Beim Label Coviello Classic der
Produktionsfirma MBM findet man Musikproduktionen von so namhaften Orchestern
und Ensembles wie Sinfonieorchester Aachen, Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Radiophilharmonie
des NDR, Nomos Quartett, Hörner der Berliner Philharmoniker, Salzburg
Chamber Soloists und viele andere. Auch das Orchester des Nationaltheaters
Mannheim gehört schon länger dazu - aber jetzt mit einer neuen
Produktion: PAESAGGIO – WORKS FOR TUBA
AND ORCHESTRA.
Ralph Vaughan
Williams’ (1872 – 1958) Konzert für
Basstuba und Orchester wurde von den seit Langem erfolgreich kooperierenden
Orchestermusikern Walter Hilgers am
Pult und Siegfried Jung am
Instrument schon öfters mit diversen Ensembles aufgeführt – in Rumänien sogar
mit der berühmten Philharmonie George Enescu aus Bukarest. Die Art und Weise, wie
die zwei Musiker dieses Konzert gestalten, führt dazu, dass die Tuba ihren Ruf
des Exoten im klassischen Instrumentarium einbüßt – was natürlich auch so
gewollt ist. Die Tuba ist ein gleichwertiges Instrument im Kreise der
etablierten Blas- und Streichinstrumente eines symphonischen Orchesters. Ja,
mehr noch, sie wird auch allen solistischen Ansprüchen gerecht – wenn sie von
den richtigen Musikern geblasen wird. Wie eine Tube in einem Orchesterkonzert
in der Solorolle klingen muss, wird von Siegfried
Jung in dieser R. V. Williams-Einspielung demonstriert: sehr gefühlbetont
in den Kantilenen, in den Tonhöhen sich dem Schönklang des Euphoniums nähernd
und virtuos in den schnellen Passagen.
Das zweite Stück dieser CD ist ein Auftragswerk: Divertimento für Tuba, Harfe und Orchester.
Wie das vorausgehende ist auch dieses ein Drei-Satz-Werk. Komponiert wurde es
von Willi März, ein Münchner Komponist und Arrangeur, der
seine Herkunft schon im ersten Satz seines Werkes nicht verleugnet. (Und schon
längst nicht im dritten, ein Zwiefacher.
Ich erinnerte mich sofort an meinen ersten Einsatz in einer bayerischen
Blaskapelle aus Schierling. Plötzlich hieß es da: eins, zwei, drei; eins, zwei,
drei; eins, zwei; eins, zwei; und dann wieder zwei Dreiertackte, gefolgt von zwei
Zweiertackten und immer so weiter – für einen Banater Schwaben äußerst
ungewöhnlich. Ich habe zwar kein Blut geschwitzt, musste aber schnell erkennen,
dass man hier mit Hören weiter kommt als mit Zählen. Tja, da trifft sich
anspruchsvolle Klassik mit aus dem Volk übermitteltem Musikantentum. Und dazu
kommt eine harmonische Instrumentalehe. Welch herrliche Musik, wenn Harfe und
Basstuba wie hier harmonieren. Ich konnte beim Zuhören keine Anlehnungen an andere
Werke und schon längst nichts Epigonenhaftes erkennen. Aber etwas
Estradenhaftes wohnt dieser Musik inne. Du kannst sie einfach überall spielen. Man
kann sie sich sowohl in einem Konzertsaal als auch in einem Kurortpavillon
vorstellen. Was dabei allerdings stimmen muss, ist die Qualität des Orchesters
und der Solisten. Also Musik, der jedermann lauschen, aber die nicht jedermann
spielen kann.
Johanna Jung
Fotoquelle: Booklet
|
Das vierte Stück ist auch eine Auftragskomposition. Andrea Csollány (*1964) hat sie für das
in der Pfalz beheimatete Ehepaar Jung - er, Siegfried,
ein geborener Banater Schwabe und sie, Johanna, eine Oberbayerin –
geschrieben: Prayer für Tuba, Harfe und
Streicher. Laut Booklet (ausführlich und zweisprachig: deutsch – englisch,
mit gelungenen Schwarzweißfotos) bedeutet Prayer
Gebet. Welch ein Widerspruch zum Inhalt. Wer dieser Musik lauscht, vergisst
doch zu beten. Diese Melodiecluster zwingen dich zum Lauschen, wie beim Lesen
eines guten Buches. Wie geht es weiter? Liegt da nicht ein Flimmern über der
endlosen Puszta? Die Sonne versinkt am Horizont. Ich spekuliere einfach. Als
Hörer darf ich das doch. Der Name der Komponistin deutet auf diese Möglichkeit
hin. Und der Geburtsort des Tubisten? Der liegt am Rande des pannonischen
Beckens. Da ruft der Sonnenuntergang in der Sommerhitze das gleiche Flimmern
hervor. Und die Harfenistin? Ihre Heimatstadt liegt an der Donau, dem Strom,
der die Puszta durchquert und auf dem vor 300 Jahren die Ahnen des Tubisten ins
Banat fuhren. Wer weiß, vielleicht haben sie ja in Ingolstadt angelegt. Sollten
diese historischen Hintergründe eine Seelenverwandtschaft rechtfertigen, dann
ist Prayer der richtige Titel für
dieses faszinierende Stückchen Musik – auch wenn man beim Zuhören das Beten
vergisst.
Zum Schluss eines gelungenen Konzertes gibt es oft eine oder
auch mehrere Zugaben. In der Klassik ist es meistens ein Ohrwurm. Siegfried Jung spielt in Liveauftritten
gerne den Rumänischen Tanz Nr. 2 von Ionel Dumitru (1915 – 1997), doch nicht
die Originalfassung für Tuba und Klavier sondern ein Arrangement für Tuba und
Orchester von Willi März. Und man
muss schon sagen, der Münchner Komponist & Arrangeur hat den Ton getroffen.
Es ist der gleiche, dem schon Béla Bartók
(1881 – 1945) mit seinen Rumänischen
Tänzen Weltruhm verschafft hat. Ein Ton, der die Alltagsmühen wie auch die
Leichtigkeit und Heiterkeit der Völker Südosteuropas in ein musikalisches
Gewand kleidet – nicht nur das der Rumänen. Und dieses Gewand mit einem Tubaton
genäht ist noch mal eine Kunst für sich. Wer sich davon überzeugen will, sollte
sich diese CD besorgen. Sie klingt mit Ionel
Dumitrus virtuosem Tubastück aus.
Irritierend war für mich bei aller Begeisterung für die
gehörte Musik die Beschriftung des Covers. Dreisprachig: Paessagio (italienisch), Works
for Tuba and Orchestra (englisch), Siegfried
Jung – Tuba (deutsch, englisch), Johanna
Jung – Harp (englisch), Orchester des
Nationaltheaters Mannheim (deutsch), Walter
Hilgers – Conductor (englisch). Die Qualität dieser Musikproduktion
unterstreicht die Internationalität der Musik auch ohne dieses Sprachengemenge
auf dem Cover, ganz gleich, was die Gestalter sich dabei gedacht haben.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, sich diese mit nicht alltäglicher
Musik bestückte CD zu besorgen. Das Label Coviello Classics bietet sie an (http://www.covielloclassics.de/),
über Siegfried Jungs Homepage kann
man sie über einen Shop für 15 Euro plus Versandkosten erwerben (https://www.siegfriedjung.de/shop).
Auch Amazon bietet sie schon an - zu anderen Preisen (https://www.amazon.de/Paesaggio-Werke-F%C3%BCr-Tuba-Jung/dp/B075RSVGX6)
- und im Musikhandel müsste man sie ebenfalls kaufen können.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen