Dienstag, 2. Juli 2024

Das vierte Spiel

Rumänien – Niederlande 0:3

Sport ist eine Kultursparte wie bildende Kunst, Literatur oder Musik. Es kommt immer darauf an, was man aus der entsprechenden Kunstform macht. Manchmal kann auch Sport Kunst sein, und ab und zu sogar Fußball. Die Ingolstädter Tageszeitung DONAUKURIER hat sich eine Rubrik einfallen lasse, die sie unter dem Titel EM-Serie „Länderspiel“ führt und damit 24 Steckbriefe der teilnehmenden Mannschaften, besser gesagt ihrer Heimatländer, veröffentlicht.

Die Folge 9 dieser Kulturschau stellt Rumänien vor. Der diesen Beitrag signierende Journalist Alexander Petri (andere Artikel der Serie wurden von anderen Zeitungsschreibern verfasst) hat den etwas rätselhaften Titel Dracula saugt Blut und manchmal Geld für seine kurze Präsentation gewählt, die er anhand von neun Stichworten anschaulich in Kurzform präsentiert – aber schon etwas ausführlicher als hier dargestellt.
1.) Schönes Klischee – lässt auch Nichtkenner Rumäniens schnell an Transsylvanien und Graf Dracula denken.
2.) Nationalgericht – kann für Kenner dieses Landes nur Mititei sein. Aber mit Senf bitte.
3.) Nationalgetränk – Țuica. Was sonst? Deutsch geschrieben ist es Zuika, ein „beliebter Pflaumenschnaps“.
4.) Erstes Wort der Nationalhymne – hat etwas mit Erwachen zu tun, ist aber nicht unbedingt als Glaubensbekenntnis (Auferstehung) gedacht.
5.) Diese Deutschen hinterließen Eindruck – gemeint sind die Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben.
6.) Das muss man gesehen haben – kann es aber nur zwischen Juli und Oktober. Im Rest des Jahres ist die Hochbergstraße über das Făgăraș-Gebirge gesperrt.
7.) Marktwert der Nationalmannschaft – halb so groß wie der des Engländers Jude Bellingham.
8.) Berühmtester Nichtfußballer des LandesIon Țiriac.
9.) Flagge – Blau, Gelb, Rot.
Und wer ist mit dem „Blut und manchmal Geld“ saugenden „Dracula“ gemeint. Des Rätsels Lösung steht unter einem Foto: „Graf Dracula der Tenniswelt: Ion Țiriac ist bekannt als Unternehmer und Ex-Manager Boris Beckers. Der 85-Jährige ist laut FORBES zweitreichster Rumäne.“

So viel zur Kultur eines Landes, die im Groben von der Sportseite einer Zeitung vermittelt wird. Immerhin kann so zumindest Neugierde oder gar Interesse für ein Land, das man nicht kennt, erweckt werden. Je länger eine Mannschaft oder ein Sportler im Wettbewerb bleibt, je interessanter wird sie oder er für die Zuschauer im Stadion oder vor dem Fernseher. Und das ist schon mal eine positive Charakteristik einer internationalen Sportveranstaltung.

Die rumänischen Fußballer haben immerhin bis zu ihrem vierten Spiel bei der Fußball-Europameisterschaft die Blicke vieler Fußballfans auf Land und Leute ihrer Heimat angelockt. Im Achtelfinale dieser Veranstaltung trennte sich aber schon mit kleinen Ausnahmen die Spreu vom Weizen. Die Rumänen haben nach 2000 heuer zum zweiten Mal die Gruppenrunde überstanden. Gestern Abend war in der Münchner Allianz-Arena aber Schluss. Sie hatten in ihrem vierten Spiel gegen die Niederländer (oder Holländer, oder Oranje, oder Elftal) nicht den Hauch einer Chance und verloren mit 0:3.

Der Co Kommentator von ARD, Thomas Hitzlsperger, warnte schon vor dem Spiel: „Die Rumänen sollten sich nicht so sehr von der Euphorie leiten lassen.“ Genau das machten dann aber die temperamentvollen Kicker aus dem südosteuropäischen Land. Sie rannten wild gegen die zu Beginn gedoppelten Abwehrreihen der Niederländer an. Das lief so eine gute viertel Stunde. Dann lösten sich die Niederländer aus ihrem Verteidigungssystem und begannen das Tor der Rumänen zu bedrängen.

Unter den Augen von Gheorghe „Gică” Hagi (*1965) und Mircea Lucescu (*1945) in den Zuschauerrängen flog der Ball dann schon in der 20. Minute in Florin Nițăs Tor. Cody Gakpo, einer der besten Niederländer, hat mit einem satten Schuss aus der linken Strafraumseite getroffen. In der 36. Minute musste der Verteidiger Vasile Mogoș, bei CFR Cluj unter Vertrag, nach einem heftigen Zusammenprall mit einem Niederländer ausgewechselt werden. Für ihn kam Bogdan Racovițan - spielt in Polen bei Raków Czestochowa. Am Spiel änderte sich aber nichts. Immerhin ging es mit nur 1:0 in die Pause.

In der zweiten Hälfte hatte man Phasenweise das Gefühl, die Rumänen würden mit einer zweiten Luft agieren. Als die aber immer spärlicher wurde, wechselte der rumänische Trainer Edward Iordănescu in der Hoffnung, doch noch eine Verlängerung zu erzwingen. Diese Hoffnung machte aber Donyell Malen gleich zweimal in der 83. und 93. Minute zunichte.

Die Niederländer scheinen einen Formanstieg zu verzeichnen. Ob der sich fürs Viertelfinale konserviert oder intensiviert, werden wir bald erfahren.

Mannschaften


Rumänien: Florin Niţă - Andrei Raţiu, Radu Drăguşin, Andrei Burcă, Vasile Mogoş (Bogdan Racoviţan, 38) - Marius Marin (Alexandru Cicâldău, 72) - Dennis Man, Nicolae Stanciu (Darius Olaru, 88), Răzvan Marin, Ianis Hagi (Denis Alibec, 72) - Denis Drăguş (Valentin Mihăilă, 72).

Niederlande: Bart Verbruggen - Denzel Dumfries, Stefan de Vrij, Virgil van Dijk, Nathan Ake (Micky van de Ven, 69) - Jerdy Schouten (Joey Veerman, 69), Xavi Simons, Tijani Reijnders - Steven Bergwijn (Donyell Malen, 46), Memphis Depay (Daley Blind, 90+2), 11. Cody Gakpo (Wout Weghorst, 84).

Die deutschen Schiedsrichter Felix Zwayer sowie seine Assistenten Stefan Lupp und Marco Achmüller hatten mit dem durchwegs fairen Spiel keine Probleme.

Anton Potche

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