Spricht ein Bürger Ingolstadts von
den Georgiern, wissen seine Mitbürger stets, von wem die Rede ist:
vom GKO, dem Georgischen Kammerorchester
aus der Donaustadt. Das ist aber nicht immer so. Außenstehende oder
in der klassischen Musik weniger bewanderte Musikliebhaber könnten
da schon mal fragen, ob es sich um ein georgisches
Volksmusikorchester handelt. Da hilft auch der Zusatz Ingolstadt
oder aus Ingolstadt nicht viel weiter. Und auch die
Präzisierung auf der Home-Site der Orchester-Homepage,
Kammerorchester der Stadt Ingolstadt, scheint den
Bekanntheitsgrad der Georgier nicht wesentlich zu steigern. Das
Kammerorchester wurde 1961 in Tiflis gegründet und kehrte 1990 nach
einer Konzertreise in Deutschland nicht mehr in seine georgische, vom
Krieg geplagte Heimat zurück.
Wirtschaftliche, finanzielle und
politische Schwergewichte aus Ingolstadt haben dem Orchester zu einer
neuen Heimat verholfen. Der Stadt tat das sehr gut. Hochkarätige
Musiker zeigten ihr Können nicht nur in unzähligen Konzerten,
sondern wirkten durch ihr außerkonzertantes Engagement auch in die
Bürgerschaft. Ihre Kunst auf den kammerorchesterspezifischen Saiten
fand in so mancher Familie aus Stadt und Region ihren Niederschlag.
Man kann die Aktivitäten der georgischen Musiker nur als ein Segen
für Ingolstadt empfinden. Und doch …
Der Geschäftsführer des
Orchesters, Felix Breyer, und Chefdirigent Ariel Zuckermann
wollen den Klangkörper umbenennen. Und zwar in Kammerphilharmonie
Ingolstadt. Damit wird sich – zumindest namentlich – das
georgische Element aus dem Orchester verabschieden. Das dürfte aber
kein Unglück sein, wenn es laut Breyer (DONAUKURIER, 20. März 2025) dazu dient, „mehr
Gastspiele [zu] generieren und neue Einnahmequellen [zu]
erschließen.“
Betrachtet man die emotionale Seite
dieses bevorstehenden Namenswechsels – der Stadtrat muss noch
zustimmen -, so braucht man sich
nur die Namen der Musiker anschauen. Wer
die Ingolstädter Geschichte der Georgier verfolgt hat, wird schnell
erkennen, dass die Zeit ihre Schuldigkeit wie überall auch hier,
sprich Generationswechsel,
getan hat. Nur einige Namen und
Biographien, die für das
sich Lösen aus dem rein Georgischen stehen: Friedemann
Breuninger
(Konzertmeister – deutsche Abstammung), Esther
Augustí Matabosch
(spanisch), Cristian
Roibu (moldauisch),
Alvar Ceamanos
(deutsch), Raluca-Diana
Bădescu
(rumänisch), Vadim
Makhovskiy
(kasachisch) und Ariel
Zuckermann (Chefdirigent - israelisch).
Von 17
fest eingestellten
Musikern,
bleiben immerhin 10
Georgier, fast alle der mittleren Generation angehörend, also
Musiker, die noch so manche Lust auf erstklassige Klassik befriedigen
können. Dass der eine
oder andere von ihnen die bevorstehende Umbenennung vielleicht mit
etwas Wehmut betrachtet, ist verständlich.
Aber
da kann ich die Betroffenen beruhigen. Aus eigener Erfahrung weiß
ich, dass ein solcher Schmerz schnell vergeht. Ich bin 1985
als Baritonist ins Audi
Werkorchester
(Dirigent: Bernd
Maltry)
eingetreten und 2010 aus der Audi
Bläserphilharmonie
(Dirigent: Christian
Lombardi) wieder
ausgetreten. Na gut, einige Phantomschmerzen waren auch mir beschert
… Aber es hielt sich in Grenzen: sowohl
der Namenswechsel als auch das Ende meines Musikantenlebens.
Anton Potche