Wer war Johann
Hieronymo? Da kommt einiges zusammen. Der Mann war „Freyherrn von und zum
Jungen, Kayserl. würklichen geheimen Rath, General-Feld-Marschall, Obristen
eines Regiments zu Fuß, und Chef der Kayserl. Völker in der in den
Österreichischen Niederlanden“. Mit seinem Tod ist auch das Geschlecht der
„Freyherrlichen Familie von und zum Jungen“ am „A. 1732 den 25 August gänzlich
erloschen“.
Dass so ein Mann sich auch mit Geschichte beschäftigt, fand
ich gar nicht so abwegig und glaubte, den Autor des 1684 veröffentlichten Werkes Relatio Historico-Politica // occupata circá // … // Die der
Aristoteles Historiam … nennet; //
Hinderbringt dem Günstigen und curieusen Lectori // Alle von dem
Höchstlöbl. // Erz-Haus Oesterreich // Als dieser Zeit // Einiger Vormauer des
Vaterlands Teut- // scher Nation // Mit dem grausamen Türken geführter
glücklicher und unglück- // licher Kriege; // Mit Darstellung // Gottes
augenscheinlicher Assistenz / diesem höchst-lobl. // Erz-Haus allezeit erwiesen
/ wider Ihre heimliche und // öffentliche Feinde: continuirt // Bis auf die
letzte Action des Christ-hüllflichen Entsatzes der // geliebten Residenz-Stadt
// Wien // und Eroberung der Vestung // Gran. // Von // Johann Hieronymo Im Hof
// von Merlach / Hoch-Fürst. Bamberg. Rath / und // Pflegern zu Vilseck. //
Sulzbach // In Verlegung Johann Hofmann / Buch- und Kunst Händlers // in
Nürnberg // Anno M. DC. LXXXIV. gefunden zu haben.
Allerdings kamen mir dann bei den Autor- und Verlegerangaben
Bedenken. Da hat alles einen fränkischen Bezug, während die „Freyherrlichen
Familie von und zum Jungen“ ein mitterheinisches Adelsgeschlecht war. Das
sprach zwar noch nicht gegen den Freiherrn
von und zum Jungen, eröffnete aber auch die Möglichkeit einer anderen
Autorschaft. Die könnte sich besonders aus der ziemlich freien Rechtschreibung
jener Zeit ergeben, dachte ich mir und suchte weiter. Bis ich in einer
Datenbank auf ihn stieß: Im Hof, Johann
Hieronymus (1627 - 1705), Jurist, aus Nürnberg; Sohn des gleichnamigen
Nürnberger Stadtrichters (1598 - 1663); verh. mit Regina Clara, geb. Imhof;
Pfleger, Geheimer Rat, pfalz-neuburgischer Regierungsrat, Historiker und
Publizist.
Nun war ich mir fast sicher, dass dieser Herr Im Hof von Merlach, Johann Hieronymo der
von mir gesuchte und im Archiv des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg als Imhoff von
Lonnerstadt, Johann Hieronymus (1624 - 1705) geführte Autor obigen Buches ist.
Ziemlich viel Aufwand für ein 332 Jahre altes Buch, das von den Türkenkriegen
erzählt, könnte man sagen. (Auf Auktionen wird es immerhin für 1000 Euro
angeboten.) Das hätte ich wahrscheinlich auch gesagt, wenn ich nicht wieder mal
meiner Schmökerleidenschaft freien Lauf gelassen hätte. Und die führte mich auf
die Seite 154, wo das vierte Kapitel (Caput IV.) beginnt. Der Titel: „Nun wollen wir kürzlich/ ehe wir auf den
Ragozischen und daraus erfolgten Türkischen Krieg/ in unser Relatione
Historica kommen/ Chronologicé entwerffen/ was von Jahren zu Jahren die
Ottomanische Macht der Christenheit abgenommen/ und was dieselbe unter der
mächtigen Hand des Erz-Herzoglichen Haus Oesterreich/ item der angrenzenden Respubl. Venedig/ noch bis dato in Ungarn/ Dalmatien/ Croatien/ Slavonien/ besitzet: und
das gleichsam in einer kurzen Tabel,
dem Hochgeneigten Leser entwerfen.“
Es handelt sich also um eine
Tabelle mit den Jahreszahlen, die den Vormarsch der Osmanen in Europa zeitlich
markieren. Der erste Listeneintrag gilt der Unterwerfung der „Landschaft Bithyniam, eine Provinz in Asia Minore
gelegen“. Man schrieb das Jahr 1300. Und es ging in recht flottem
Eroberungsrhythmus durch das 14., 15. und 16. Jahrhundert. Auf der Seite 156
kann man dann folgenden Eintrag lesen: „Hingegen
aber hat Ferdinandus I. Römischer
Käyser/ welcher sich Anno Christi 1521
mit Anna/ Königs Ludovici Schwester
verheyrathet/ nach gedachtes Ludovici unglücklichen
Tod/ Anno 1526. die Cron Ungarn Jure
hæreditario anzutretten/ und seiner posterität zu
zueignen/ entschlossen ; Hierauf die Residenz-Stadt Ofen ihme dem Türken wieder
abgenommen/ der Türk hingegen Anno
1541. solche wiederum unter seine Gewalt gebracht/ darauf sich
Anno C. 1543 an Walponiam, Stul-Weissenburg
und Totis gemacht.
Anno
C. 1552 an Temeswar. Lippa. Solymos.
Chianadi. Zolnock. Seczieno. Dregella.
Giarmata.“
In unser heutiges Deutsch
übertragen, heißt das soviel wie: Giarmata, von den später angesiedelten
Deutschen Jahrmarkt genannt, ist im Jahre 1552 unter türkische Verwaltung
gefallen. Diese Jahreszahl ist in der Geschichte Jahrmarkts bekannt. Neu ist
aber die Tatsache, dass nicht das Gut „Gyarmatha“ (wie bei Franz Urban und
Stefan Stader) in einem relativ zeitnahen historischen Werk genannt wird,
sondern „Giarmata“, wie die Ortschaft auch heute noch heißt. Auch in späteren
Jahren wird die vom Gut (im 14. Jahrhundert auch unter Zamar, Gormat, Garmad
oder Garmat bekannt) zum Dorf gereifte Ortschaft mit verschiedenen Namen in
diversen Geschichtsquellen erwähnt: Gyarmata-Utraque, Jermat (sogar zwei
Ortschaften: Veliki und Mali) sowie Temesgyarmat. Nur wann zum ersten Mal die
heutige Schreibweise benutzt wurde, war bisher (zumindest mir) nicht bekannt.
Umso mehr wunderte es mich beim Durchblättern der Relatio Historico-Politica des
Im Hof von Merlach, Johann Hieronymo dass der Name „Giarmata“ schon 1684 in
einem deutschen Werk auftaucht. Darauf dürfen auch die heutigen Bewohner
Giarmatas stolz sein. Und die ehemaligen Einwohner Jahrmarkts sowieso.
Anton Potche
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