Sepp Tritz spielt 26 unvergessliche Melodien auf dem Tenorhorn
Vielen
Stücken
auf dieser CD
(auch in
mp3
und anderen
Formaten
vorhanden),
kann
man das Attribut ohrwurmtauglich beimessen. Umso schwerer ist es
daher, dieser
Musikproduktion gerecht zu werden. Die
österreichische Literaturkritikerin Sigrid
Löffler
schrieb kürzlich über Aris
Fioretos‘
Buch Die
dünnen Götter
(gemeint sind damit Jim
Morrison,
Iggy
Pop,
Mick
Jagger
u.a.): „Wie lässt sich Musik, die spirituellste aller Künste, in
Worten beschreiben? Mit welchen sprachlichen
Mitteln kann man die prinzipiell nichtmimetische Kunst – fiktive
Musik zumal – in Wortkunst übertragen?“ Man
müsste sich eigentlich jedes Stück extra vornehmen und sich
eingehend mit ihm beschäftigen. Das zu tun, würde wiederum
bedeuten, zu viel vom Inhalt des Gesamten preiszugeben. Also soll es
in dieser Besprechung bei einem
Titel bleiben.
Zum Beispiel Gabriel‘s Oboe
aus dem Film The Mission. Ennio Moricone (1928 - 2020)
hat dieses Stück geschrieben. 1987 hat er den Golden Globe Award für
seine Musik zu dem Film bekommen. Das Thema Gabriel‘s Oboe
ist das markanteste im Soundtrack des preisgekrönten
Leinwandstreifens. Das hat natürlich zu vielen neuen Arrangements
und entsprechenden Aufführungen geführt, abgekoppelt von
untermalten Filmszenen, nur Musik der Melodie zuliebe - und
mittlerweile auf allen möglichen Tonträgern analog oder gestriemt
verbreitet. Und das, obwohl gerade hier die Ohrwurmtauglichkeit nicht
im Vordergrund des Tongebildes liegt. Es ist die harmonische Wolke,
in der das Oboen-Thema schwebt. Was mit dem Zuhörer in solchen
Momenten des Eintauchens in die Welt der Klänge passiert, hat der
Ingolstädter Jazz-Kolumnist Karl Leitner kürzlich in einer
Konzertbesprechung im DONAUKURIER so beschrieben: „Man kann sich in
[Musikstücke] wunderbar versenken und wenn sie zu Ende sind, kehrt
man mit dem Schlussakkord zurück von einer imaginären Reise.“
Das hat allgemeine Gültigkeit,
unabhängig vom musikalischen Genre: ob Klassik, Pop, Rock, Jazz,
Schlager, Blasmusik, Volksmusik u.s.w.. Erkennen kann man diese
Universalität in Gabriel‘s Oboe auch, oder besonders, an
der Diversität der zum Zuge kommenden Solisten. Es gibt
hervorragende Interpretationen, in denen die Oboe ersetzt wird mit
der Flöte, dem Cello, der Trompete; sogar als Choral und in vielen
verschiedenen Orchesterfassungen wird sie aufgeführt. Und … die
Möglichkeiten in der Musik sind unerschöpflich. Schließlich reden
wir von Kunst. Auch jetzt, wenn ein Tenorhorn, das
Blasmusikinstrument mit der weichen, der menschlichen Stimme so
ähnlichen Klangfarbe, die Gabriel-Melodie erklingen lässt. Und so
wird tatsächlich aus Gabriel‘s Oboe ein „Sepps
Tenorhorn“. Denn er, der aus Jahrmarkt stammende und heute in Tschechien lebende Sepp Tritz, hat alle Standards auf seinem
Erstlingswerk Sepp Tritz spielt 26 unvergessliche Melodien auf
dem Tenorhorn selber
für sein Mischpult bearbeitet. Nur das Tenorhorn blieb bei seiner Studioarbeit außen vor. Ihm -
dem
Instrument, mit dem er seiner am Temeswarer Ion Vidu-Lyzeum
studierten Trompete untreu geworden war - ward eine
extra Tonspur vorbehalten.
Und so sind die zahlreichen
Gabriel‘s Oboe-Interpretationen
um eine reicher geworden.
Sepp
Tritz hat einen sehr
geradlinigen Tenorhornton. Da sind keine Schwankungen zu erkennen,
auch in den hohen Lagen nicht. In Gabriel‘s Oboe steigt
er zögernd in das
Stimmenkonglomerat ein und
wird deutlicher und deutlicher in seiner musikalischen Ansage. Doch
ohne sich um irgendeine Dominanz in der Dynamik des Stückes zu
bemühen. Das klingt alles gut gemischt und soll bei der nächsten CD
noch besser werden, wie der Hauptprotagonist (Mastering: Hans
Bruss) verlautbart
hat, weil neue Aufnahmegeräte
schon im Visier seien.
Wenn
ein Musiker eine solche Produktion
in Eigenregie herstellt, gibt er natürlich auch viel von seinem
musikalischen Geschmack preis. Da ist schon zu erkennen, dass Tritz
nicht nur auf Blas- und Unterhaltungsmusik steht. Als
er noch in Deutschland lebte, hat er bei
den Original Donauschwaben
in München gespielt und die
Original Jahrmarkter Musikanten
gegründet und jahrelang geleitet. Damals hatte er mit seiner Kapelle
drei Musikkassetten (MC) aufgenommen: Märsche, Walzer, Polkas. Wie
einst im Banat. Lang, lang
ist‘s her! Heute finden wir auf seiner CD – ohne Musikanten, nur
Technik und er – einen
Streifzug durch musikalische Epochen: Generalbasszeitalter – Johann
Sebastian Bach, Wiener
Klassik – Wolfgang
Amadeus Mozart, 19.
Jahrhundert – Antonin
Dvořák,
um dann in der Neuzeit und zum Teil schon in der Gegenwart zu landen
mit Komponisten wie Freddie
Merkury, James
Last, John
Lennon und anderen.
Musiker und Dichter. Die haben oft
etwas gemeinsam, sie widmen gerne nicht nur ganze Bücher (wie bei
Prosatexten üblich) sondern auch einzelne Gedichte anderen Menschen.
Die Bedachten sind Freunde, Geliebte und Bewunderte. Sepp Tritz
steht diesem Brauch nicht nach. The Rose von Amanda McBroom
widmet er seiner Tochter, Drei Haselnüsse für Aschenbrödel
von Karel Svoboda seiner Frau und schließlich Letzte
Rose in unserem Garten von Friedrich von Flotow seinen
Eltern. Warum der Arrangeur und Interpret dieser Musikproduktion in
Eigenregie diesen Titel mit dem Schlagertitel von
Heintje bereichert hat, bleibt sein Geheimnis. (von Flotow
hat sich mit der Letzte[n] Rose begnügt.) Sollte es
vielleicht Heimweh gewesen sein? Für drei Generationen waren seine
Eltern, Michael - der beste Trompeter des Dorfes - und seine
Frau Margareta, im banatschwäbischen Dorf Jahrmarkt, heute
Giarmata, allseits bekannte Personen.
Anton Potche
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