Donnerstag, 18. August 2016

Ein Ständchen für Vater und Großvater Mercy

Es wird wohl niemand anzweifeln, dass die im rumänischen Banat liegende Großstadt Timişoara, zu Deutsch Temeswar, heute noch unter otomanischer Verwaltung stehen würde, hätte ein edler habsburgischer Ritter mit französischem Ahnenpass sein durstendes Heer nicht in einer Talsenke im kleinen serbischen Dorf Gyarmath, heute Giarmata und bis 1980 überwiegend von Deutschen bewohnt, die es Jahrmarkt nannten, in letzter Sekunde vor dem kollektiven Verdursten gerettet. Auch wie er das bewergstelligte, dürfte allgemein bekannt sein, also muss man die Geschichte nicht neu aufrollen.

Das alles geschah vor genau 300 Jahren. Und der edle Ritter wurde längst Namensgeber eines Marsches. Jeder einigermaßen gebildete Mensch kennt den Prinz Eugen Marsch. Ja, deren gibt es sogar zwei: Einen hat der Österreicher Josef Strauss (1827 – 1870) als sein Opus 186 komponiert und der andere stammt von dem Böhmerländer Andreas Leonhardt (1800 – 1866). Auch der Ort des sagenumwobenen Prinz-Eugen-Brunnens wurde bereits mit einem Marsch bedacht, den sein Komponist Peter Loris (1876 - 1952) mit Gruß aus Jahrmarkt betitelt hat.

Damit aus dem serbischen Dorf Gyarmath das deutsche Dorf Jahrmarkt werden konnte, bedurfte es aber eines imensen Kollonisationswerkes, das damals von einem gewissen Claudius Florimund Graf Mercy (1666 - 1734) organisatorisch verantwortet wurde. Der Mann war kaiserlicher Feldmarschall sowie General und Präsident der Banater Landesadministration. Trotz seiner Verdienste um die südosteuropäische Region Banat musste er fern dieses Landstriches auf einem Schlachtfeld, von denen es damals weiß Gott genug in Europa gab, sein Leben lassen. Und einen Marsch bekam er auch keinen - bis jetzt.

Der Graf Mercy Marsch ist auf der aktuellen CD der Egerländer Musikanten zu hören. Sein Komponist ist kein Geringerer als Nick Loris, kein Nachkomme von Peter Loris, aber doch aus dem gleichen Dorf Jahrmarkt stammend. Somit hat auch Claudius Florimund Graf Mercy eine musikalische Würdigung bekommen.

Dass dieser Marsch jetzt die bestmögliche musikalische Interpretation erfahren hat und weiterhin bei Konzerten erfahren wird, entspricht voll der Größe des von Graf Mercy in die Wege geleiteten Zivilisationswerkes in Südosteuropa. Schon für diesen Marsch lohnt es sich, die CD Das große Jubiläums-Album zu erwerben (12,99 €). (Für Feinschmecker der böhmischen Blasmusik gibt es aber noch weitere dreizehn musikalische Leckerbissen zu genießen.)

Auf der Bühne sollte der Graf Mercy Marsch unbedingt auch am 16. Oktober beim Konzert der Egerländer Musikanten in Ingolstadt, mit Ernst Hutter als Chef und Nick Loris als Sänger, zur Aufführung kommen. Denn vor Ort gibt es tatsächlich Mercys, die dieses Ständchen verdient hätten. In der altehrwürdigen Moritzkirche, gar nicht weit vom Theaterfestsaal, wo die Egerländer konzertieren werden, entfernt, kann man nämlich noch heute zwei Grabplatten sehen, die der Welt seit Jahrhunderten vom Tode der Vorfahren Graf Mercys kund tun: Peter Ernst Graf von Mercy (1641 – 1686), Claudius Florimunds Vater, war Feldmarschallleutnant und ist im Kampf gegen die Osmanen bei Ofen durch zwei Schwerthiebe tödlich verletzt worden, und über Franz Freiherr von Mercy (1597 – 1645), den Großvater, kann man heute noch im Sterberegister der Moritzkirche den lateinische Eintrag mit folgendem Inhalt lesen: „4. September 1645. In unserer Moritz-Pfarrkirche wurde mit einer feierlichen Leichenprozession der hochberühmte und edle Herr Franz Freiherr von Mercy, Herr zu Mandre und Collenberg, Generalfeldmarschall und Statthalter von Ingolstadt bestattet, der am 3. August in der Schlacht als ruhmvoller Offizier gefallen ist.“

Ja, da bin ich mir ganz sicher: Die beiden Herren blauen Blutes in der Ingolstädter Moritzkirche werden sich über einen musikalischen Gruß aus dem fernen Banat freuen.

Anton Potche

1 Kommentar:

  1. Niemand ist stolzer auf diesen schönen Marsch,als wir, die MERCYDORFER

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