Mittwoch, 23. April 2025

Elf wollen es werden

Und der zwölfte darf es nicht: Călin Georgescu. Er hat sein Image vermasselt, „weil er demokratische Grundwerte nicht anerkenne“, schrieb die WELT AM SONNTAG am ersten Aprilsonntag und reihte den rumänischen „rechtsradikalen“ und „russlandfreundlichen“, im letzten Herbst wie aus dem Nichts aufgetauchten Präsidentschaftskandidaten mit namhaften Genossen ein wie Matteo Salvini, Geert Wilders, Viktor Orbán, Donald Trump jr., J.D. Vance, Donald Trump sen. und Dmitri Peskow. Diese und noch einige andere haben sich über die französische Justiz geärgert, weil sie Marin Le Pen eine elektronische Fußfessel angelegt hat und, noch schlimmer, sie fünf Jahre lang nicht mehr zur Präsidentschaftswahl zulassen will.

Die rumänischen Verfassungsrichter gingen da noch viel resoluter zu Werke: Sie haben den zweiten Wahlgang – mit Georgescu als Favorit – schlicht und einfach nicht mehr zugelassen und so nicht nur einen zweiten Gang zur Urne vereitelt, sondern eine komplett neue Präsidentenwahl angestoßen. Wie demokratisch oder undemokratisch ein solches Vorgehen gegen eine sehr dubiose Gestalt ist, bleibt jedermanns Weltanschauung vorbehalten. Auf jeden Fall hat der Gernepräsident Georgescu (wie ähnlich dieser Name doch mit einem anderen rumänischen „Patrioten“ klingt) ganz schön Unruhe in Rumänien hervorgerufen. Expräsident Klaus Johannis ist nur eines der Opfer dieser unruhigen Zeit. Er hätte bis zur zweiten Wahl (4. und 18. Mai 2025) ruhig noch im Amt bleiben können. Das hat aber besonders den Rechtspopulisten im Land nicht gefallen. Also hat er sich gedacht, Ihr könnt mich mal. Nach 10 Jahren Amtszeit, wird ihm das nicht allzu schwer gefallen sein. Elf Kandidaten sind bereit, seinen Job zu übernehmen, unter ihnen aktuelle und ehemalige Parteivorsitzende, einstige Regierungsmitglieder, Kommunalpolitiker und unabhängige Bewerber.

Crin Antonescu (*1959) wurde von den Parteien der Regierungskoalition PSD, PNL und UDMR ins Rennen geschickt. Er selbst ist Mitglied der Nationalliberalen Partei und hat ein sehr abwechslungsreiches politisches Leben hinter sich: Senator, Interimspräsident, Parlamentsabgeordneter und Minister. 


Nicușor Dan (*1969) ist ein parteiloser Politiker. Er war aber schon Vorsitzender der USR (Union Rettet Rumänien), Parlamentsabgeordneter, und ist im zweiten Mandat Oberbürgermeister von Bukarest.

Elena Lasconi (*1972) wäre vielleicht schon heute Präsidentin Rumäniens. Ja wenn der Skandal um Călin Georgescu nicht ausgebrochen wäre. Sie hatte im ersten Wahlgang (24. November 2024) immerhin den zweiten Platz belegt. Leider kam es nicht mehr zur Stichwahl, die für den 8. Dezember 2024 vorgesehen war. Jetzt will die Vorsitzende der USR und Bürgermeisterin des Munizipiums Câmpului Muscel einen neuen Anlauf wagen. 

George Simion (*1986) ist ein rechtspopulistischer Politiker, der manchmal sogar mit zwei Handys (in jeder Hand eins) durchs Abgeordnetenhaus rennt und immer herumschreit. Er ist Gründer und Vorsitzender der AUR (Allianz zur Vereinigung der Rumänen) und war einer der Kandidaten beim ersten Wahlgang für den Präsidentenposten im November 2024. Dort musste er sich mit dem vierten Platz begnügen. Jetzt räumen ihm die Demoskopen gute Chancen ein, den zweiten Wahlgang zu erreichen.

Einer, der es immer wieder versucht, sich an der Macht zu halten, ist Victor Ponta (*1972). Zwischen 2012 und 2015 war der ehemalige Sozialdemokrat – im März haben seine Parteifreunde ihn aus der Partei geschmissen, weil er Präsident werden will – sogar Premierminister Rumäniens. Jetzt hat er aber mit seinem Geständnis, bei den großen Überschwemmungen 2014 den Befehl gegeben zu haben, rumänisches Gebiet in den Donauauen zu überfluten, um Belgrad vor einer größeren Flut zu schützen, ein politisches Beben ausgelöst. Als Dank haben die Serben ihm ihre Staatsbürgerschaft verliehen. Es bleibt spannend, zu sehen, wie sich so ein Skandal auf die Kandidatur Pontas auswirkt.

Als unabhängiger Kandidat tritt Daniel Funeriu (*1971), ein gebürtiger Arader, an. Unabhängig heißt auch in seinem Fall nicht, dass er kein Politiker ist oder war. Er engagierte sich in mehreren Parteien (PMP, PDL, PLD) und war von 2009 bis 2012 Bildungsminister. Von Dezember 2008 bis Juli 2009 war er sogar EU-Parlamentarier. Heute arbeitet er als Wissenschaftler im Bereich Chemie und hat als solcher schon zahlreiche Auszeichnungen bekommen.

Auch ein griechisch-katholischer Priester will Präsident Rumäniens werden: Cristian Terheș (*1978) – Studium der Theologie an der Klausenburger Universität „Babeș Bolyai“ – Abteilung Oradea. In Amerika hat er an der California State University, Fullerton, ein Masterat in Journalismus und Kommunikation absolviert. Aber die Politik scheint ihm besser zu liegen als Theologie und Journalismus. Wie viele Politiker Rumäniens hat auch er schon öfter die Parteifarben gewechselt. Jetzt ist er Vorsitzender der PNCR (Rumänische National-Konservative Partei). 

PUSL heißt auf Deutsch (Humanistische-Sozial-Liberale-Partei). Diese Gruppierung schickt Lavinia Șandru (*1975) ins Rennen um das höchste Amt im rumänischen Staat. Eine Politikerin, Journalistin und Schauspielerin soll ihre Talente in die Präsidentenwaagschale werfen. Eins ist nicht zu leugnen: Die Frau sieht gut aus und kann sich als Schauspielerin bestimmt gut verkaufen.

Auch Silviu Predoiu (*1958) will Herr Johannis’ Nachfolger werden. Er war und ist noch immer Mitglied – man kann es kaum glauben – einer einzigen Partei, der PLAN (Partei Liga der Nationalen Aktion). Seine bisherige Laufbahn hatte weniger mit Politik als vielmehr mit Beamtentum im rumänischen Geheimdienstapparat zu tun. Dort ist Herr Predoiu noch immer als General tätig. Und als solcher kandidiert er jetzt.

Auch die PNR (Partei Neues Rumänien) hat einen Kandidaten ins Rennen geschickt: Sebastian Constantin Popescu (*1982). Korrekter wäre vielleicht zu sagen, dass der gelernte Tierarzt sich selber um eine Kandidatur bemüht hat, denn er ist sowohl Gründer als auch Vorsitzender der PNR. Seine Partei wird als mitte-rechts und seine Chancen in diesem Wahlkampf für das Präsidentenamt als gering eingestuft, obwohl er schon zum dritten Mal für dieses Amt kandidiert – 2019, 2024 (annulliert) und jetzt. Bei den Präsidentschaftswahlen 2019 hat er 30.850 Stimmen eingefahren. 2024 waren es nur noch 14.683, berichtet das Online-Portal des TV-Senders DIGI24.ro.

Der Letzte in der Reihe der elf Kandidaten, zwei Frauen und neun Männer, ist John-Ion Banu-Muscel (*1960). Er ist schon vor dem Sturz der kommunistischen Diktatur in Rumänien in die Vereinigten Staaten von Amerika ausgewandert. Dort ist er als Geschäftsmann tätig und engagiert sich politisch ... in Rumänien. 2018 hat er in seiner rumänischen Heimat die Partei Rumänische Nation (PNRo) gegründet, als deren Kandidat er schon 2019 versuchte, Präsident Rumäniens zu werden. Aufsehen erregte er mit der Aufforderung zur Einführung der Todesstrafe und zum Waffenbesitz ... in Rumänien. Wer wird wohl im Weißen Haus stolz auf diesen Rumänen sein?

Das war der Stand an Ostern - KW 17. Mittlerweile gab es Streit. Mitstreiter Elena Lasconis sind ins Lager Nicușor Dans übergelaufen. Frau Lasconi nennt sie „băieții – die Buben”. Temeswars Bürgermeister Dominic Fritz gehört auch dazu. Das heißt für den Deutschen Integration in die politische Landschaft Rumäniens.


Die Osterausgabe der in München erscheinenden BANATER POST titelt George Simion in Umfragen vorne und zitiert aus einer Meinungsumfrage des Instituts Verifield folgende Zahlen für den ersten Wahlgang: George Simion – 35 %, Victor Ponta – 21,1 %, Nicușor Dan – 20,8%, Crin Antonescu – 16,4 %, Elena Lasconi – 4,3 %. Da wird der Umsturzversuch der „Buben“ auch nicht mehr viel helfen. Aber warten wir mal ab, denn so manches Umfrageinstitut lag schon mit seinen Daten erheblich daneben. Am 4. Mai geht's an die Urnen und wenn nötig, also keiner der Kandidaten über 50% Wählerstimmen einfährt, zur Stichwahl.
Anton Potche

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