Mittwoch, 5. Juni 2019

Ein etwas anderes Konzert

Es muss ja nicht immer Lang Lang sein. Es tun’s auch Hanna, Julia, Lea, Dora, Viktoria, Ben, Michael, Daniel und all die anderen, die an diesem etwas zu kühlen Maiabend ein Klavierkonzert der Extraklasse gestalteten. Und natürlich waren sie alle da, erwartungsvoll mitfiebernd und sich über jede gelungene Passage ihres Favoriten freuend: die Mamas, Papas, Geschwister und auch einige Omas und Opas.

Das klingt jetzt gleich nach Wettbewerb - war es aber nicht. Frau Verena Huber, die Klavierlehrerin, hatte in den Barocksaal des Ingolstädter Stadtmuseums geladen. Mit allen Schülerinnen und Schülern ihrer Klasse. Die Ernte eines Jahres Klavierunterricht sollte dem geneigten Publikum präsentiert werden.

Niemand erwartete an diesem Abend künstlerische Höchstleistungen. 26 Kinder von der ersten bis zur Abiturklasse stellten hier eindrucksvoll unter Beweis, wie wichtig es ist, neben dem gedachten und gesprochenen Wort auch die Tonsprache zu beherrschen – nicht in künstlerischer Vollkommenheit, aber immer im Bemühen, sich in einer universellen (übrigens der einzigen) Sprache auszudrücken. Wir sind ja auch nicht alle Dichter und kommunizieren doch mit dem gleichen Wortschatz, den uns eine Sprache zur Verfügung stellt. So ähnlich geht es auch mit den Noten.

Schubert, Chopin, Mozart, Bach und die vielen vor und nach ihnen haben sie, die Noten, benutzt und mit ihnen ihre Tonsprache gestaltet. Und Nele, Marco, Jolina, Naima, Debora, Carlotta, Hanl, Thomas, Luis, Katharina, Maxima, Veronika, Tanja, Carl, David und ihre Mitspieler am Klavier haben in diesem Konzert ihr Bestes gegeben, um uns in der Sprache der Musiktöne etwas mitzuteilen. Es war spannend, mit anzusehen, wie die Kinder am Flügel besonders auf die kritischen Stellen in ihrem Notenblatt reagierten. Ihre Unbefangenheit, noch befreit von jedwedem Erfolgsdruck, war ansteckend. Einen Moment innehalten und den Takt einfach wiederholen. Was ist denn da schon dabei? Sie läuft doch nicht weg, die Musik. Sie bleiben doch dort, die Musiknoten. Und die Rhythmen bleiben immerhin erkennbar, ob eine Polonaise oder ein Marsch, ein Walzer oder ein Trépak. Ja, auch so mancher Ohrwurm war dabei, wenn vom Auditorium auch nicht gleich zuzuordnen. (Es müssen ja nicht alle Mamas und Papas Kenner der Materie sein.) Und man sah es dem einen oder anderen Zuhörer im Publikum regelrecht an, wenn eine heikle Stelle im Stück seines dort am Flügel plötzlich so einsamen Lieblings nahte. Schließlich hat man ja zuhause den eigenen bescheidenen Musikkenntnissen entsprechend versucht, den Sprössling zum Proben zu animieren und vielleicht auch zu unterstützen. Dann war er da, der ¾-Takt mit den sechs Achtelnoten. Er ging ins Ritardando. Aber ohne zu stoppen. War ja nur ein Augenblick. Und Hannahs Opa atmete auf. Letzter Akkord. Toll! Geschafft!

Foto: Dorothea Potche 
Das Konzert hatte mit Summ, Summ, Summ begonnen und endete mit Guten Abend, gut Nacht. Frau Huber bedankte sich bei allen Teilnehmern, von den Kleinsten bis zu den Abiturienten, die trotz ihres Prüfungsstresses ihren Part in diesem abwechslungsreichen und unterhaltsamen Konzert – die noch nicht eingeschulte Leonie stand auf den Oberschenkeln ihrer Mutter und dirigierte mit – bravourös meisterten. Vielleicht sollte man auch einen anderen Aspekt eines solchen Konzerts nicht unterschätzen: Kinder und Jugendliche etwas mehr als eine Stunde lang ohne Handys! Die wurden erst von den Erwachsenen gezückt, als die sichtlich zufrieden wirkende Klavierlehrerin zum Gruppenfoto bat. Und das war’s dann auch, das etwas andere Konzert.

Anton Potche

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen