Um einen Großen des Films wie Gérard Depardieu zum Mitmachen zu bewegen, muss man schon ein
anspruchsvolles Drehbuch vorlegen. Der wahldeutsche rumänische Regisseur und
Drehbuchautor mit dem eingedeutschten Namen Bogdan Dreyer (ursprünglich Bogdan
Dumitrescu) hatte vor zwei Jahren den richtigen Stoff für den großen
Franzosen: die Novelle Moartea lui Ipu –
Ipus Tod von Titus Popovici.
Daraus entstand der Film Ipu - A Farewell
to Fools, eine rumänisch-deutsch-französische Koproduktion mit dem
rumänischen Namen Condamnat la viață –
Zum Tode verurteilt. (Es gibt auch eine rumänische Verfilmung des Stoffes
unter der Regie von Sergiu Nicolaescu
aus dem Jahre 1972, die den Namen trägt: Atunci
i-am condamnat pe toți la moarte – Dann
haben wir sie alle zum Tode verurteilt.)
Bogdan
Iancu als Alex
Quelle: www.cinema.de |
Es geht um die Freundschaft zwischen dem vom ersten
Weltkrieg geistig angeschlagenen Franzosen Ipu – in ihm lebte der Soldat
Theodor aus dem 1. Weltkrieg weiter - und seinem 11 Jahre alten Spielkameraden
Alex, ein Waisenjunge, der bei seiner großen Schwester und deren Mann wohnt.
Was sie spielen, ist nichts anderes als das, was wir in unserem damals noch
deutschen Banater Dorf Jahrmarkt in den 1960er Jahren auch oft spielten:
„Kriechjes“, also Krieg spielen. Die Handlung des Films spielt in einem
rumänischen Dorf in Transilvanien kurz vor dem Kriegsseitenwechsel der Rumänen
im Jahr 1944, also um den 23. August 1944. Der Streifen wurde auch in Rumänien gedreht.
Noch ist das deutsch-rumänische Bündnis intakt. Deutsche
Soldaten sind im Dorf und eines Tages wird einer von ihnen ermordet. Die
Deutschen drohen mit Rache, wenn die Dorfbewohner den Mörder nicht ausliefern.
Die Suche beginnt und nach dem Prinzip „das Hemd ist mir näher als der Rock“
deuten alle Zeigefinger schnell auf den Dorfnarren Ipu, den man nach dem 1.
Weltkrieg noch vor dem Tod gerettet und in die Dorfgemeinschaft aufgenommen
hatte. Die skurrile Situation ergibt sich aber erst aus der Tatsache, dass man Ipu
überzeugen will, den Heldentod für die Dorfgemeinschaft zu sterben, also sich
als Täter zu bekennen, um dann von den Deutschen erschossen zu werden.
Gérard Depardieu als Ipu
Quelle: www.cinema.de
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Was folgt, sind hochdramatische und gleichsam witzige
Momente, in denen die tiefenpsychologischen Muster, nach denen die
Dorfhonoratioren in ihrem Überlebenswille um jeden Preis gestrickt sind, zum
Vorschein kommen. Filmkunst vom Feinsten. Es hat sich ausgezahlt wach zu
bleiben, um den Ausgang dieser Tragikomödie zu erleben. Als ich um 2 Uhr 40 den
Fernseher ausschaltete und mich zu Bett begab, war von sofortigem Einschlafen
natürlich keine Rede. Irgendwie spuckten sie noch in meinem Hirn herum: Ipu (Gérard Depardieu), Alex (Bogdan Iancu – beeindruckend), Vater
Johannes (Harvey Keitel), Margherita
(Laura Morante), Polizeidirektor
Gossmann (Alexandru Bindea), der
Bürgermeister (Nicodim Ungureanu),
der Notar (Gheorghe Visu) und noch
einige andere. Geisterstunde eben, und das sogar mit einer gelungenen
Beerdigungsprobe.
Der Film hat schon vor
seiner Aufführung in den Kinos zu Unstimmigkeiten zwischen den Künstlern und
dem Produzenten Giuliano Doman geführt. Gérard Depardieu hat im Februar 2013 öffentlich kritisiert, dass
man ohne seine und des Regieteams (Regie: Bogdan
Dreyer, Drehbuch: Anușavan
Salamanian, Kamera: Richard Van Oosterhout, Musik: Joris Van den Hauwe) Zustimmung den
Film nach Hollywood-Muster geändert habe. Der Film lief auf jeden Fall am 15.
März 2013 in den rumänischen Kinos an.
Und
er hatte es beim rumänischen Publikum nicht gerade leicht, denn die rumänische
Filmfassung der Popovici-Novelle aus dem Jahre 1972 wartete damals mit einer
Starbesetzung auf: Amza Pelea, Cristian Șofron, Ion Besoiu, Iurie Darie
u.a. Das sind Namen, die bis heute in Rumänien nachklingen.
Anton Potche
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