Mittwoch, 4. Mai 2022

Das Schönste am Halbmarathon

Das Schönste am Laufen ist das Weglaufen und das Ankommen, wenn man es schafft. Zwischen den beiden Enden der Strecke, das gilt für alle Längen vom Hundertmeterlauf bis zum Marathon, gehört das volle Vergnügen nur den Zuschauern. Davon konnte ich mich wieder vom Ingolstädter Halbmarathon am vergangenen Sonntag überzeugen lassen.

Die Kleinen auf der
500-Meter-Strecke

Fotos: Anton Potche
Seit 20 Jahren wird in Ingolstadt ein Halbmarathon veranstaltet. Dazu gehört auch ein 5 Kilometer langer Fitness-Run für die, die sich nicht auf die lange Strecke von 21,1 Kilometer trauen. Oder sagen wir besser, für die Vorsichtigeren. Dann gibt es auch noch die Runningkids-Läufe für die Kleinsten und … die Mamas und Papas, die am Rande mitfiebern. Man sieht auch schon mal eine Mama sich mit ihrem Sprössling an der Hand vor dem Besenwagen irgendwie zwischen Geh- und Laufschritt fortbewegend. Aber zum Schluss kommen auch sie wie alle anderen an. Und das ist schön.

Schulstaffelläuferin unterwegs
Die etwas Größeren dürfen sich schon auf die wirkliche Halbmarathonstrecke durch die Stadt und ihr Umland begeben. Doch Vorsicht! Man sollte die Teenager nicht unterschätzen, denn die laufen eine Marathonstaffel von 6x3,5 km. Und da kann es schon mal passieren, dass der eine oder andere der Großen das Nachsehen hat. Überhaupt wenn Opa und Oma am Streckenrand das familieneigene Marathongewächs lautstark anfeuern.

Marathon im Rückwärtsgang

Und das bleibt dann letztendlich das Schönste am ganzen Marathonspaß: die lockere, oft lustige Atmosphäre im Zuschauersaum. Da kommen lockere Sprüche und aufmunternde Zurufe der Sorte: „Geht schon noch!“, „Zwei Drittel habt‘s scho!“, „Da komm vor mit deinem Klatschgerät (zu einer Dame unter den Zuschauern), das hilft bestimmt. Wirst sehen, wie die anziehen.“ „Ja, so, sehr gut.“ „Super, du siehst noch ganz munter aus.“ „Bravo! Auf geht‘s!“ Wenn dann ein Läufer oder eine Läuferin noch zur Welle à la Fußballfans anregt, erreicht das Aufmuntern unter den Zuschauern phonische Spitzenwerte. Und wenn irgendwann noch Läufer mit seit Jahren schon gefestigtem Bekanntheitsgrad in Stadt und Umgebung wie etwa der Rückwärtsläufer – das ist kein Scherz – vorbeilaufen, dann erfährt die Stimmung noch einmal eine Steigerung. Man steht unter Seinesgleichen, spricht miteinander, scherzt, klatscht sich die Hände wund. „So, jetzt bissel, die Hände schütteln, bis die nächste Gruppe kommt“, sagt einer und alle schütteln wirklich die rotgeklatschten Hände.

Auf dem Heimweg, habe ich mich gefragt, ob der Kriegstreiber im Kreml wohl fähig wäre, sich vorzustellen, dass Menschen sich friedlich, frohgemut und dem anderen gutgesinnt treffen können und dann wieder zufrieden und glücklich nach Hause gehen. Nein! Das glaube ich nicht.

Anton Potche

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