Eine Installation über dem
Wasser
Wenn etwas nicht fertig ist, sagt
man es sei in der Schwebe. Das muss nicht unbedingt etwas Greifbares
sein. Es kann auch ein Vorgang sein, etwa ein unvollendetes Verfahren
bei Gericht. Für die bildende Künstlerin Sieglinde Bottesch
hat ein Schwebezustand durchaus auch etwas mit Bewegung zu tun. Ein
Schweben im Raum, im Säuseln des Windes, über dem Wasser, in einem
Korb aus Weiden … Man könnte unendlich fortfahren mit den Gefühlen
und Interpretationsgelüsten, die einen beim Betrachten von Sieglinde
Botteschs Aufgehoben befallen.
Fühlt man sich in etwas aufgehoben,
also geschützt, dann handelt es sich in der Regel um etwas Festes,
ein Nest oder ein Haus. Oder um eine Wiege, einen Korb? Ein Korb als
Wiege? Eine Wiege schwebt, wenn man sie anstößt. Und wenn sie in
der Schwebe ist, fühlt sich ihr Inhalt, meistens ein Baby,
aufgehoben. Daher passen sie wirklich gut zusammen: die
Kunstinstallation Aufgehoben und die Ausstellungsreihe Kunst
in der Schwebe. Letzteres ist im Werden begriffen, aber ersteres
schwebt schon über dem Künettegraben im Ingolstädter Glacis und
bildet den Auftakt zu einer Serie, eine Open-Air-Galerie auf Zeit,
die sich vor der Kunststätte KAP94 in diesem Sommer entfalten wird.
Aufgehoben besteht aus zwölf
an feinen Schnüren hängenden und dauernd im Wind schwebenden
Weidenkörben. Ein vor allem sehr beruhigender Anblick. Aus der Ferne
hat es den Anschein, die Fische wären aus dem Wasser gestiegen.
Heißt es nicht, allen Lebens Anfang auf unserer Erde wäre aus dem
Wasser gekommen?
Eine
Informationstafel enthält Wissenswertes über das
Projekt, die
Künstlerin und ihr Werk. Sieglinde
Bottesch
ist eine geborene Hermannstädterin. Sie hat in Bukarest studiert und
lebt seit 1987 in Ingolstadt. Zu den Sparten der bildenden Kunst, die
sie bedient, gehören laut Index
(sieglinde-bottesch.de) Handzeichnung,
Malerei, Druckgrafik (Illustrationen), Objekte und Installationen.
Leider
konnte ich nicht erfahren, wie lange Sieglinde
Botteschs
Körbe noch im Winde über
dem Wasser des Künettegrabens schweben. Man sollte das Vorbeifahren
auf jeden Fall nicht in die Länge ziehen. (Kunst- und Kulturwerkstatt KAP94, Jahnstraße 1a, 85049 Ingolstadt.) Schwebende
Kunst beruhigt das Gemüt.
Anton Potche
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