Montag, 21. Oktober 2024

Kunst aus Siebenbürgen

Der Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberbayern Nord & Ingolstadt (BKK) e. V. ist ein sehr aktiver Künstlerverein. Einzel- und Gruppenausstellungen sowie diverse Kunstmessen zeugen von der regen Tätigkeit der Berufskünstler aus Oberbayern. Auch zwei Kunstschaffende aus Ingolstadt mit Siebenbürger Wurzeln gehören dem Verband an und erscheinen immer wieder mit ihren Werken in Galerien und im öffentlichen Raum: Lucian Binder-Catana (Druckgrafik, Malerei, Video, Zeichnung) und Sieglinde Bottesch (Druckgrafik, Malerei, Objekkunst, Zeichnung).

Beide haben ihre geografische Abstammung nicht vergessen und pflegen rege Kontakte zu Künstlern und Künstlervereinigungen in Siebenbürgen / Rumänien. Diese Beschäftigung mit der Vergangenheit hat Lucian Binder-Catana auf die Idee gebracht, Kunst aus Hermannstadt / Sibiu und der Umgebung auch in Ingolstadt zu zeigen. Zum Verwirklichen dieser Idee war der Professor an der Kunsthochschule Sibiu Florin Viorel der richtige Ansprechpartner. Es kam zur Zusammenarbeit. Unterstützt wurde die Aktion von rumänischer Seite von der Uniunea Artiștilor Plastici din România - Sibiu (Union der Bildenden Künstler aus Rumänien - Sibiu). Es soll perspektivisch (wahrscheinlich nächstes Jahr) zu einem Austausch zwischen Hermannstadt / Sibiu und Ingolstadt kommen.

Fotos: Anton Potche
Und das Ergebnis ist jetzt in dem Gemäuer der früheren Landesfestung Ingolstadt, als Kunsthort bekannt und beliebt (auch für Musikveranstaltungen und natürlich Vernis- und Finissagen), zu besichtigen. Die Hängung haben Lucian Binder-Catana und Florin Viorel vorgenommen. (So etwas lässt sich ein Künstler natürlich nicht entgehen.) Die Werke hängen im geschützten Raum, aber die Namen ihrer Schöpfer werden schon auf dem Ausstellungsplakat im Freien angekündigt: Daniela Bădilă, Olimpia Coman-Sibeanu, Ilie Mitrea, Ioan Munteanu, Raluca Oros, Radu Poșa, Virginia Ștef, Andrei Szabo, Andra Urdea, Florin Viorel.

Betritt man die Bastei ist man sofort von der Größe der gezeigten Werke eingenommen. Bitte nicht zu nahe kommen, scheinen die großflächigen Malereien und Bildinstallationen dem Eintretenden zuzurufen. Wer dann wirklich mit einer gewissem Demut der Kunst im wahren Sinn des Wortes fern bleibt, wird reichlich belohnt. Und nimmt man sich auch noch genügend Zeit, um die Werke zu betrachten, wird man erst recht mitbekommen, wie die Farben fließen, sich übereinander türmen, als wären es schäumende Wellenkämme. Was diese Bilder darstellen? Jeder Betrachter hat das Recht sie für sich in seinem Sinn zu interpretieren.

ECLECTIC LAND 7
Nur wenige Schritte weiter hängt das Bild von Florin Viorel. Fließende Farben auch hier. Aber andere. Keine Verwässerung. Lila und Gelb und Braun und … Grenzlinien. Ein Satellitenbild. Unten die Reste eines verfallenen Holzzaunes. Nähe von Menschen? Und besonders die Leiter. Sie ragt aus dem Bild heraus. Das ist mehr als nur ein Bild mit betörend schönen Farben. Das ist eine Installation. Eine Bildinstallation. Sie hat wie alle Kunstwerke in Ausstellungen – oder zumindest die meisten – auch einen Namen: ECLECTIC LAND 7.

Gina Ștef: LOST TWO 
Bei den Farben dominieren Öl und Acryl auf Leinwand. Die klassischen Materialien für Maler. In beeindruckenden Posen sind Adam und Eva mittels dieser Malutensilien von Daniela Bădilă dargestellt. Das ist eine wunderbare Kombination von Religion und Erotik auf zwei Bildern. Aber nicht nur klassische Malerei, auch großformatige, bildähnliche Werke aus Kupfer und Graublech sind zu bewundern. Oder eine wunderbare Fotocollage von Gina Ștef. Und vieles mehr.

Zukünftige Erinnerungen aus Siebenbürgen heißt diese gelungene Ausstellung (bis zum 3. November 2024) in der Harderbastei, Oberer Graben 55, Ingolstadt. Der Titel dieser etwas fremd anmutenden Kunstpräsentation erinnert mich an Erich von Dänikens Erinnerungen an die Zukunft. Man muss nur seinen Gedanken freien Zutritt zu Magie und Realismus gewähren, und schon bekommt man ein Kunsterlebnis ersten Ranges geboten. Kostenlos.

Anton Potche

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