Ich hatte an jenem letzten Mittwochabend des Septembers die
Wahl: Söder kontra Hartmann auf BR oder Kruse auf ARD. Nach einigem Zögern habe
ich mich für Kruse entschieden. Und
ich sage es gleich vornweg, es war – mit einigen Abstrichen - die richtige Wahl
vor der Wahl in Bayern am 14. Oktober. Es war eine Entscheidung für die
fiktionalisierte Vergangenheit gegen einen von abgedroschenen Sprüchen geprägten
Wahlkampf. Nur zur Präzisierung: Markus
Söder ist der Spitzenkandidat der CSU und Ludwig Hartmann jener der Grünen. Und Kruso ist Alexander
Krusowitsch, einer der zwei Hauptfiguren des Filmdramas Kruso (Drehbuch: Thomas
Kirchner, Regie: Thomas Stuber).
Sie sind nicht arm an Zahl und auch nicht an Inhalt, die
Filme, die das Leben in der verblichenen DDR zum Thema haben. Es sind nicht
alle auf dem Niveau eines Streifens wie Das Leben der Anderen. Aber
Filmstoffwahrnehmungen sind ebenso vielfältig wie unsere
Wahrnehmungsunterschiede im wirklichen Leben. Und so mancher Kinobesucher oder
Fernsehzuschauer wird sich mit guten Gefühlen an die Film- oder Serientitel Der Turm, Bornholmer Straße, Weissensee,
Good Bye, Lenin! oder Jenseits der Mauer erinnern. Die
neuesten Ergänzungen dieser (unvollständigen) Auflistung sind Der Ballon, Werk ohne Autor und eben Kruso.
Kruso
(re.) und Ed halten Ausschau
FotoQuelle: ARD-Video
|
„Zum Klausner“ ist ein Ausflugslokal in einer Villa, die vor
DDR-Zeiten wahrscheinlich schon bessere Tage erlebt hat. Und dort spielen sich
die meisten der Szenen dieses Films ab. Keines der großen Themen der Menschheit
fehlt: Liebe, Freundschaft, Verrat, Sehnsucht nach Freiheit und nicht zuletzt
auch Gewalt. Dabei gibt es keine ausgeglichene Gewichtung. Die Freundschaft
zwischen Kruso und Edgar, den alle nur Ed nennen, steht eindeutig im
Vordergrund. Aber die gesamte Handlung spielt vor dem Hintergrund des Zerfalls
der DDR. Der Zerfall des ostdeutschen Staatsgebildes findet für die Aussteiger
im Radio statt. Und die hören genau hin und einer nach dem anderen wird vom Sog
der Freiheit erfasst.
Nicht nur der „Klausner“ wird leer und leerer. Auch ganz
Hiddensee. Die vielen Fluchtgedanken übers Meer finden ihre Verwirklichung im
Abwandern übers Festland. Nur eine Freundschaft hält. Kruso (Albrecht Schuch) und Ed (Jonathan Berlin) bleiben ..., bis der
sterbende Kruso auf einem russischen Patrouillenboot in der Weite der Ostsee
verschwindet. Der Letzte macht das Licht aus. Es ist Ed. Er war als Letzter im
„Klausner“ beschäftigt worden und geht jetzt als Letzter.
Anton Potche
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