Die Temeswarer Literaturzeitschrift
ORIZONT hat ihre Juli-Ausgabe 2022 auf für sie ganz unübliche Art
mit einem Titeltext statt einem Titelbild versehen. Geschrieben wurde
der Kurzessay von dem rumänischen Philosophen Horia-Roman
Patapievici. Der Titel dieses Textes deutet auf eine Frage hin,
die bis heute viele (nicht nur) Rumänen beschäftigt: Über den
Glauben einiger von uns in die Wahrheit des Marxismus.
Ich bin bestimmt nicht der Einzige,
der schon mal die Auffassung gehört hat, dass der Marxismus in der
Theorie gar nicht so schlecht gewesen war und nur seine Anwendung in
der Praxis nicht funktionierte. Patapievici sagt dazu,
eigentlich sei seine [des Marxismus] „einzige Wahrheit aus seiner
Exterminierungsfähigkeit abgeleitet“. Alles, was diktatorischen
Regimen nicht in den Kram passt, muss weg, oder wird zur
Rechtfertigung eigener Zielsetzungen missbraucht. Dass Viele an den
skrupellosen Mechanismen dieser Machtstrukturen beteiligt waren, ohne
je etwas von einem Herrn Marx gehört zu haben, dürfte nicht
überraschen. Die Ideologie funktioniert viel leichter ohne Verstand.
Und sie führt oft zu skurrilen Situationen.
Im gleichen ORIZONT-Heft kann man
auch einen, teilweise sogar erheiternden, Text des Banater
Schriftstellers und Hochschullehrers Daniel Vighi (1956 -
2022) lesen: … lasă că mai știm și
noi, nu suntem veniți cu pluta! (… lass, wir wissen
auch was, wir sind nicht mit dem Floss gekommen!). Der
Autor stammte aus Lippa / Lipova und ist dieser Kleinstadt an der
Marosch zeitlebens treu geblieben – zumindest literarisch. Er
schrieb immer wieder von den Menschen aus dieser Region. Und das
führte unvermeidlich dazu, dass auch deutsche Protagonisten in
seinen Schriften vorkommen.
Der
Vorfall, den Daniel Vighi
in diesem Text schildert, ist einer Securitate-Akte entnommen und
kann sowohl die sich auf Marx
stützende Vernichtungswut der rumänischen Kommunisten im Jahre 1961
als auch die anzunehmende intellektuelle Beschränktheit des
Informanten Rex
untermalen. Man liest leicht
vergnügt, wie dieser Informant versucht, den Major Bejenaru
von der Dringlichkeit einer Observierung des Klosters Maria Radna zu
überzeugen. Bei diesen Gesprächen wird auch der Küster
der katholischen Kirche aus
Lippa, Kaim Gheorghe,
erwähnt.
Dechant Martin Kilczer FotoQuelle: Jahrmarkt im Banat (HOG Jahrmarkt, 1984) |
Mit
Dechant Kelczer
ist wahrscheinlich der
1893 in Jahrmarkt
/ Banat geborene
und 1980 in Blieskastel /
Saarland
verstorbene
Geistliche Martin Kilczer
gemeint. (aus Franz
Junginger: Ortssippenbuch
Jahrmarkt, Bd. II)
Anton Potche
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