Wahlsonntag waren nur knapp über 50 Prozent der Wahlberechtigten an den Urnen.
Anton Potche

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