Montag, 24. Januar 2022

Der Palast ruft Erinnerungen wach

Der Palast. Der Friedrichstadtpalast. Ein Palast für die Revue. Die pure Revue. Tanz in seiner Vollkommenheit. Gepaart mit Grazie und Schönheit. Weiblicher Schönheit vor allem. Ausgestrahlt vom DDR-Fernsehen. Da treibt die Pubertät mich noch um. Das ist Berlin. Ob Ost oder West spielt keine Rolle. Nur Glimmer und Glamour. Bestaunt aus unserem Wohnzimmer im rumänischen Banat. Es muss wohl zur Zeit der kurzen Liberalisierungsperiode um die Wende vom sechzigsten zum siebzigsten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts gewesen sein.

Irgendwann ist dann Schluss mit den vom rumänischen Fernsehen übernommenen DDR-Fernsehausstrahlungen. Die Eiche der Karpaten beansprucht immer mehr Sendezeit in dem schrumpfenden rumänischen Fernsehprogramm. Die Bühne im Friedrichstadtpalast wird aber weiter betanzt. Und wie. Ein ZDF-Dreiteiler zwischen Neujahr und Dreikönig hat gezeigt, wie dieses „wie“ wohl ausgesehen hat. Und dass so etwas in einem Spielfilm besser gelingen kann als in einer Dokumentation, stellt der Film Der Palast eindeutig unter Beweis.

Wenn man, ohne ein Fan von Serienfilmen zu sein, auf den folgenden Abend wartet, um zu erfahren, wie es nun weitergeht, haben die Cineasten schon mal gute Arbeit geleistet. Und wenn man nahe dran ist, sich auch noch als alter Mann – als junger sowieso – in die Hauptfigur des Streifens zu verlieben, dann konnte die Auswahl für diese Rolle nicht besser ausfallen.

Svenja Jung
Screenshot: Anton Potche
Dabei ist dieser Palast auch nicht mehr als eine kriminell gestartete Verwechslungsgeschichte. Sie ist aber gleichzeitig auch Historie, gewährt uns Einblicke in die DDR – wie mittlerweile so viele Spielfilme zur Geschichte des verblichenen Staates. Und sie ist fesselnd geschrieben (Drehbuch: Rodica Doehnert) und inszeniert (Regie: Uli Edel). Und vor allem ist sie fantastisch natürlich gespielt, sowohl von den Hauptdarstellern als auch von den Komparsen. Wie eingangs schon angesprochen, betrifft das vor allen Svenja Jung, die in ihrer Doppel- oder Zwillingsrolle, wie man es sehen mag, völlig aufgeht. Dass sie dabei von Größen der Leinwand wie etwa Anja Kling oder Heino Ferch sekundiert wird, festigt natürlich das Gerüst der Produktion.

Auch dieses Filmwerk zeigt wie so viele andere, dass der deutsche Film vital bleibt trotz der seit zwei Jahren andauernden Pandemie. Und je intensiver sich das öffentlich rechtliche Fernsehen in die Herstellung solcher Produkte involviert, je seriöser wirkt die Ausführung seines Auftrages, deutsche Kultur und Geschichte in spannender und gleichzeitig informativer Art und Weise einem sowohl jungen als auch älteren Publikum zu vermitteln. In Der Palast wurde dieser Auftrag zweifellos erfüllt. Die Einschaltquoten bei ZDF und ORF (zeitgleiche Ausstrahlung) sprechen eine deutliche Sprache. Beim deutschen Sender schwanken sie an den drei Tagen zwischen 5,78 Millionen (19,5%) und 6,34 Millionen (20,1%), währen sie in Österreich bei 26% (von 719.000 bis 798.000) fast gleich geblieben sind. Trotzdem kann man, wenn man die Statistiken bemüht, eine gewisse Ermüdung der Zuschauer von der ersten zur dritten Serie ausmachen. An was das wohl lag? Vielleicht hat man dieser Filmerzählung kein überraschendes (negatives?) Ende zugetraut. Wie auch immer, Der Palast steht noch in der ZDF-Mediathek.

Anton Potche

Der Palast; D 2021; Regie: Uli Edel, Drehbuch: Rodica Doehnert; Kamera: Hannes Hubach; Musik:
Martin Lingnau & Ingmar Süberkrüb; Darsteller: : Svenja Jung, Anja Kling,Katia Fellin, Heino Ferch, Nicolas Wolf, Hannes Wegener, August Wittgenstein, Luise Befort u. a.

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