... dass man sich zu Weihnachten etwas Gutes tut. Selber
tut. Das haben wir mal wortwörtlich genommen, meine Frau und ich. In der
vergangenen Weihnachtszeit. Dazu haben wir einen Tag vor Heiligabend das
Theater Ingolstadt angesteuert. Wir wollten nämlich Weihnachten mit Blechschaden erleben. By Bob Ross hieß es da, und Erzähler:
Christian Ude.
Während auf dem Theatervorplatz sich dicht gedrängt
Jugendliche – von Massen von Jugendlichen zu sprechen, wäre gar nicht
übertrieben – die letzten Zuckungen des frühlingshaften Christkindlmarktes zu
Gemüte führten, füllten im Festsaal oft schon angegraute Herrschaften – trifft
auf mich nicht mehr zu – die Sitzreihen. Leider nicht vollständig, was mich bei
so klingenden Namen schon ein wenig irritiert hat. Vielleicht lag es auch
daran, dass am Tag zuvor Enrico de
Paruta mit seinem Ensemble auf der gleichen Bühne stand. Man muss in so
kulturgeschwängerten Zeiten halt Prioritäten setzen. Haben wir auch getan, Frau
und meine Wenigkeit. Und das hat sich voll gelohnt.
Bleiben die zwei Protagonisten vor dem Bläserensemble (fünf
Trompeter – davon drei Österreicher, je ein Hornist und Euphonist, zwei
Posaunisten, ein Tubist und ein Schlagzeuger mit guter Gesangsstimme und
-talent): Bob Ross und Christian Ude. Show total! Und trotzdem
viel Tiefgang. Der Gründer und Leiter des Blechschadens hat seit jeher eine
innige Beziehung zu Ingolstadt. Hier hat er als junger Student aus Schottland
zusammen mit zwei schottischen Kollegen in einer Firma gearbeitet – „die dann
auch bald Pleite ging“. Das war Herbergssuche, lange bevor ihm der Einstieg als
Hornist bei den Münchner Philharmonikern gelang. Diese Ingolstadt-Geschichten
des Bob Ross sind hierzulande
wohlbekannt, aber sie rufen trotzdem immer wieder Lachsalven hervor, wenn der
kleinwüchsige Schotte – „ich bin gerade mal halb so hoch wie der Horst Seehofer“ – von dieser
Liebesbeziehung spricht.
Und dann saß da noch am, aus Publikumssicht, rechten Rand
des Orchesters Christian Ude,
Münchens Ex-OB, Kabarettist und, wie sich an diesem Abend herausstellen sollte,
exzellenter Geschichtenleser. Drei Weihnachtsgeschichten durfte das
mäuschenstille Publikum lauschen. Klar und deutlich jedes Wort, nachvollziehbar
jedes Komma und jeder Punkt, ja, auch jeder Gedankenstrich. Dass man die
Wohnungsnot in München so pointiert in eine Weihnachtsgeschichte packen kann,
ist große Schreib- und Erzählkunst. Nicht weniger gut sind die Geschichten des
talentlosen, aber von den Eltern angetriebenen musizierenden Sohnes und des
Haushaltsmannes – eine Katastrophe - angekommen.
Als dann zum Schluss Bob
Ross noch die Dirigentin der Blaskapelle Mailing-Feldkirchen
(Stadtteil von Ingolstadt) – der Schotte ist Ehrendirigent dieser Kapelle -,
die junge und hübsche Katharina Hofner, auf die Bühne bat und zusammen
mit ihr und dem auf zwei Krücken gestützten Christian Ude (Beinbruch) ein Tänzchen vorführte, war das Publikum
gefühlt genau so jung wie die Christkindlmarktbesucher auf dem Theatervorplatz.
Mehr kann man von einem Weihnachtskonzert eigentlich nicht erwarten. Oder doch?
Da lag ich mit meinen Erwartungen mal wieder gründlich
daneben; wo ich doch gedacht hatte, dass die geballte Kraft (in persona) der
Ingolstädter SPD bei diesem Konzert anzutreffen sein müsste, habe ich kein einziges,
zumindest mir bekannte, Gesicht dieser Partei gesehen.
Anlässlich dieser Tournee hat Blechschaden auch eine CD eingespielt.
Anton Potche
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