Wir Ingolstädter sind anständige Leute. Und wir leiden keine Nazis in unseren Reihen. Mehr noch, wir
wollen überhaupt keine Erinnerungen in unserer Stadt, die nur
ansatzweise etwas Böses in sich tragen könnten. Wir wollen
vergessen und nicht von Straßennamen in Albträume versetzt werden.
Dabei geht es nicht nur um Nazinamen oder solche, die mit dem braunen
Regime in irgendeiner Weise in Verbindung gebracht werden könnten,
sondern um Heerführer mit Glorienschein, bei denen man sich
unausweichlich die Frage stellen muss: Wie konnten die nur so viele
Schlachten schlagen, ohne zu töten?
„Die Erkenntnis, dass jemand mit
einem Straßennamen zu Unrecht geehrt wird, muss Folgen haben“,
zitiert der DONAUKURIER die Grüne-Politikerin Agnes Krumwiede.
Sie wird in ihrer imperativen Feststellung von ihrer Partei, der SPD
und den Linken unterstützt. Mit diesem Thema schafft man es auf
jeden Fall auf die Tagesordnung des Stadtrat-Kulturausschusses.
Übrigens nicht nur in Ingolstadt.
Natürlich hat auch diese Medaille
zwei Seiten. Stadtheimatpfleger Matthias Schickel (CSU) wird
von der Tageszeitung wie folgt zitiert: „Die Langobarden waren auch
keine wandernde Volkstanzgruppe.“ Man kann sich auch zusätzlich
fragen, warum Straßennamen nur als Ehrung und nicht auch als Mahnung
dienen sollten. Und das bitteschön nicht nur bezogen aufs Dritte
Reich, sondern auf die Geschichte schlechthin. Gerade für die
Jüngeren könnte das von Nutzen sein – falls sie sich überhaupt
für den einen oder anderen Namen interessieren. In den Diskussionen
tauchen immer wieder Namen auf wie Johann T‘Serclaes von Tilly
(1559 – 1632) – Graf, Heerführer im Dreißigjährigen Krieg;
Ernst Udet (1896 – 1941) – Jagdflieger im Ersten
Weltkrieg; Helmut Paul Emil Wick (1915 - 1940) – Jagdflieger
im Zweiten Weltkrieg; Werner Mölders (1913 - 1941) –
Jagdflieger während der NS-Herrschaft; Paul von Hindenburg
(1847 - 1934) – Generalfeldmarschall und Politiker.
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Foto: Anton Potche |
Für eine Stadt wie Ingolstadt
dürfte das Potential an ehrenrührigen Namen aber noch nicht
ausgeschöpft sein, dachte ich mir und erinnerte mich auch sofort an
zwei Straßennamen in meiner unmittelbaren Nachbarschaft: Odilo- und
Tassilostraße. Der Bajuvarenherzog Odilo (vor 700 – 748)
war nicht besser als andere Herren seiner Zunft: Er führte Krieg.
Was sollte man in jener langweiligen Zeit auch anderes tun. Gestorben
sind dabei andere, nicht die Kriegführenden.
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Foto: Anton Potche |
Und sein Sohn Tassilo III (um
1741 – um 796)? Obwohl der nach einem sehr bewegten Leben als Mönch
endete, führte auch er in seinen guten Jahren als letzter bairischer
Herzog einen Eroberungskrieg gegen Karantanien, ein slawisches
Fürstentum auf dem Gebiet des heutigen Kärnten. Also weg damit. Ich
meine die Straßennamen in meiner Nachbarschaft.
Der aus dem Banater Dorf Jahrmarkt
stammende Wahlingolstädter Franz Pless meinte
schon Anfang Mai im DONAUKURIER zu diesem Thema: „Offensichtlich
haben Politiker und/oder Zuständige zurzeit viel Zeit, um quasi mal
aufzuräumen mit der Vergangenheit, wollen päpstlicher sein als der
Papst.“ Vielleicht hat er dabei auch an den Namensgeber des
Dorfbrunnens seiner Heimat gedacht: Eugen Franz, Prinz von
Savojen-Carignan (1663 - 1736), bekannt als Prinz Eugen.
Auch die Kanonen dieses habsburgischen Feldherrn haben bei der
Eroberung des Banats nicht mit „Safladi“, wie alte Jahrmarkter
nach bewährter österreichischer Tradition ihre selbstgemachte
Bratwurst (Brotworscht) nannten, geschossen.
Anton Potche
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