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Friedemann Fromm
hat diesen Film nach dem Roman gleichen Titels von Oliver Storz (1929 – 2011) verfilmt. Die ARD hat die finanziellen
Mittel zur Verfügung gestellt und damit (mir zumindest) bewiesen, dass meine
Fernseh- und Rundfunkgebühren nicht (immer) für die Katz sind. Nüchtern
betrachtet, lässt der Film (Erstausstrahlung am 28. März 2018 in der ARD) eigentlich
kaum Vergleiche mit meiner Jugend zu. Und das, obwohl die fünf Jungs aus der Freibadclique genauso Spitznamen trugen,
wie die Buben aus meinem Dorf. Im Film sind es Onkel (Jonathan Berlin), Bubu (Andreas
Warmbrunn), Zungenkuss (Joscha Eißen),
Hosenmacher (Laurenz Lerch) oder
Knuffke (Theo Trebs). In dem Dorf
meiner Kindheit und Jugend hießen solche aus der Pubertät wachsende Jungs
Tschango, Scharka, Tschisko, Batzo, Zatza, Schnürchen, Jamaika usw. Aber damit
sind die Vergleiche auch schon fast erschöpft. Besonders was die
Rahmenbedingungen anbelangt.
Kommunismus versus Nationalsozialismus. Kalter Krieg versus
Weltkrieg. Hier nach weiteren Vergleichen zu suchen, wäre vermessen. Und doch
drängen sie sich auf, wenn man bedenkt, dass erste Liebeserfahrungen da wie
dort im wahrsten Sinne des Wortes umwerfend waren. Aber danach wird es wirklich
eng mit den Gemeinsamkeiten. Die Jungen in einer schwäbischen Kleinstadt – ihre
Sprache verrät untrügerisch ihre Heimat – gehören zum letzten Aufgebot des
Führers. Sie leben in ständiger Angst, doch noch zur Waffen-SS einberufen zu
werden. Da fühlen sich erste Liebeserfahrungen bestimmt anders an als meine
oder die meiner Altersgenossen hinter dem Eisernen Vorhang im Südosten Europas.
Schwaben hin oder her, ob aus dem Ländle oder dem Banat.
Die Freibadclique
aus dem Schwäbischen muss doch noch in den Krieg. Und trifft sich dezimiert
nach dem Einmarsch der Amerikaner wieder im Freibad. Drei haben überlebt.
Beschädigte Biografien. Und dann wieder der aufdringliche Vergleich. Nein, die
Gegensätze können nicht größer sein und überwiegen. Auch in meinem Freibad, an
meinem Strand, wurden die Cliquen von Mal zu Mal kleiner. Ihre Mitglieder
überwanden den Eisernen Vorhang (oft unter Lebensgefahr), um dorthin zu
gelangen, wo die schwäbelnden Jungs einst vom 10-m-Turm sprangen. Klingt nach
einer Gemeinsamkeit. Ist es aber nicht, wenn man bedenkt, dass die einen zum
sinnlosen Sterben getrieben wurden (der Film lässt hier keine Zweifel offen),
während die anderen todesmutig die Westgrenze Rumäniens überwanden (was leider
nicht immer gelang) oder sich aus der kommunistischen Diktatur freikauften. Freiwillig!
Die Freibadclique bleibt
auch mit drei Mitgliedern nach dem Krieg bestehen. Doch die Nachkriegszeit in
Deutschland ist nur bedingt ungefährlicher als die Kriegszeit. Auch sie wird
von starken Gefühlen, Erotik und Freundschaft, geprägt und verlangt noch ein
Opfer, wo doch die Waffen längst schweigen. Der Film beginnt mit dem Blick in ein
intaktes Klassenzimmer eines Gymnasiums. Und er endet mit dem gleichen Blick am
ersten Schultag nach dem Krieg. Ein Antonym von intakt wäre (in diesem Fall)
wohl partiell. In einem partiellen Klassenzimmer bleiben viele Sitzhocker leer.
Auch die Cliquen an meinem Strand gibt es nicht mehr. Aber
zwischen der Freibadclique und den Strandcliquen liegen heuer immerhin 73
Jahre und einige Mitglieder Letzterer treffen sich wahrlich noch ab und zu
bei der einen oder anderen Jahrgangszusammenkunft.
Was Oliver Storz
niedergeschrieben und Friedemann Fromm
auf die Leinwand gebannt hat, ist klassische Antikriegsliteratur und -film.
Zumindest eins von beiden sollte man sich nicht entgehen lassen. Es sind die
Gefühle unserer Großväter und Großmütter und – wer hätte das gedacht – sogar teilweise
unsere eigenen. Zumindest solange uns die Erinnerung noch nicht abhanden
gekommen ist.
Die Freibadclique – Drehbuch & Regie: Friedemann Fromm, Musik: Annette Focks, Produktion: Marc Müller-kaldenberg, Darsteller: Jonathan Berlin, Theo Trebs, Andreas Warmbrunn, Laurenz Lerch, Joscha Eißen u. a.
Die Freibadclique – Drehbuch & Regie: Friedemann Fromm, Musik: Annette Focks, Produktion: Marc Müller-kaldenberg, Darsteller: Jonathan Berlin, Theo Trebs, Andreas Warmbrunn, Laurenz Lerch, Joscha Eißen u. a.
Anton Potche
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