Mittwoch, 8. Januar 2025

Seine letzte Tournee

 
Er gibt auf. Falsch. Er gibt den Taktstock weiter. Auch falsch. Denn er wird ohne Musik nicht leben können. Und einen Taktstock hat er nie geschwungen. Er hat selbst gespielt, mitgespielt mit seinem Blasorchester. Tenorhorn, Posaune und Marchingbone. Und immer vor seinem Orchester, dem besten der Welt, stehend. Zeichen gebend. Mit präziser aber nicht überbetonter Gestik. Das und noch viel mehr ist Ernst Hutter, seit 25 Jahren musikalischer Leiter des Blasmusikorchesters Die Egerländer Musikanten – Das Original.

Heuer ist Ernst Hutter mit seinem Orchester zum letzten Mal auf Tournee. Diese Abschiedstour steht unter dem Motto Mein Finale. Vom 27. Dezember 2024 bis zum 31. August 2025 wird Ernst Hutter noch achtundvierzig Mal vor (vorne von rechts) drei Tenorhörnern, einem Schlagzeug, vier Klarinetten und dahinter (v. r.) vier Flügelhörnern, einer Trompete, zwei Tuben und drei Posaunen stehen, Zeichen geben und vor allem mitspielen. Denn was hier hinter ihm sitzt und musiziert, ist alles, was man sich unter musikalischer Sanftheit und Wucht nur vorstellen kann. Und es ist vor allem ein nicht enden wollender Melodienreigen.

Nach ihrem Tourneeauftakt in der Nürnberger Meistersingerhalle vor ausverkauftem Haus spielten Die Egerländer Musikanten – Das Original einen Tag später im leider nicht voll besetzten Festsaal des Ingolstädter Stadttheaters. Es war auch diesmal Gänsehaut pur: diese Crescendi und Decrescendi, sich wellenförmig über einen, zwei Takte auf- und abbauend, und das immer wieder. Dazu noch fabelhafte Unisono-Passagen. Das ist konzertante Blasmusik höchster Güte. „Blasmusik auf Spitzenlevel live“ nennt der DONAUKURIER-Chronist Lorenz Erl das soeben Erlebte. 

Einen Tag später sitzt der ab sofort legendäre Ernst Hutter zur Mittagszeit im Studio von BR Heimat und lässt sich vom ebenso legendären Schorsch Ried ausfragen. Eine Stunde lang unterhielten sich die zwei Blasmusikexperten im wahrsten Sinne des Wortes über das Schönste, was es für sie und nicht nur sie im Universum der Töne, Harmonien und Melodien gibt. (Natürlich bereichert mit viel Musik.) Und es dauerte gar nicht lange, da „menschelte“ es bei Hutter. Dabei spürte man die Ehrlichkeit seiner Worte und es wurde vielleicht dem einen oder anderen Radiozuhörer bewusst, dass er selber ganz unbewusst Teil einer musikhistorischen Entwicklung war, als Fan natürlich, und der nie genug von dieser Kapelle mit ihren nur zwei musikalischen Leitern in ihrer langen Existenz (69 Jahre) haben konnte. Originalton Ernst Hutter: „Es gibt ja nicht nur dieses Datum, 25 Jahre seit ich die Leitung der Egerländer Musikanten hatte, sondern auch die 14 Jahre davor mit Ernst Mosch. An die denke ich natürlich immer zurück, auch in diesen Tagen. […] Ich bin damals mit 27 Jahren zu Ernst Mosch gekommen. Er war damals 60 Jahre alt, dann durfte ich die nächsten 14 Jahre mit ihm tolle Konzerte erleben, hab aber auch erlebt, wie Ernst Mosch gebrechlich wurde, alt wurde. Schon interessant, wenn man diese menschlichen Dinge einmal sich so durch den Kopf gehen lässt. Und dann durfte, musste, sollte ich mit 43 Jahren seine Arbeit weiterführen. Und jetzt nach 25 Jahren mach ich meinen Abschied.“

Der Meister Ernst Hutter
nimmt Abschied
FotoQuelle: die-egerlaender.de
Dieser Abschied wird aber nicht nur von vielen Konzerten geprägt sein, sondern auch von einer Zuversicht, die dieser Musik eine auch weiterhin erfolgreiche Zukunft voraussagt. In Ernst Hutters Worten klingt das so: „Die Blasmusik hat sich grandios entwickelt. Ich glaube, das hätte damals in den Jahren, als Ernst Mosch leider von uns gegangen ist, niemand sich vorstellen können, dass die Blasmusik sich mit so vielen interessanten Inhalten in den nächsten 25 Jahren weiterentwickelt. Und das ist auch eine der Gründe, warum ich sehr, sehr stolz bin auf die gesamte Szene und mir ganz sicher bin, dass auch Die Egerländer Musikanten – Das Original in dieser Szene weiterhin eine große Rolle spielen werden.“

Der designierte Nachfolger als musikalischer Leiter der Egerländer Musikanten – Das Original ist der 1985 geborene Alexander Wurz. Auch er spielt Tenorhorn und Posaune und soll am 7. November 2025, zum 100. Geburtstag des Gründers Ernst Mosch, die Nachfolge Ernst Hutters antreten. Möge es ihm so ergehen wie seinen zwei Vorgängern!

Anton Potche

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