Audi ist der einzige Industriekonzern, der sich ein eigenes
Musikfestival leistet: die Audi Sommerkonzerte. Und das seit 25
Jahren. Und mit stetig steigendem Erfolg. In diesem Vierteljahrhundert haben
sich viele der berühmtesten Musiker der Welt auf den Ingolstädter Bühnen ein
Stelldichein gegeben, ob als Solisten, Dirigenten oder eben Konzertmusiker. Stellvertretend
seien hier einige Namen genannt: Lorin
Maazel, Emerson String Quartet, Kronos Quartet, Luis Di Matteo, Tadashi Tajima
& Reiko Kimura, BR Symphonieorchester (alle 1999), Lisa Bathiashvili (2000), Barbara Bonney, Rudolf Buchbinder, German Brass, Chor und Symphonieorchester des
BR (2001) und viele, viele andere.
Natürlich ließ Audi sich heuer bei den Jubiläumskonzerten
vom 30. Juni bis zum 27. Juli nicht lumpen. Der Chef der Audianer, Rupert Stadler, schreibt im Vorwort des
Festival-Programmheftes: „2015 feiern wir 25 Jahre Audi Sommerkonzerte. Dieses
Jubiläum ist Anlass, stolz zurück und erwartungsvoll nach vorn zu blicken. Gefragte
Solisten und renommierte Ensembles sind unserer Einladung gefolgt und
versprechen ein abwechslungsreiches und erstklassiges Jubiläumsprogramm.“ Will
man den Zeitungskritiken Glauben schenken, dann ist dieses Vorhaben auch heuer
weitestgehend gelungen. Die Namen sprechen auch hier für sich: Marie-Sophie Pollak, Julian Prégardien, Klaus Mertens, Audi Jugendchorakademie, Kent Nagano, Thomas Zehetmair, Ensemble Modern, Martin Steidler, Mihoko Fujimura, Augsburger Domsingknaben, Reinhard Kammler, London Symphony Orchestra, Die
Singphoniker, Ensemble Mixtura, Folkert Uhde, VOCALCONSORT München, Johanna Soller, Minguet Quartett, Sergey Khachatryan, San
Francisco Symphony Youth Orchestra, Donato Cabrera, Veronika
Eberle, Michail Lifits, Thomas Hampson, Wolfram Rieger, Anna Lucia
Richter, Katharina Magiera, Alex Esposito, Salzburger Bachchor, Alois Glaßner, Mozarteumorchester Salzburg,
Andrés Orozco-Estrada, Spark,
KrausFrink
Percussion, Georg Conrad, Avi Avital, Kremerata Baltica, Till Brönner, Sergei Nakariakov, Stephan
Braun, Dieter Ilg, Gil Goldstein, Lilian Genn, Stefan Dünser,
Martin Schelling, Martin Deuring und Goran Kovačević.
Zu diesen illustren Namen gesellten sich auch heuer wieder
die zwei Ingolstädter Ensembles Georgisches Kammerorchester Ingolstadt (mit
zwei Konzerten), Leitung Ruben Gazarian,
und die Audi Bläserphilharmonie, Leitung Christian Lombardi. Ihnen waren auch heuer die Abschlussabende in
Form zweier Open-Air-Konzerte im Klenzepark zu Ingolstadt vorbehalten. Freitags
musizierten die Audianer und am Samstagabend (jeweils ab 20:30 Uhr) die Georgier.
Das war natürlich nicht immer so, denn auch Festivals unterliegen dauernd
Änderungen. Im Juli 2009 titelte der DONAUKURIER noch: Schwebende Galaxien, zischende Kometen – 7000 Musikfreunde besuchten
den Eröffnungsabend der Audi-Sommerkonzerte im Klenzepark. Und dazu hieß
es: „Die Bläserphilharmonie schürte Emotionen, die an die fast 20-jährige
Geschichte des Musikfestivals ebenso denken ließen wie an die 100 Jahre Audi
oder an 60 Jahre Automobilbau in Ingolstadt.“ Den zweiten Konzertabend im
Klenzepark bestritt damals die Philharmonie Brünn.
Open-Air-Konzert 2015 mit der Audi Bläserphilharmonie Ltg.: Christian Lombardi |
Man hat sich also, aus Sicht der Audianer, nicht nur vom Werkorchester
zur Bläserphilharmonie
entwickelt, sondern auch vom Einheizer zum Höhepunktgestalter. Oder zum
Rausschmeißer? Das mag Geschmacksache bleiben. Natürlich kann man als
amtierendes Amateurorchester nicht mit den oben angeführten Namen konkurrieren,
man darf ihnen aber nacheifern und so von Jahr zu Jahr seine Qualität steigern.
Wenn der Weg das Ziel ist, dann beschreitet die Audi Bläserphilharmonie
seit Jahren schon den richtigen Weg. So betrachtet, darf man sie als
Höhepunktgestalter, mit Feuerwerk, sehen. Auch ihr Programm 2015 war ehrgeizig
und anspruchsvoll. Zu anspruchsvoll? Wollten die 15.000 Besucher vom
Freitagabend diese anspruchsvolle Musik überhaupt? Wer sich unter sie mischte,
durfte daran seine gerechten Zweifel haben. Das Konzert begann mit der Oberon-Ouvertüre von Carl Maria von Weber, also mit einem
Piano-Einstieg. Es dauerte Minuten, bis viele der mit ihrem Essen, Trinken und
besonders Schwatzen (vielleicht auch Schmatzen) beschäftigten Open-Air-Besucher
überhaupt realisierten, dass auf dieser großen Bühne, dort in der Ferne, überhaupt
etwas passierte. Hier hätte ein knallender Aussischmeißer schon zum Auftakt nicht
geschadet.
Lieber Christian
Lombardi, spielt ihnen einen Marsch, den hungrigen, durstigen und vor allem so mitteilungsbedürftigen Open-Air-Besuchern. Hallo, bitte
zuhören! Mal fünf oder auch zehn Minuten die Gaumengymnastik einstellen! Hier
entsteht Kunst!
Vielleicht wäre das das richtige Stichwort: entsteht. Wer die
Open-Air-Konzerte der Berliner und Münchner Symphonieorchester am Fernseher verfolgt hat, wird diese Riesenbildschirme kennen, auf denen den Konzertbesuchern das Geschehen
auf der Bühne in Nahaufnahmen näher gebracht wird. Dieses Geschehen zeigt
nichts anderes als das Entstehen von Musik, und das ist in der Regel ein sehr
faszinierender Prozess. Der könnte vielleicht sogar Menschen fesseln, die gar
nicht wegen der Musik in ein Open-Air-Konzert gehen.
Und weil ich schon beim Vergleich mit Berlin und München bin
– es gibt natürlich auch noch andere Beispiele -, Ingolstadt hat neben der
enormen Publikumslautstärke (während die Musik spielt) auch noch eine andere
Eigenart zu präsentieren, die ich bei den Klassik-Open-Air-Konzerten in beiden
Hauptstädten nicht gesehen habe. Es gibt in Ingolstadt einen eingezäunten
VIP-Bereich für Extrawürste aus … Keine Ahnung, wer alles das gemeine Volk so
scheut! Sollte es vielleicht gar an der Geschwätzigkeit und Geschmatzigkeit der
Masse liegen? Wer will das schon wissen? Auf jeden Fall kann ein Schutzareal niemand
vor der Feierlaune der Ingolstädter Open-Air-Besucher, die mit Zuhören überhaupt
nichts zu tun hat, schützen – auch Extrawürste aus irgendwelchen Kreisen nicht.
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