Wenn man
sich beim Nachdenken über ein eben erlebtes Konzert zuerst Gedanken über die
Zugabe macht, dann muss das noch lange nicht heißen, dass das restliche
Programm eine mindere Qualität hatte. Der letzte Eindruck hat eben eine größere
Chance, im Gedächtnis der Zuhörer zu verweilen und den noch nicht
ausgeklungenen Emotionsschwankungen eine längere Lebensdauer zu gewährleisten.
So zumindest empfand ich nach einer OrgelMatinee
in der Asamkirche Maria de Victoria zu Ingolstadt am 2. Juni dieses Jahres.
Verursacher
war die Kantate Filial maestae Jersusalem.
Sie stand nicht auf dem Programm und wurde auch nicht gesungen, sondern von Raluca-Diana Bădescu und Samson Gonashvili in wirklich herzergreifender
Art und Weise als Zugabe auf ihren Violinen gespielt. Begleitet wurden sie vom AsamCollegium
Ingolstadt. Antonio Vivaldi
(1678 – 1741) hat dieses wunderschöne Stück Musik mit seiner balladesken
Melodik komponiert. Was sich eigentlich schon in der vorausgegangenen
Vivaldi-Komposition bemerkbar machte, kam hier in voller Tragweite zum
Ausdruck: der Unterschied zwischen der delikaten Bogenführung und dem
lieblichen, dahinschmelzenden Ton der Geigerin und dem entschlossenen
Saitenstreichen und demzufolge herberen Ton des Geigers. Ein Gedanke an Wein
ist in diesem Vergleich nicht verwerflich. Man könnte auch sagen: ein
Unterschied zwischen rumänischer und georgischer Geigenschule.
Fotos: Anton Potche |
Eröffnet wurde das Orgelmatinee-Konzert im dreißigsten Jahr dieser Ingolstädter Konzertreihe mit dem Concerto F-Dur für Orgel und Orchester HWV 295 von Georg Friedrich Händel (1685 - 1759). Franz Hauk schreibt im Nachwort des diesjährigen Programmheftes: „1991 kamen Musiker des Georgischen Kammerorchesters aus Tiflis nach Ingolstadt. Was lag näher, als auch dieses Ensemble in die Reihe einzubinden, zum Mozart-Jahr mit einem Zyklus aller Kirchensonaten, ebenfalls mit Werken des Ingolstädter Organisten Franz Stickl und von Eichstätter Hofmusikern. Werke für Orgel und Orchester bildeten von Anfang an einen roten Faden, der sich durch die Jahresprogramme zog. 1992 standen sämtliche Orgelkonzerte von Georg Friedrich Händel auf dem Programm …“ Ich habe in meiner Programmsammlung nachgeschlagen: Damals spielte Manfred Meier, 1991 Preisträger im Fach Orgel beim Musikförderpreis des Konzertvereins Ingolstadt, an der Orgel. Den Orchesterpart hatte das AsamCollegium inne.
vorne v. l.: Samson Gonashvili, Raluca-Diana Bădescu Roman Hauser |
Diesmal
saß Roman Hauser, Hauptorganist an
der Jesuitenkirche in Wien, an der 33 Jahre alten Jann-Orgel. Auch er war von
Streichern des AsamCollegiums umgeben. Von diesen meist aus den Reihen des Georgischen
Kammerorchesters Ingolstadt rekrutierten Musikern war aber am 13.
September 1992 keiner dabei. Die Musiker von damals sind fast alle im wohlverdienten
Ruhestand. Geblieben ist die musikalische Qualität des „georgischen“ Orchesters
mit seinen diversen Gruppierungen. Das war auch bei dieser
Händel-Interpretation vernehmbar. Die Streicher des AsamCollegiums agierten
geschmeidig, mit gewohnter Präzision und wo nötig mit entsprechender Demut
gegenüber den Soloparts der Orgel. Perfekte Intonation und das in jedem
Takt Aufeinander-Eingespielt-Sein waren
hörbar, aber nicht sichtbar, denn Orchester und Organist musizierten auf der
Empore. Unter tosendem Applaus betraten sie nach dem letzten Akkord des Allegro das Kirchenschiff und das
Publikum konnte weiterhin nicht nur lauschen sondern auch sehen, wie Musik
entsteht. Das ist immer eine Gewinnsteigerung für Musikliebhaber. So war es
auch in diesem Konzert bis zum wundervollen Ende.
Anton Potche
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