Nach der Buchmesse ist vor der Buchmesse. Heuer war Litauen
das Schwerpunktland auf der Leipziger Buchmesse, vom 23. bis 26. März, wo sich
wieder eine nur schwer überschaubare Zahl von Autoren und Lesern oder nur
Zuhörern zum größten Lesefest der Welt trafen. 2018 soll Rumänien das
Schwerpunktland dieses Festes der Literatur sein. Es wird für die rumänischen
Literaten schwer sein, sich in den verbliebenen 12 Monaten in Feststimmung zu
bringen, denn sie sind zerstritten wie nie zuvor.
Seit gut zwei Jahren schwelt ein offener Konflikt zwischen
dem Rumänischen Schriftstellerverband (USR) und einer Gruppe abtrünniger, meist
einer jüngeren Generation angehörender Schriftsteller. Der Konflikt beschäftigt
seit geraumer Zeit die Gerichte und sorgt für erhebliche Unruhe in der
rumänischen Literaturszene. Obwohl die Gruppe um Dan Mircea Cipariu, Cristian
Teodorescu und Florin Iaru ihre
angezettelten Prozesse in verschiedenen Instanzen verloren hat und auch ein
Versuch, einen neuen Schriftstellerverband zu gründen, gescheitert ist (die
Kläger interpretieren die Gerichtsurteile natürlich ganz anders), gibt es immer
wieder Literaturschaffende, die den USR verlassen und über die Medien besonders
Nicolae Manolescu, Vorsitzender des
Schriftstellerverbandes und so etwas wie ein Marcel Reich-Ranicki der rumänischen Literatur, und seine
Führungscrew angreifen.
Diese alte Garde greift wiederum zu ungemütlichen
Entscheidungen, um ihre Macht zu konservieren. Im Januar wurden sechs
Mitglieder aus dem Verband ausgeschlossen, weil sie mit den Aufmüpfigen
öffentlich sympathisiert und an der aus Sicht des Verbandes illegalen Wahl
teilgenommen haben. Es gibt in Rumänien keine andere professionelle
Autorenvereinigung. Und der USR, laut Nicolae
Manolescu eine der „ältesten und größten“ Autorenvereinigungen der Welt mit
zurzeit 2600 Mitglieder, hat den Kommunismus überdauert, was Kritiker immer
wieder zum Vorwurf des beibehaltenen „Stalinismus“ in den Statuten und
Entscheidungen bewegt.
In der Zeitschrift ROMÂNIA LITERARĂ Nr. 4-5/2017 beklagt der
77-jährige Literaturkritiker Manolescu den
Austritt mehrerer jüngerer Kritiker aus dem Verband. In einem eher konziliant
klingenden Editorial ruft er die Ausgetretenen zurück und erinnert sie daran,
dass die rumänische Literatur heuer den Großmeister der rumänischen
Literaturkritik, Titu Liviu Maiorescu
(1840 – 1917), feiern wird: „Möge uns das Maiorescu-Jahr wenn schon keine
besseren Gefühle, wenigstens ein gemeinsames Interesse für die Zukunft unserer
Literatur bringen.“
Ob das möglich sein wird und ein eventuell doch noch
einsetzendes Hoch- und Friedensgefühl auch bis in den März nächsten Jahres anhalten kann, steht in den Sternen, ja es ist eher unwahrscheinlich.
Anton Potche
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