Edi Graf (Hg.): Kannst du Knödel
kochen? - Ernst Hutter & Die Egerländer Musikanten
servieren kulinarische Spezialitäten; Silberburg-Verlag GmbH,
Tübingen, 2015; ISBN 978-3-8425-1415-7; 128 Seiten; 14,00 €.
Dieses Buch zu machen, war bestimmt
keine alltägliche Idee. Aber eine sehr gute. Sie verbindet in
wahrlich ingeniöser Art und Weise die hohe Kunst der Blasmusik mit
der nicht minder hohen Kunst des Kochens. Und sie, diese Idee,
verführt die Mitglieder eines der bekanntesten Blasorchester der
Welt dazu, sich genauer mit den jeweils eigenen Lieblingsspeisen
auseinanderzusetzen. Was dabei herauskam, ist mehr als regionale
Vielfalt. Man kann dem Unterfangen , oder besser gesagt, dem Ergebnis
sogar einen interessanten historischen Aspekt abgewinnen.
Da steht nämlich auf Seite 103
dieses hervorragend von Edi Graf redigierten und hochwertig
illustrierten Buches der Satz: „Bei selbst eingelegten
Krautspezialitäten von Gourmet-Klarinettist Rudi König, den
Leckereien von Sängerin Katharina Praher und den zahlreich
angelieferten Wurst- und Schinkenspezialitäten der Banater Kollegen
entstand auch die Idee zu diesem Kochbuch.“ Schon dieser Satz zeigt
uns, dass wir es nicht nur mit Gourmands zu tun haben, sondern auch
mit durchaus geschichtsbewussten Kennern von Alltagsspeisen. Und
diese Kenner sind keine andren als Ernst Hutter & Die
Egerländer Musikanten – das Original.
Die Geschichte dieses Orchesters ist
ein deutsches Musikmärchen, dass 1956 seinen Anfang nahm und
(hoffentlich) noch lange nicht beendet ist. Sein Geist ist aber ein
zutiefst europäischer und keineswegs frei von nostalgisch verklärten
Reminiszenzen. Der Klarinettist Rudi König kann viel mehr als
Krautspezialitäten zubereiten, er stellt in diesem Buch den
Egerländer-Fans, und nicht nur ihnen, auch „Königlich-kaiserliche
Knödel-Köstlichkeiten“ in Rezeptform zur Verfügung. Wir sind
kulinarisch zurückgekehrt in die altehrwürdige Zeit der Habsburger.
Dazu passt auch die Tatsache, dass Rudi König der letzte
waschechte „Egerländer“ in den Reihen dieses weltberühmten
Ensembles ist.
Könige und Kaiser sind gegangen …
mit ihrer Zeit, aber ohne die kulinarischen Errungenschaften ihrer
Völker. Die leben auch heute weiter dank unzähliger Mütter,
Großmütter, Urgroßmütter und vieler Kochbücher, auch sehr
origineller wie das der Egerländer Musikanten. Der
geografische Raum, den sie abdecken ist immens und vor allem
grenzüberschreitend. Vom Elsas (Thomas Backhaus) und dem
Hunsrück (Carsten Ebbinghaus) bis ins südosteuropäische
Banat (Anton Hollich, Franz Tröster, Helmut
Kassner, Oswald Windrich, Hans Kaszner, Nick
Loris) stammen die Rezepte von Ernst Hutters Mannen und
ihrer Sängerin aus einem Raum, der noch größer ist als das
musikalisch bespielte Gebiet dieses Orchesters, und das ist weiß
Gott nicht klein.
33 Musiker, Moderator Edi Graf
und sieben Personen aus dem Organisationsbereich des Orchesters
kommen zu Wort. Und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn neben
einer Kurzvita und den Rezepten schildern die Protagonisten in
wenigen, aber oft mit emotionalen und auch historische Hintergründe
freilegenden Worten (man muss nur zwischen den Reihen lesen) über
ihre ganz persönlichen Verhältnisse zu ihren vorgestellten Speisen.
So etwa erzählt Nick Loris von der Knödel aus der Pfanne:
„Dieses Gericht kenne ich aus meiner Kinder- und Jugendzeit, als
meine Oma noch eigenes Brot gebacken hat. Wenn vom Brotteig noch
etwas übrig blieb, gab es diesen als Brotknödel. Es eignet sich gut
als Alternative zur Pizza am Abend.“
Kannst du Knödel Kochen?
Wer es nicht kann, sollte sich dieses Buch zulegen. Was für die
eingeschworene Egerländer-Fangemeinde selbstverständlich ist,
könnte für neugierige Musikfans (unabhängig vom Genre) ein
Erlebnis werden. Sie lernen die Bläser & Sänger der Egerländer
Musikanten von Angesicht zu (Foto)Angesicht kennen an einem
langen Tisch, gedeckt mit Speisen und Getränken. (Die grafische
Gestaltung dieses Buches ist von einer außerordentlichen Güte.) Im
Banat gab es vor langer Zeit die sogenannten Brotzeitbälle. Das
hieß, jeder Besucher brachte sich Essen von zu Hause mit zu der
Tanzveranstaltung. Hier bringen die Musikanten ihre Leibspeisen für
die Tanzlustigen mit. Was will man mehr?
Anton Potche
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